Leitsätze
1812
Pflicht zur mündlichen Verhandlung bei langer Aufenthaltsdauer und Integrationsanzeichen
Leitsätze
I. Ein Privat- und Familienleben, das während befristet erteilter Aufenthaltstitel begründet wird, erweist sich durchaus als schützenswert; die daraus resultierende Verfestigung ist auch nicht als relativiert anzusehen, wie dies etwa während eines unrechtmäßigen Aufenthalts oder einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 der Fall wäre. II. Im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung kann die Frage der Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden. Vielmehr kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 EMRK relevanten Umstände besondere Bedeutung zu. III. Angesichts des langen, überwiegend rechtmäßigen Aufenthalts in Österreich und der vom BVwG festgestellten Integrationsmerkmale sowie der aus dem Verfahrensakt ersichtlichen zusätzlichen Bemühungen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 EMRK relevanten Umstände besonderes Gewicht zu.
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Entscheidungsdatum: 08.11.2018
Aufbereitet am: 18.02.2019
1811
Spekulationen der Behörde begründen keine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung
Leitsätze
I. Spekulative Ausführungen sind nicht geeignet zu begründen, dass die sofortige Ausreise eines unbescholtenen Beschwerdeführers, der nachweislich seit mehreren Jahren an derselben Adresse gemeldet ist, im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist und Fluchtgefahr besteht. II. Spekulativ ist die Unterstellung, der Beschwerdeführer werde aufgrund oftmaliger Anzeigen wegen strafrechtlich relevanter Verdachtslagen bald eine Straftat verwirklichen, obwohl er bisher unbescholten ist. III. Spekulativ ist auch die Behauptung einer hohen Wahrscheinlichkeit des Abtauchens, obwohl der Beschwerdeführer im Entscheidungszeitpunkt schon drei Jahre an derselben Adresse gemeldet ist.
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Entscheidungsdatum: 27.06.2018
Aufbereitet am: 13.02.2019
1810
Ehegatten sind Familienangehörige eines Asylberechtigten, wenn die Ehe bereits im Herkunftsstaat bestand
Leitsätze
Familienangehörige ist der Ehegatte eines Asylwerbers oder eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat. Dies gilt auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.
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Entscheidungsdatum: 25.05.2018
Aufbereitet am: 12.02.2019
1809
Wegfall der Versagungsgründe gemäß § 92 FPG – zum Zeitraum des Wohlverhaltens
Leitsätze
Der Zeitraum von eineinhalb Jahren seit der Haftentlassung des Beschwerdeführers ist jedenfalls zu kurz, um von einem Wegfall der aufgrund der Verurteilung gerechtfertigten Annahme, dass er den Konventionsreisepass benützen würde, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken, ausgehen zu können. Es wird noch eines längeren Zeitraumes des Wohlverhaltens bedürfen, um einen begründeten Wegfall der genannten Versagungsgründe bejahen zu können.
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Entscheidungsdatum: 12.11.2018
Aufbereitet am: 11.02.2019
1808
Anerkennung einer nach islamischem Recht geschlossenen Ehe
Leitsätze
Die Beschwerdeführer werden mangels Feststellungen betreffend das anzuwendende fremde Recht hinsichtlich der Anerkennung einer nach islamischem Recht geschlossenen Ehe im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt.
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Entscheidungsdatum: 10.10.2018
Aufbereitet am: 06.02.2019
1807
Aufenthaltsehe unabhängig von strafgerichtlicher Diversion zu beurteilen
Leitsätze
I. Die Annahme des Vorliegens einer Aufenthaltsehe iSd § 30 Abs 1 NAG setzt nicht voraus, dass der Ehepartner gemäß § 117 FPG bestraft oder eine Anzeige gemäß § 117 FPG erstattet worden ist. Es steht einer derartigen Annahme auch nicht entgegen, dass ein Strafverfahren nach § 117 FPG nicht mit einer Verurteilung endete (vgl VwGH 23.3.2017, Ra 2016/21/0349; VwGH 22.2.2011, 2010/18/0446). II. Wenn selbst ein strafgerichtlicher Freispruch der Feststellung einer Aufenthaltsehe nicht von vornherein entgegensteht, gilt dies umso mehr für eine strafgerichtliche Diversion.
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Entscheidungsdatum: 08.11.2018
Aufbereitet am: 05.02.2019
1806
Wirkungen der Rückkehrentscheidung bei Erhebung einer Beschwerde ausgeschlossen
Leitsätze
Da die - im vorliegenden Fall herangezogene - Bestimmung des § 18 Abs 1 Z 4 BFA-VG iVm einer Fallkonstellation iSd § 18 Abs 1 letzter Satz BFA-VG, also bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung, der Rückkehrrichtlinie entgegensteht, ist sie unangewendet zu lassen.
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Entscheidungsdatum: 26.07.2018
Aufbereitet am: 04.02.2019
1805
Rückkehrentscheidung – keine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung
Leitsätze
Im Falle der Erhebung eines Rechtsmittels gegen eine mit der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung sind alle Wirkungen dieser Rückkehrentscheidung auszusetzen. Es genügt nicht, von einer zwangsweisen Vollstreckung der Rückkehrentscheidung abzusehen, sondern es sind alle Rechtswirkungen der Rückkehrentscheidung aufgeschoben. So beginnt insb die Frist für die freiwillige Ausreise nicht zu laufen und ist eine Schubhaft unzulässig. Außerdem muss ein Beschwerdeführer bis zur rechtskräftigen Entscheidung Änderungen der in Art 5 Rückführungsrichtlinie genannten Umstände (betreffend Kindeswohl, familiäre Bindungen, den Gesundheitszustand, refoulementrelevante Umstände) geltend machen können.
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Entscheidungsdatum: 11.10.2018
Aufbereitet am: 30.01.2019
1804
Geschenktes Sparguthaben zum Nachweis finanzieller Mittel geeignet
Leitsätze
I. Ein Bankguthaben ist zum Nachweis ausreichender finanzieller Mittel gemäß § 11 Abs 2 Z 4 iVm Abs 5 NAG geeignet – unabhängig davon, ob es sich um eigene Ersparnisse des Fremden oder um eine geschenkte Geldsumme handelt. II. Die Dauer, für die das Vorhandensein der notwendigen Unterhaltsmittel nachzuweisen ist, beträgt bei einem befristeten Aufenthaltstitel im Hinblick auf § 20 Abs 1 NAG 2005 - soweit nichts anderes bestimmt ist - idR zwölf Monate (vgl VwGH 31.5.2011, 2009/22/0260; 18.10.2012, 2011/23/0129). III. Die Situation eines Fremden, der zu studieren beabsichtigt, entspricht bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres derjenigen eines Waisenpensionsberechtigten iSd § 293 Abs 1 lit c sublit aa ASVG und für ihn ist der dort normierte Richtsatz für Vollwaisen heranzuziehen. Nach Vollendung des 24. Lebensjahres kommt der Richtsatz für einen pensionsberechtigten Vollwaisen nach § 293 Abs 1 lit c sublit bb ASVG zur Anwendung, der jedoch demjenigen eines (sonstigen) alleinstehenden Pensionsberechtigten nach § 293 Abs 1 lit a sublit bb ASVG entspricht, sodass betragsmäßig kein Unterschied zwischen den Richtsätzen besteht (vgl VwGH 22.3.2018, Ra 2017/22/0177).
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Entscheidungsdatum: 13.11.2018
Aufbereitet am: 29.01.2019
1803
Nicht authentische "Wählerevidenzliste" kein taugliches Beweismittel für Feststellung der Annahme einer fremden Staatsangehörigkeit
Leitsätze
I. Mit der Annahme, dass der dem LVwG Wien zur Verfügung stehende Datensatz den Inhalt einer Liste mit entsprechender Funktion ("türkische Wählerevidenzliste") wiedergebe, wird ein Ergebnis des Verfahrens unterstellt, das im Verfahren gerade nicht geklärt werden konnte. Vielmehr ergibt das Verfahren unstrittig, dass der Datensatz nicht authentisch und hinsichtlich seiner Herkunft und des Zeitpunktes seiner Entstehung nicht zuordenbar ist. Dies schließt es von vornherein aus, dass dieser Datensatz für die Zwecke des § 27 Abs 1 StbG ein taugliches Beweismittel darstellt. II. Die Annahme, dass im Fall einer rechtlichen oder tatsächlichen Unmöglichkeit für das LVwG, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 27 Abs 1 StbG zu ermitteln, dessen Ermittlungsverpflichtung unter dem Titel einer Mitwirkungspflicht ohne Weiteres auf den Betroffenen überwälzt werden könne und der österreichische Staatsbürger einen entsprechenden Negativbeweis zu erbringen habe, verbietet sich angesichts der der Staatsbürgerschaft zukommenden (und aus ihrem Verlust folgenden) Bedeutung. Soweit das LVwG Wien in seiner Begründung erkennbar von einer solchen Rechtsauffassung ausgeht, unterstellt es § 42 Abs 3 und § 27 Abs 1 StbG einen verfassungswidrigen Inhalt.
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Entscheidungsdatum: 11.12.2018
Aufbereitet am: 28.01.2019
1802
Fehlende Bezugnahme auf Dublin III-VO bei Schubhaftanordnung
Leitsätze
I. Solange die Dublin III-VO gegenüber einem Drittstaatsangehörigen herangezogen wird, darf die Administrativhaft zur Sicherung deren Vollzuges nur nach Art 28 Dublin III-VO verhängt werden und nicht nach den Bestimmungen des nationalen Rechts. II. Ein Aktenvermerk ist zur Sanierung einer falschen Rechtsgrundlage ungeeignet.
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Entscheidungsdatum: 10.09.2018
Aufbereitet am: 23.01.2019
1801
Führung eines Familienlebens im Anwendungsbereich des § 34 AsylG 2005 irrelevant
Leitsätze
Seit dem 1.11.2017 kommt es im Anwendungsbereich des § 34 AsylG 2005 nicht mehr auf die Führung eines Familienlebens iSd Art 8 EMRK an.
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Entscheidungsdatum: 10.09.2018
Aufbereitet am: 22.01.2019
1800
Beispiel für kein "besonders schweres Verbrechen"
Leitsätze
I. Unter den Begriff des schweren Verbrechens iSd Art 1 Abschnitt F lit b GFK fallen nach hL nur Straftaten, die in objektiver und subjektiver Hinsicht besonders verwerflich sind und deren Verwerflichkeit in einer Güterabwägung gegenüber den Schutzinteressen der betroffenen Person diese eindeutig überwiegt. II. Die Berücksichtigung subjektiver Faktoren, wie Milderungsgründe, Schuldausschließungsgründe oder Rechtfertigungsgründe, erfolgt auch in der Rsp des VwGH. III. Die Aberkennungsbestimmung ist nach der VwGH-Rsp restriktiv auszulegen. IV. Im Verhältnis zum Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe wurde hinsichtlich der Schuld des Beschwerdeführers ein eher geringes Strafausmaß als angemessen angesehen, indem er unter Berücksichtigung der Milderungs- und Erschwerungsgründe (lediglich) zu einer sechsmonatigen, zur Gänze bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. V. Der VwGH geht regelmäßig davon aus, dass bei einer "nur" bedingten Verurteilung von einer positiven Zukunftsprognose auszugehen ist.
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Entscheidungsdatum: 06.11.2018
Aufbereitet am: 21.01.2019
1799
Kabul-Stadt keine innerstaatliche Fluchtalternative
Leitsätze
I. Die Entscheidung darüber, ob dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative zumutbar ist, hat nicht nach Maßgabe von Vorgaben oder Leitlinien (vgl etwa VwGH 20.4.2018, Ra 2018/18/0194) zu erfolgen, sondern ist - "unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Asylwerbers im Einzelfall" (VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/0001) - auf der Grundlage geltenden Rechts (hier insb § 11 AsylG 2005, Art 8 Status-RL) auf der Basis von maßgeblichen Länderberichten zu treffen. II. Nach der Rsp des VwGH muss es dem Asylwerber möglich sein, im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative - nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten - Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können (VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/0001). III. Ein wie von UNHCR für die Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative sprechender Zugang zu Unterkunft, wesentlichen Grundleistungen (zB zu sanitärer Infrastruktur, Gesundheitsversorgung) und Erwerbsmöglichkeiten, etwa in der Hauptstadt Kabul, ist nicht ersichtlich; der Beschwerdeführer verfügt über keine sozialen bzw familiären Anknüpfungspunkte in Afghanistan oder finanzielle Unterstützung. Die von UNHCR in seinen Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.4.2016 angeführten "bestimmten Umstände", nach welchen es alleinstehenden, leistungsfähigen Männern im berufsfähigen Alter möglich sein kann, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbaner Umgebung zu leben, sind im Falle des Beschwerdeführers (va auch, weil es sich bei ihm um einen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Benachteiligungen ausgesetzten Rückkehrer aus Pakistan handelt) nicht gegeben. IV. Dazu kommt, dass nach den aktuellen UNHCR-Richtlinien zur Beurteilung des internen Schutzbedarfes von Asylsuchenden aus Afghanistan vom 30.8.2018 UNHCR der Ansicht ist, dass angesichts der derzeitigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Situation in Kabul eine innerstaatliche Fluchtalternative in der Stadt idR nicht verfügbar ist. V. Die Frage, ob dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG 2005 zumutbar ist, stellt - unter Beachtung der Feststellungen zum Herkunftsstaat - eine in rechtlicher Beurteilung vorgenommene Form einer Interessenabwägung dar, die bei ordnungsgemäß durchgeführtem Verfahren grundsätzlich irreversibel ist (vgl VwGH 31.8.2017, Ra 2017/21/0041).
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Entscheidungsdatum: 01.10.2018
Aufbereitet am: 16.01.2019
1798
Keine Rückkehr in die Mongolei nach 14 Jahren
Leitsätze
Da die Behörde seit November 2012 erfolglos versucht, von der Konsularabteilung der Mongolei ein Heimreisezertifikat zu erlangen, und keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gesetzt hat, kann von einem dringenden und gewichteten öffentlichen Interesse an der Aufenthaltsbeendigung in Österreich nicht ausgegangen werden.
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Entscheidungsdatum: 17.10.2018
Aufbereitet am: 15.01.2019
1797
Anberaumung einer Beschwerdeverhandlung – Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung
Leitsätze
Hat das BVwG eine Beschwerdeverhandlung zur Abklärung des maßgeblichen Sachverhaltes abzuhalten, so sind die Parteien so rechtzeitig zu laden, dass ihnen ab Zustellung der Ladung ausreichend Zeit zur Vorbereitung bleibt. Dennoch ist vom BVwG aber binnen sieben Tagen über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu entscheiden.
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Entscheidungsdatum: 16.10.2018
Aufbereitet am: 14.01.2019
1796
Ladung zwecks Mitwirkung an der Beschaffung von Ersatzreisedokumenten auch vor rechtskräftiger Aufenthaltsbeendigung zulässig
Leitsätze
I. Im Zusammenhang mit Ladungen ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Bei einer Ladung gemäß §§ 46 Abs 2a FPG iVm 19 AVG ist daher unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der sich aus § 46 FPG ergebende Zweck eines Ersatzreisedokumentes, nämlich die - das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme voraussetzende - Abschiebung zu ermöglichen, einzubeziehen. In diesem Sinn ist in Bezug auf die Frage der Notwendigkeit von solchen Ladungsbescheiden auch das Vorliegen einer (zumindest) durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme erforderlich. Das lässt aber trotzdem dem BFA einen Spielraum, ausnahmsweise eine solche Ladung auch schon vor Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu verfügen, wenn sie fallbezogen aus besonderen Gründen schon in diesem Stadium unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit "nötig" iSd § 19 Abs 1 AVG ist. II. Ohne Auswirkung bleibt, dass § 46 Abs 2a FPG das BFA nunmehr "jederzeit" ermächtigt, bei der ausländischen Vertretungsbehörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen einzuholen. Rechtsgrundlage für die in diesem Zusammenhang ergehende Ladung bleibt nämlich § 19 AVG, deren Zulässigkeit ihre unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu beurteilende Notwendigkeit voraussetzt. Nach den Gesetzesmaterialien zum FrÄG 2017 (AA-213 25. GP 60) soll durch die Verwendung des Wortes "jederzeit" im Abs 2a des § 46 leg cit (nur) klargestellt werden, dass ein amtswegiges Vorgehen gemäß dieser Bestimmung nicht erst nach einem vorhergehenden (erfolglos gebliebenen) Auftrag an den Fremden iSd Abs 2 zulässig ist. Die Zulässigkeit einer bereits nach erstinstanzlicher Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz vorgenommenen Ladung eines Asylwerbers zum BFA (insb) mit dem Zweck der Identitätsfeststellung lässt sich daher im Zusammenhang mit der beabsichtigten Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht allein deshalb verneinen, weil noch keine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt.
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Entscheidungsdatum: 29.05.2018
Aufbereitet am: 09.01.2019
1795
Alle Schubhaftbeschwerden folgen dem Regime für Maßnahmenbeschwerden
Leitsätze
I. Eine Beschwerde iSd § 22a Abs 1 Z 3 BFA-VG erfasst auch die Konstellation, dass die Schubhaft nach deren Anordnung wegen der aufrechten Anhaltung in Gerichtshaft noch nicht in Vollzug gesetzt wurde. Diesbezüglich wurde mit dem am 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen § 82 Abs 1 FPG in dessen Z 3 die Möglichkeit geschaffen, Beschwerde (damals: an den UVS) mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides zu erheben, wenn gegen den Fremden "die Schubhaft angeordnet wurde". Vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung bezog sich die genannte Z 3 damals auf den Fall, dass Anfechtungsobjekt ein (noch) nicht in Vollzug gesetzter Schubhaftbescheid war und der Fremde daher auch (noch) nicht in Schubhaft angehalten wurde. Daran hat sich mit der Übernahme der Vorgängerregelungen des FPG in den § 22a BFA-VG nichts geändert. Im Übrigen war damals in § 83 Abs 2 FPG vorgesehen, dass für das Schubhaftbeschwerdeverfahren im Wesentlichen die Bestimmungen des AVG betreffend Maßnahmenbeschwerden gelten. II. In Anbetracht der ErläutRV zum FrÄG 2015 (582 BlgNR 25. GP 7f) kann kein Zweifel daran bestehen, dass auch für eine Beschwerde gegen einen die Schubhaft anordnenden Bescheid, der (im Hinblick auf die noch andauernde Strafhaft) im Entscheidungszeitpunkt noch nicht in Vollzug gesetzt wurde, die bei Maßnahmenbeschwerden anwendbaren Regeln gelten. Das sind im vorliegenden Zusammenhang insb § 28 Abs 6 VwGVG und § 35 VwGVG. III. In Bezug auf die Überprüfung eines Schubhaftbescheides ist das VwG auf eine reine Kontrolltätigkeit beschränkt. Dies bedeutet, dass neues Vorbringen in der Schubhaftbeschwerde nur insoweit von Bedeutung sein kann, als es eine mögliche Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides aufzuzeigen vermag. IV. Eine "Sanierung" eines behördlichen Schubhaftbescheides, die auf einen "Austausch" der tatsächlich verhängten Schubhaft gegen jene, die das VwG für richtig erachtet, hinausläuft, kommt nicht in Betracht. V. § 35 VwGVG, der in seinem Abs 1 einen Aufwandersatzanspruch für die obsiegende Partei vorsieht, gilt im Wege des § 22a Abs 1a BFA-VG auch in der Konstellation einer Beschwerde gegen einen die Schubhaft anordnenden Bescheid, der im Entscheidungszeitpunkt noch nicht in Vollzug gesetzt wurde.
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Entscheidungsdatum: 13.11.2018
Aufbereitet am: 08.01.2019
1794
Gravierende Ermittlungslücken berechtigen zur Zurückweisung ans BFA
Leitsätze
I. Gravierende Ermittlungslücken wie die nicht ausreichende Berücksichtigung wesentlicher Punkte eines Vorbringens oder vorgelegter Bescheinigungsmittel, berechtigen das BVwG zur Zurückweisung an das BFA. Dies vor allem, wenn das Vorliegen eines entscheidungsrelevanten Sachverhaltes nicht abschließend beurteilt werden kann, ohne sich mit dem gesamten Sachverhalt auseinandergesetzt zu haben. II. Wenn nicht sehr wahrscheinlich ist, dass die Ermittlungen und Entscheidung in der Sache durch das BVwG rascher durchgeführt werden könnten oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wären, hat das BFA den maßgeblichen Sachverhalt in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren festzustellen.
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Entscheidungsdatum: 30.05.2018
Aufbereitet am: 07.01.2019
1793
Wehrdienstverweigerung in der Ukraine
Leitsätze
Der vom ukrainischen Wehrgesetz gewährte Strafrahmen bei Desertion oder Wehrdienstentziehung wird zumeist nicht ausgeschöpft, sondern die Strafe für ein bis zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Es ist grundsätzlich möglich, dass Ukrainer bei Rückkehr aus dem Ausland strafverfolgt werden, weil sie sich der Mobilisierung entzogen haben. In der Praxis gibt es gemäß der Staatendokumentation trotz zahlreicher Fahndungen jedoch nur wenige Anklagen und kaum Verurteilungen.
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Entscheidungsdatum: 11.09.2018
Aufbereitet am: 03.01.2019