Aktueller Leitsatz der Redaktion
2955
Sozialleistungen für Familienangehörige von Wanderarbeitnehmern und deren Aufenthaltsrecht
Leitsätze
I. Auch wenn das vorlegende Gericht im Vorabentscheidungsersuchen nicht explizit darauf Bezug genommen hat, sieht sich der EuGH nicht gehindert, alle für die Entscheidung im Anlassfall dienlichen Hinweise zu geben. II. Dass ein Unionsbürger, nachdem er von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht hatte, zusätzlich zur Staatsangehörigkeit des Herkunftsmitgliedstaats auch jene des Aufnahmemitgliedstaates erlangt hat, hindert ihn nicht daran, sich weiterhin auf das Freizügigkeitsrecht (Art 21 AEUV, RL 2004/38/EG [Unionsbürger-RL]) zu berufen, weil dieses ansonsten in seiner praktischen Wirksamkeit eingeschränkt würde. Eine Behandlung dieses Falls gleich einem rein innerstaatlichen Sachverhalt verbietet sich sohin. III. Art 7 Abs 1 lit d RL 2004/38/EG verleiht Unionsbürgern ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht für über drei Monate, wenn diese Familienangehörige sind, die einen Unionsbürger, der die Voraussetzungen der lit a, b oder c leg cit erfüllt, begleiten oder ihm nachziehen. Für den Angehörigenbegriff ist Art 2 Z 2 RL 2004/38/EG maßgebend. Soweit der Angehörigenbegriff des Art 2 Z 2 RL 2004/38/EG die Gewährung von Unterhalt verlangt, etwa für die Eltern (lit d), muss diese Voraussetzung vom Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Erlangung eines Daueraufenthaltsrechts (Art 16 ff der RL) durch diese Familienangehörigen vorliegen. IV. Wanderarbeitnehmer genießen in Hinblick auf die sozialen Vergünstigungen im Aufnahmemitgliedstaat eine umfassende Gleichstellung mit dort heimischen Arbeitnehmern (Art 45 Abs 2 AEUV iVm Art 7 Abs 2 VO [EU] 492/2011). Dies trifft auch auf den Zugang zu Sozialleistungen für Familienangehörige iSd Art 2 Z 2 RL 2004/38/EG zu, denen definitionsgemäß Unterhalt gewährt wird. Diese Angehörigeneigenschaft wird sohin durch die Inanspruchnahme einer Sozialleistung nicht in Frage gestellt.
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Aufbereitet am: 29.03.2024