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381
Verbot der Verlängerung von Grenzkontrollen zu Slowenien bei gleichbleibender Bedrohung der öffentlichen Sicherheit
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Die in Art 25 VO (EU) 2016/399 enthaltene Ermächtigung, aus Anlass einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung eines Mitgliedstaates wieder Binnengrenzkontrollen einzuführen, ist strikt mit sechs Monaten im Gesamten limitiert. Lediglich dann, wenn eine neue tatbildliche Bedrohung in Erscheinung tritt, kann der Mitgliedstaat die Fristen des Art 25 neuerlich in Gang setzen. Stets muss der Mitgliedstaat hierbei die Verfahrensvorschriften der Art 26 bis 28 VO (EU) 2016/399 beachten. II. Für den Fall außergewöhnlicher Umstände, während derer eine Abwesenheit von Kontrollen das Funktionieren des Schengenraums insgesamt gefährden würde, gilt für Binnengrenzkontrollen eine Höchstfrist von zwei Jahren (Art 29 VO [EU] 2016/399). III. Eine Rechtfertigung für Binnengrenzkontrollen, die die genannten Höchstfristen überdauern, kann auch nicht primärrechtlich in Art 72 AEUV gesehen werden. Denn diese Bestimmung, derzufolge die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit für den Schutz der inneren Sicherheit und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung behalten, ermächtigt nicht so ohne Weiteres zum Abgehen von Unionsrecht. IV. Die österreichischen Binnengrenzkontrollen zu Slowenien erweisen sich demnach spätestens seit Herbst 2017 (zwei Jahre nach ihrer Einführung) als rechtswidrig. V. Der Vorwurf der Unionsrechtswidrigkeit ist auch § 24 Abs 1 Z 1 PassG zu machen, der die Einreise ohne ein Reisedokument (§ 2 Abs 1 PassG) mit einer Verwaltungsstrafe bedroht, ohne aber nach der (Unions-) Rechtskonformität der jeweiligen Grenzkontrolle zu differenzieren.
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382
Zum Beschwerdegegenstand bei Beschwerdevorentscheidung
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Behebt das VwG den Ausgangsbescheid, obwohl eine Berufungsvorentscheidung vorliegt, wird ein nicht mehr dem Rechtsbestand angehörender Bescheid behoben, hingegen die den tatsächlichen Beschwerdegegenstand bildende Berufungsvorentscheidung im Rechtsbestand belassen. Daher ist eine Entscheidung noch offen. II. Der Erlassung eines neuen Bescheides durch die belangte Behörde steht rechtlich entgegen, dass über den zu Grunde liegenden Antrag durch die (im Rechtsbestand aufrechte) Berufungsvorentscheidung entschieden wurde, über einen bereits entschiedenen Antrag aber kein weiteres Mal eine Entscheidung zulässig ist.
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383
Rechtsstellung von drittstaatsangehörigen Eltern eines minderjährigen Unionsbürgers im Aufnahmemitgliedstaat
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Zwar sind britische Gerichte seit dem "Brexit" nicht mehr als "Gerichte eines Mitgliedstaats" iSd Art 267 AEUV anzusehen, wohl aber bleibt der EuGH für Vorabentscheidungsersuchen solcher Gerichte zuständig, die vor dem Inkrafttreten des Austrittsübereinkommens (1.2.2020) oder wenigstens vor dem Ende des "Übergangszeitraums" (31.12.2020) bei ihm eingelangt sind (Art 86 Abs 2 Austrittsübereinkommen). Überdies muss das Ersuchen einen Sachverhalt betreffen, der in den zeitlichen Anwendungsbereich des Unionsrechts in Großbritannien fällt. II. Drittstaatsangehörige Eltern eines minderjährigen Unionsbürgers, die für diesen die elterliche Fürsorge ausüben, fallen nicht in den Angehörigenbegriff der RL 2004/38/EG (Art 2 Z 2 lit d leg cit), wenn ihnen der Unionsbürger keinen Unterhalt gewährt. Nichtsdestotrotz ist ihnen kraft Art 21 AEUV eine Angehörigeneigenschaft zuzuerkennen, weil ansonsten die praktische Wirksamkeit der Unionsbürgerschaft in Mitleidenschaft geriete. Sohin können diese Personen von ihrem Kind mit Unionsbürgerschaft abgeleitete Aufenthaltsrechte nach der RL 2004/38/EG (UnionsbürgerRL) erwerben. III. Für Aufenthalte im Aufnahmemitgliedstaat zwischen drei Monaten und fünf Jahren gilt das Erfordernis eines umfassenden Krankenversicherungsschutzes iSd Art 7 Abs 1 lit b RL 2004/38/EG sowohl für den Unionsbürger als auch für dessen drittstaatsangehörige Familienangehörige (auch für solche iSd obigen Punktes II). IV. Sobald ein Unionsbürger im Aufnahmemitgliedstaat fünf Jahre lang rechtmäßig iSd Kapitels III RL 2004/38/EG (UnionsbürgerRL) aufhältig war, unterliegt sein in der Folge erworbenes Daueraufenthaltsrecht nicht mehr den Bedingungen dieses Kapitels (insb des Art 7). V. Das erworbene Daueraufenthaltsrecht drittstaatsangehöriger Familienangehöriger eines Unionsbürgers (auch solcher iSd obigen Punktes II) ist von der fortlaufenden Erfüllung der Konditionen des Kapitels III (insb des Art 7) RL 2004/38/EG unabhängig.
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384
Zurückverweisender Beschluss des BVwG bei vorliegender Beschwerdevorentscheidung
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Behebt das VwG den Ausgangsbescheid, obwohl eine Berufungsvorentscheidung vorliegt, wird ein nicht mehr dem Rechtsbestand angehörender Bescheid behoben, hingegen die den tatsächlichen Beschwerdegegenstand bildende Berufungsvorentscheidung im Rechtsbestand belassen. Daher ist eine Entscheidung noch offen. II. Der Erlassung eines neuen Bescheides durch die belangte Behörde steht rechtlich entgegen, dass über den zu Grunde liegenden Antrag durch die (im Rechtsbestand aufrechte) Berufungsvorentscheidung entschieden wurde, über einen bereits entschiedenen Antrag aber kein weiteres Mal eine Entscheidung zulässig ist.
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Subsidiärer Schutz aufgrund des Vorliegens einer allgemein prekären Situation im Herkunftsstaat
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Wird eine Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat nicht glaubhaft nachgewiesen, so ist der Asylantrag abzuweisen, aber dennoch subsidiärer Schutz zu gewähren, wenn aufgrund einer allgemein prekären Lage im Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 2 oder 3 EMRK bzw des 6. und 13. Zusatzprotokolls zur EMRK droht. II. Nicht jede prekäre allgemeine Sicherheitslage ruft ein reales Risiko iSd Art 3 EMRK hervor, vielmehr ist zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art 3 EMRK detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen. Derartige Umstände können als gegeben erachtet werden, wenn die betroffene Person im Herkunftsstaat etwa keine Lebensgrundlage vorfindet und damit – bezogen auf den Einzelfall – die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. III. Da die rechtlichen Wirkungen eines Erkenntnisses (des Einzelrichters) erst mit dessen Zustellung eintreten, gilt die auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung (hier: subsidiäre Schutzberechtigung gemäß § 8 Abs 1 iVm Abs 4 AsylG) ein Jahr ab Zustellung des Erkenntnisses des BVwG an die betroffene Person.
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