Leitsätze
2746
Ermittlungspflicht hinsichtlich der tatsächlichen Situation für Schutzberechtigte in Griechenland im Falle der Rückkehr
Leitsätze
Im Falle einer Rückkehr als Schutzberechtigter nach Griechenland muss zumindest für eine Übergangszeit eine materielle Versorgung gewährleistet sein.
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Entscheidungsdatum: 22.12.2022
Aufbereitet am: 31.05.2023
2745
Bestehen von asylrechtlich relevanter Verfolgung in Bezug auf die Volksgruppe der Rohingya
Leitsätze
I. Grundsätzlich obliegt es dem Asylwerber, alles Zweckdienliche, insb seine wahre Bedrohungssituation im Herkunftsstaat, vorzubringen. II. Nur im Fall deutlicher Hinweise im Vorbringen zu einem Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung iSd GFK in Frage kommt, hat die Behörde in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen. III. Es ist von einer zwangsweisen Umsiedelung von Rohingyas und einer wesentlichen Benachteiligung dieser Volksgruppe auszugehen. Demgemäß ist ebenso davon auszugehen, dass Angehörige der Rohingya einer Verfolgung durch die Mehrheitsbevölkerung ausgesetzt sind.
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Entscheidungsdatum: 23.01.2022
Aufbereitet am: 30.05.2023
2744
Zur Prüfung der Heimatregion
Leitsätze
In seiner Rsp zur Rechtslage nach dem AsylG 1997 hat der VwGH in Fällen, in denen Asylwerber nicht aufgrund eines eigenen Entschlusses, sondern unter Zwang aufgrund einer Vertreibung ihren dauernden Aufenthaltsort innerhalb des Herkunftsstaates gewechselt hatten und an dem neuen Aufenthaltsort nicht Fuß fassen konnten (Zustand innerer Vertreibung), den ursprünglichen Aufenthaltsort als Heimatregion angesehen.
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Entscheidungsdatum: 30.04.2021
Aufbereitet am: 26.05.2023
2743
Unglaubwürdigkeit des Vorbringens zum Fluchtgrund der Wehrdienstverweigerung bei Widersprüchen und Unvereinbarkeiten mit den Länderfeststellungen
Leitsätze
I. Die Gefahr einer Wehrdienstverweigerern bzw Deserteuren im Herkunftsstaat drohenden Bestrafung kann Asylrelevanz zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den angedrohten bzw verhängten Sanktionen jede Verhältnismäßigkeit fehlt. II. Die behauptete Furcht, allein durch Bürgerkriegshandlungen möglicherweise zu Schaden zu kommen, stellt ohne Hinzutreten weiterer Umstände keine asylrelevante Verfolgung dar.
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Entscheidungsdatum: 19.01.2023
Aufbereitet am: 25.05.2023
2742
Verletzung der Mitwirkungspflicht hinsichtlich der Beseitigung von Ausreise- bzw Abschiebungshindernissen steht einer Duldung entgegen
Leitsätze
Es ist grundsätzlich gerechtfertigt, die Voraussetzungen für eine Duldung gemäß § 46a Abs 1 Z 3 FPG als nicht gegeben anzusehen, wenn der Fremde der sich aus § 46 Abs 2 FPG ergebenden Verpflichtung, das Ausreise- und/oder Abschiebehindernis in Form des Fehlens eines gültigen Reisedokumentes aus eigenem zu beseitigen, nicht nachgekommen ist.
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Entscheidungsdatum: 19.01.2023
Aufbereitet am: 24.05.2023
2741
Unverhältnismäßigkeit eines Einreiseverbotes nach vereinzelten illegalen Einreisen und wegen Mittellosigkeit
Leitsätze
I. Damit ein befristetes Einreiseverbot gemäß § 53 Abs 2 FPG gerechtfertigt werden kann, muss eine entsprechende Gefährdung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder anderer in Art 8 Abs 2 EMRK genannter Schutzgüter vorliegen. Verstöße gegen Fremdenrecht müssen hinreichend qualifiziert sein. II. Für die Frage der Qualität von Verstößen gegen Fremdenrecht (I.) spielt deren Häufung ebenso eine Rolle wie das Vorliegen eines Rechtsirrtums des Drittstaatsangehörigen. Auch erscheint die öffentliche Ordnung weniger beeinträchtigt, wenn der Drittstaatsangehörige Ehegatte einer Person mit Unionsbürgerschaft ist und in deren Beisein ohnehin frei durch die EU-Mitgliedstaaten reisen könnte. III. Die Verwaltungsgerichte haben auf Basis der Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung ihrer Entscheidungen zu judizieren. Dementsprechend haben sie eine zwischenzeitig in Kraft getretene Aufhebung einer maßgebenden Bestimmung durch den VfGH zu berücksichtigen. Folglich ist auch § 53 Abs 2 Z 6 FPG in Entscheidungen seit dem Inkrafttreten seiner Aufhebung durch den VfGH (28.12.2022, BGBl I 202/2022) nicht mehr anzuwenden.
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Entscheidungsdatum: 01.02.2023
Aufbereitet am: 23.05.2023
2740
Zur Aufenthaltstitelentziehung nach § 28 Abs 6 NAG
Leitsätze
I. Die in § 28 Abs 6 NAG getroffene Anordnung ist verfassungskonform dahin zu verstehen, dass die inhaltliche Richtigkeit der Mitteilung des AMS der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle uneingeschränkt und umfassend unterliegt. II. Bei Fehlen einer Sozialversicherungsanmeldung, die (ua hinsichtlich der Beitragsgrundlagen) den für die Zulassung als sonstige Schlüsselkraft maßgeblichen Voraussetzungen entspricht, ist grundsätzlich gemäß § 28 Abs 6 NAG vorzugehen. III. Die Entziehung eines Aufenthaltstitels entfaltet mangels anderer gesetzlicher Anordnung Rechtswirkungen ex nunc und wirkt nicht auf in der Vergangenheit gelegene Zeiträume zurück. Der Entzug bereits abgelaufener Aufenthaltstitel ist unzulässig. IV. Ein rechtzeitig vor Ablauf des Aufenthaltstitels gestellter Zweckänderungsantrag führt - auch wenn der Aufenthalt des Fremden im Hinblick auf den zuletzt erteilten Titel während des anhängigen Verfahrens rechtmäßig ist (§ 24 Abs 1 NAG) - nicht dazu, dass der betreffende Titel nach Ablauf seiner Gültigkeitsdauer gestützt auf § 28 Abs 6 NAG entzogen werden dürfte.
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Entscheidungsdatum: 21.12.2022
Aufbereitet am: 22.05.2023
2739
Einbeziehen ausländischer Verurteilungen in Gefährdungsprognose nach § 67 Abs 1 FPG
Leitsätze
I. Auch Straftaten, die ausländischen Verurteilungen zugrunde lagen, dürfen in die Gefährdungsprognose einbezogen werden. II. Auch ein festgestelltes Fehlverhalten eines Fremden, das (noch) nicht zu einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Bestrafung geführt hat, kann zur Beurteilung der für ein Aufenthaltsverbot erforderlichen Gefährdungsprognose herangezogen werden. III. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit eines Fremden muss nicht in jedem Fall zu einer positiven Gefährdungsprognose führen. Vielmehr kann sich auch aus besonderen Umständen in dessen Person eine vom Fremden ausgehende Gefährlichkeit ergeben.
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Entscheidungsdatum: 09.06.2022
Aufbereitet am: 19.05.2023
2738
Keine Abschiebehaft ohne eine hinreichend klare gesetzliche Grundlage im nationalen Recht
Leitsätze
I. Art 6 GRC hat iSd Art 52 Abs 3 GRC die gleiche Tragweite wie Art 5 EMRK. II. Art 6 GRC (Art 5 EMRK) verlangt für Inhaftierungen zum Zwecke der Sicherung der Durchführung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eine gesetzliche Grundlage, die den Anforderungen der Klarheit, Vorhersehbarkeit, Zugänglichkeit und des Schutzes vor Willkür (Begrenzung von Ermessen und Determinierung des behördlichen Vorgehens) genügt. III. Es ist den Mitgliedstaaten grundrechtlich durch Art 6 GRC (Art 5 EMRK) verwehrt, Eingriffe in die persönliche Freiheit Fremder auf ein allgemeines Kriterium, nämlich dass die wirksame Durchführung der Abschiebung beeinträchtigt werde, zu stützen, ohne dass ein spezifischer gesetzlicher Haftgrund vorliegt. Ebenso ist es ihnen untersagt, den zugrunde liegenden Art 15 Abs 1 RL 2008/115/EG unmittelbar anzuwenden.
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Entscheidungsdatum: 06.10.2022
Aufbereitet am: 17.05.2023
2737
Lange Aufenthaltsdauer, private Integration und Gesinnungswandel vs strafrechtliche Verurteilung und mangelnde berufliche Integration
Leitsätze
I. Da ein zehn Jahre übersteigender Aufenthalt von Asylwerbern nach der höchstgerichtlichen Judikatur sehr stark für einen Verbleib in Österreich spricht, muss dies grds umso mehr bei einem 18 Jahre andauernden Aufenthalt von Fremden, denen bereits der Status von Asylberechtigten zuerkannt wurde, gelten. II. Bei einer Interessenabwägung im Zusammenhang mit einem mehrere Jahre andauernden Aufenthalt sind die Wertungen der ehemaligen Aufenthaltsverfestigungstatbestände des § 9 Abs 4 BFA-VG (aufgehoben durch das FrÄG 2018, BGBl I 56/2018) weiterhin zu beachten. Aus diesem Grund ist die Beendigung eines qualifizierten, lange andauernden Aufenthalts einer fremden Person nur verhältnismäßig, wenn diese eine besonders verwerfliche Straftat begangen hat, aus welcher eine maßgebliche Gefährdung öffentlicher Interessen resultiert. III. Die Vorlage einer Einstellungszusage ist bei einer Abwägung im Rahmen einer Aufenthaltsbeendigung iSd beruflichen Integration positiv zu werten. Allerdings wird dies relativiert, wenn die fremde Person trotz eines langjährigen Aufenthalts nur eine spärliche Berufserfahrung vorweisen kann und nicht nur vorübergehend auf Transferleistungen der öffentlichen Hand angewiesen ist.
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Entscheidungsdatum: 29.09.2022
Aufbereitet am: 16.05.2023
2736
Die Erkrankung Diabetes mellitus Typ 1 steht einer Abschiebung beim Vorliegen entsprechender Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat nicht entgegen
Leitsätze
I. Eine leicht behandelbare Erkrankung steht einer Rückführung in das Herkunftsland nicht entgegen, sofern die notwendigen Medikamente dort verfügbar sind und der gesundheitliche Zustand des Beschwerdeführers stabil ist. II. Sofern der Beschwerdeführer physisch und psychisch dazu in der Lage ist, die Tragweite seiner Erkrankung sowie die Konsequenzen einer unterbleibenden oder mangelhaften Befolgung ärztlicher Anweisungen und einer mangelhaften Vorsorge zu begreifen, darf von ihm verlangt werden, dass er die erforderliche Mitwirkung zur Aufrechterhaltung seines Gesundheitszustandes (auch) im Herkunftsstaat unternimmt.
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Entscheidungsdatum: 14.02.2022
Aufbereitet am: 15.05.2023
2735
Bestimmung der Zuständigkeit im Dublin-System bei mehreren Wiederaufnahmeverfahren
Leitsätze
I. In Konstellationen, in denen ein Antragsteller nach Antragstellung im ersten Mitgliedstaat in einen zweiten Mitgliedstaat weiterreist, dieser ein Wiederaufnahmeersuchen gegenüber dem ersten anstrengt, welchem zugestimmt wird, woraufhin der Antragsteller in einen dritten Mitgliedstaat weiterreist, der ebenso ein erfolgreiches Wiederaufnahmeersuchen gegenüber dem ersten einleitet, ist bei der Bestimmung der Zuständigkeit folgendermaßen zu verfahren: Sobald die Überstellungsfrist für den zweiten Mitgliedstaat abgelaufen ist, tritt die Rechtsfolge des Art 29 Abs 2 Dublin III-VO ein und es kommt zum Zuständigkeitsübergang auf diesen Mitgliedstaat, ungeachtet des Ergebnisses im Verfahren zwischen drittem und erstem Mitgliedstaat. II. Dem dritten Mitgliedstaat ist in den beschriebenen Konstellationen die Überstellung von Antragstellern in den ersten verwehrt. Wohl aber kann er unter Wahrung der Frist des Art 23 Abs 2 Dublin III-VO ein Wiederaufnahmegesuch an den zuständig gewordenen zweiten Mitgliedstaat stellen. III. Etwas anderes gilt nur, wenn es bereits vor dem Zeitpunkt des Ablaufes der Überstellungsfrist, die dem zweiten Mitgliedstaat zur Verfügung steht, zu einem Zuständigkeitsübergang auf den dritten gemäß Art 23 Abs 2 Dublin III-VO kommt, weil er es verabsäumt hat, seinerseits innerhalb von zwei Monaten ein Wiederaufnahmegesuch zu stellen. IV. Antragstellern muss gemäß Art 47 GRC iVm Art 27 Dublin III-VO im Mitgliedstaat der dritten Antragstellung ein gerichtlicher Rechtsbehelf offen stehen, in dessen Rahmen sie einen Zuständigkeitsübergang auf den Mitgliedstaat der zweiten Antragstellung vorbringen können. Ein Mitgliedstaat muss, wenn er in seinem nationalen Recht das Neuerungsverbot vorsieht, dieses Vorbringen nicht im Rahmen des Rechtsbehelfs gegen die Überstellungsentscheidung zulassen. Stattdessen kann er dafür auch einen eigenen effektiven Rechtsbehelf zur Verfügung stellen.
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Entscheidungsdatum: 12.01.2023
Aufbereitet am: 12.05.2023
2734
Rückkehrentscheidung trotz vorübergehender Aufenthaltsberechtigung für einen EU-Mitgliedstaat?
Leitsätze
I. Stellen Verstöße, die nur eine Gefährdungsannahme iSd § 53 Abs 2 FPG rechtfertigen, jedoch keinen für die Bejahung einer Gefährdung nach § 53 Abs 3 FPG ausreichenden Tatbestand dar, so gilt dies aufgrund der Abstufung der Gefährdungsmaßstäbe umso mehr für die Annahme einer Gefährdung iSd § 67 Abs 1 bzw § 52 Abs 6 FPG. Demnach begründen einmalige Verstöße gegen das AuslBG idR keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. II. Verfügt die fremde Person im Zeitpunkt der Bescheiderlassung über eine vorübergehende Aufenthaltsberechtigung für einen anderen EU-Mitgliedstaat, so ist eine allfällige Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs 6 FPG zu prüfen. Für eine auf den unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet gegründete Rückkehrentscheidung muss die fremde Person entweder (erfolglos) aufgefordert worden sein, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet des EU-Mitgliedstaats zu begeben oder die sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet (in deren Herkunftsstaat) hat aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich zu sein.
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Entscheidungsdatum: 04.08.2022
Aufbereitet am: 11.05.2023
2733
Verfolgung auf Grund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie?
Leitsätze
I. Nach der Rsp des EuGH müssen die Mitglieder der sozialen Gruppe "angeborene Merkmale" oder einen "Hintergrund, der nicht verändert werden kann", gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, "die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten". II. Zudem muss diese Gruppe in dem betreffenden Drittland eine deutlich abgegrenzte Identität haben, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird.
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Entscheidungsdatum: 11.01.2023
Aufbereitet am: 10.05.2023
2732
Stellvertreterehe bei freier Willensentscheidung kein Ordre-public-Verstoß
Leitsätze
I. Die Vorbehaltsklausel der Ordre-public-Widrigkeit ist als eine systemwidrige Ausnahme nur dann anzuwenden, wenn das inländische Rechtsempfinden in unerträglichem Maß verletzt wird, also Grundwertungen des österreichischen Rechts beeinträchtigt werden. II. Zweite wesentliche Voraussetzung für das Eingreifen der Vorbehaltsklausel des § 6 IPRG ist, dass das Ergebnis der Anwendung fremden Sachrechts (und nicht bloß dieses selbst) anstößig ist und überdies eine ausreichende Inlandsbeziehung besteht. Zu prüfen ist daher einerseits das Verhältnis der (fiktiven) Anwendung des kollisionsrechtlich berufenen Rechts im konkreten Fall zu Grundwertungen des österreichischen Rechts, andererseits das Ausmaß der Inlandsbeziehung. Die beiden Elemente bilden ein bewegliches System: Je stärker der Inlandsbezug, umso geringere Abweichungen vom österreichischen Recht können einen Ordre-public-Verstoß begründen, und umgekehrt ("Relativität des ordre public"). III. Ein Ordre-public-Verstoß kann immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. IV. Eine Ferntrauung, bei der aufgrund der konkreten Umstände das Vorliegen einer freien Willensentscheidung nicht in Zweifel zu ziehen ist, verstößt nicht gegen Grundwertungen des österreichischen Rechts.
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Entscheidungsdatum: 01.12.2022
Aufbereitet am: 09.05.2023
2731
Zu fehlender schriftlicher Ausfertigung und verkürzter Aufenthaltsdauer
Leitsätze
I. Ebenso wie bei der Erzielbarkeit ausreichender finanzieller Mittel ist im Hinblick auf die Erteilungsvoraussetzung eines Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft in einer Prognoseentscheidung zu beurteilen, ob begründete Aussicht besteht, dass der Fremde (bzw der zusammenführende Familienangehörige) in der Lage sein wird, seine Wohnbedürfnisse bzw die der Familie befriedigen zu können, ohne wegen Obdachlosigkeit eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darzustellen oder eine Gebietskörperschaft finanziell zu belasten. II. Eine kürzere Aufenthaltsdauer als die in § 20 Abs 1 NAG vorgesehenen zwölf Monate kann für sich betrachtet zwar nicht mit der Vermeidung einer Anfechtung durch die Aufenthaltsbehörde begründet werden. Die - in der mündlichen Verhandlung seitens der Aufenthaltstitelantragstellerin unwidersprochen gebliebene - auf den Ablauf des Mietvertrags abgestimmte verkürzte Aufenthaltsdauer lässt sich jedoch dahin deuten, dass das LVwG seiner Entscheidung (in gerade noch vertretbarer Weise) eine - gemäß § 20 Abs 1 zweiter Halbsatz NAG - für diese kürzere Dauer befristete Antragstellung zugrunde gelegt hat. III. Die Revision ist mangels Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zurückzuweisen; dass - gesetzwidrig - eine schriftliche Ausfertigung des bloß mündlich verkündeten Erkenntnisses des LVwG unterblieben ist, ändert daran nichts.
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Entscheidungsdatum: 07.12.2022
Aufbereitet am: 08.05.2023
2730
Neuerlich zum Primat der meritorischen Entscheidung (hier: allgemeine Voraussetzungen für Aufenthaltstitel)
Leitsätze
Dass die belangte Behörde in ihrem Bescheid ausgehend von ihrer Annahme, die Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs 2 Z 1 NAG liege nicht vor, keine Feststellungen zu den weiteren Erteilungsvoraussetzungen getroffen hat, ändert nichts am Vorhandensein der Ermittlungsergebnisse zum maßgeblichen Sachverhalt. Schon deshalb ist die Annahme des LVwG, die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG lägen vor, verfehlt.
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Entscheidungsdatum: 30.11.2022
Aufbereitet am: 05.05.2023
2729
Subsidiärer Schutz wegen instabilem (psychischen) Gesundheitszustand und möglicher Suizidgefährdung
Leitsätze
Bei der Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist es nicht ausreichend, den Eintritt künftiger Ereignisse nicht ausschließen zu können. Im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat muss die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung drohen; deren Bejahung bedarf auch entsprechender Feststellungen.
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Entscheidungsdatum: 19.01.2022
Aufbereitet am: 04.05.2023
2728
Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes mangels Erfüllung des Gefährdungsmaßstabes
Leitsätze
I. Die Begehung von Straftaten, die mit einem erheblichen sozialen Störfaktor einhergehen, führt nicht zwingend zu einer Erfüllung des in § 67 Abs 1 fünfter Satz FPG angeführten Gefährdungsmaßstabs. II. Um die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gefährden, muss das an den Tag gelegte persönliche Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. III. Eine strafgerichtliche Verurteilung allein ist hierfür nicht ausreichend. Um die Maßnahme des Aufenthaltsverbotes mit einer solchen zu begründen müssen "außergewöhnliche Umstände" mit "besonders hohem Schweregrad" bzw die Erfüllung von "besonders schwerwiegenden Merkmalen" vorliegen. IV. Bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, ist auf das persönliche Verhalten des Fremden sowie dessen Lebensverhältnisse Bedacht zu nehmen.
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Entscheidungsdatum: 14.01.2021
Aufbereitet am: 03.05.2023
2727
Hinweis auf Aufenthaltsehe darf auch vom eigenen Ehemann kommen
Leitsätze
Von welcher Seite Verdachtsmomente für das Bestehen einer Aufenthaltsehe an die Behörde herangetragen bzw aufgrund welcher Anhaltspunkte Ermittlungen durchgeführt werden, ist für die Möglichkeit der amtswegigen Durchführung einer Wiederaufnahme unerheblich.
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Entscheidungsdatum: 30.11.2022
Aufbereitet am: 02.05.2023