SUCHE
Suchergebnis:
1011
Unzureichende Maßnahmen der französischen Behörden zum Schutz eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Die Mitgliedstaaten sind nach Art 3 EMRK verpflichtet, ausländische unbegleitete Minderjährige zu schützen und zu betreuen. In diesem Kontext ist Art 20 KRK zu beachten, der die Staaten dazu verpflichtet, jedem Kind in ihrem Hoheitsgebiet, das vorübergehend oder dauerhaft aus seinem familiären Umfeld herausgelöst ist, andere Formen der Betreuung zu garantieren. II. Wenn es um die Aufnahme von begleiteten oder unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen geht, ist die Situation extremer Verwundbarkeit des Kindes entscheidend und seine Eigenschaft als illegal aufhältiger Ausländer tritt dahinter zurück. Der Staat ist nach Art 3 EMRK verpflichtet, illegal aufhältige unbegleitete Minderjährige durch angemessene Maßnahmen zu schützen und zu betreuen. III. Unbegleitete Minderjährige, die in einem "Slum" wie dem "Dschungel von Calais" leben und sich dort selbst überlassen sind, befinden sich in einer Situation, die einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichkommt. IV. Die Behörden müssen dafür Sorge tragen, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge umgehend zu identifizieren, damit sie angemessene Maßnahmen zu ihrem Schutz und ihrer Versorgung ergreifen können. V. Wenn ein Gericht die Inobhutnahme eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings durch die Jugendfürsorge anordnet, muss diese Behörde zur Vollstreckung des gerichtlichen Beschlusses alles unternehmen, was vernünftigerweise von ihr erwartet werden kann, um ihrer Verpflichtung zum Schutz und zur Betreuung zu entsprechen.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
1012
Gefahr eines Ehrenmordes in Afghanistan
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Dem Beschwerdeführer droht in Afghanistan die Gefahr eines Ehrenmordes seitens seiner Familienangehörigen aufgrund des versuchten gemeinsamen "Weglaufens" mit seiner Cousine väterlicherseits. II. Gerade Personen wie der Beschwerdeführer, die Handlungsweisen entgegen den in Afghanistan vorherrschenden religiösen Wertvorstellungen getätigt haben, sind nach den Ausführungen zu den Risikoprofilen der EASO-Country Guidance zu Afghanistan vom Juni 2018 und der UNHCR-Richtlinien zu Afghanistan vom 30.8.2018 besonders schweren Bedrohungshandlungen ausgesetzt, woraus nach Ansicht des BVwG in diesen Fällen ein besonderes Interesse der Verfolger an den Betroffenen ableitbar ist und eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung steht.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
1013
Ausschluss von Sozialleistungen nach Aberkennung des Asylstatus
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Weder Art 8 EMRK noch eine andere Bestimmung der Konvention garantiert ein Recht auf Sozialleistungen oder auf einen bestimmten Lebensstandard. Indem ein Staat großen Familien Unterstützungsleistungen gewährt, kann er seine Achtung für das Familienleben ausdrücken, weshalb solche Leistungen in den Anwendungsbereich von Art 8 EMRK fallen. Dennoch kann die Verweigerung einkommensabhängiger Sozialleistungen nicht als Eingriff in die durch Art 8 EMRK geschützten Rechte angesehen werden. II. Die Verweigerung von Sozialleistungen aufgrund des Aufenthaltsstatus fällt in den Anwendungsbereich von Art 8 EMRK, weshalb Art 14 EMRK anwendbar ist. Der Grundsatz, Sozialleistungen nur jenen Ausländern zu gewähren, die sich rechtmäßig im Staatsgebiet aufhalten, ist ein legitimer und sachlicher Grund für die Unterscheidung zwischen rechtmäßig aufhältigen Fremden auf der einen und rechtswidrig aufhältigen Fremden auf der anderen Seite. Daher ist es auch gerechtfertigt, einer Familie Sozialleistungen zu entziehen, wenn ein Familienmitglied über kein Aufenthaltsrecht verfügt.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
1014
Schubhaft: Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit unterliegen einer Einzelfallbeurteilung
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Die Frage, ob konkret von einem Sicherungsbedarf bzw von Fluchtgefahr auszugehen ist, ist stets eine solche des Einzelfalles. Sie ist daher nicht generell zu klären und als einzelfallbezogene Beurteilung dann nicht reversibel, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage in vertretbarer Weise vorgenommen wurde. Dies gilt sinngemäß auch für die Frage, ob von einem Sicherungsbedarf auszugehen ist, dem nur durch Schubhaft und nicht auch durch gelindere Mittel begegnet werden kann. Gleiches gilt für die Frage, ob sich die Schubhaft nach Abwägung der wechselseitigen Interessen als verhältnismäßig erweist. II. Im Rahmen der Schubhaft kommt eine Korrektur der Einzelfallbeurteilung nur insoweit in Betracht als das VwG eine krasse Fehleinschätzung vornimmt.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
1015
Zur Anwendung der "Wegfall-der-Umstände"-Klausel bei Asylberechtigten mit abgeleitetem Status
LEITSATZ DES GERICHTS: Stützt sich der Antragsteller auf die Fluchtgründe eines Familienmitgliedes (hier: Vater) und wird ihm ein abgeleiteter Status als Asylberechtigter zuerkannt, so ist im Zuge einer möglichen Aberkennung iSd § 7 Abs 1 Z 2 AsylG iVm Art 1 Abschnitt C Z 5 GFK zu prüfen, ob die vom Familienmitglied (hier: Vater) seinerzeit vorgebrachten Fluchtgründe weggefallen sind.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)