Leitsätze
555
Situation genereller Gewalt in Somalia begründet nach Art 3 EMRK Schutz vor Abschiebungen
Leitsätze
I. Die reale Gefahr einer Art 3 EMRK entgegenstehenden Behandlung kann sich aus einer Situation genereller Gewalt ergeben, wenn diese eine solche Intensität aufweist, dass jede Person, die in die fragliche Region abgeschoben wird, allein aufgrund ihrer Anwesenheit dort gefährdet wäre. II. Die reale Gefahr einer Misshandlung im Falle einer Abschiebung kann sich auch aus der menschenrechtlichen Lage bzw der humanitären Situation, für die der Aufnahmestaat selbst verantwortlich ist, ergeben, mit der ein Rückkehrender konfrontiert wäre. III. Länderberichten, deren Autoren nicht selbst vor Ort waren, sondern sich auf Quellen stützen, die weitgehend anonym bleiben, kann kein substantielles Gewicht beigemessen werden, wenn sie nicht durch andere Berichte gestützt werden.
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Aufbereitet am: 23.09.2011
554
Familienrechtliche Beziehungen erlöschen durch Adoption
Leitsätze
I. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin in Österreich eine Tochter geboren hat, welche von einer österreichischen Familie adoptiert wurde, stellt keine weitere zu berücksichtigende Bindung der Beschwerdeführerin an Österreich dar, weil im Falle einer Adoption die familienrechtlichen Beziehungen zwischen den leiblichen Eltern und dem Wahlkind mit dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme an Kindes statt (vgl § 182 ABGB) erlöschen. II. Eine lange - vom Staat zu verantwortende - Verfahrensdauer vermag jedenfalls nicht per se den Grad der - vom Asylwerber durch eigenes Handeln zu erlangenden - Integration zu steigern.
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Aufbereitet am: 22.09.2011
553
Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten
Leitsätze
Der Gesetzgeber hat bei der Neufassung des § 9 AsylG 2005 eindeutig nicht beabsichtigt, den subsidären Schutz wegen Straftaten abzuerkennen, die vor seiner Zuerkennung begangen wurden.
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Aufbereitet am: 21.09.2011
552
Bleiberecht zur Wahrung des Kindeswohls
Leitsätze
Bei schwerwiegenden Verstößen gegen das nationale Einwanderungsrecht ist im Rahmen der unter Art 8 EMRK vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung das öffentliche Interesse an einer Ausweisung als besonders hoch zu bewerten. Bei einer elterlichen Bezugsperson kann allerdings unter exzeptionellen Umständen (Alter der Kinder, besondere Stresssituation, Trennung von der Mutter für längere Zeit aufgrund Verhängung eines Aufenthaltsverbots) das Kindeswohl vorgehen.
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Aufbereitet am: 20.09.2011
551
Asylrelevanz von dolmetschenden Tätigkeiten für das amerikanische Militär
Leitsätze
I. Eine dolmetschende Tätigkeit eines afghanischen Staatsangehörigen für das amerikanische Militär ist vor dem Hintergrund des anhaltenden bewaffneten Konfliktes zwischen den regierungsfeindlichen Gruppierungen (Taliban) gegen die afghanische Regierung und ihre verbündeten internationalen Streitkräfte geeignet, die Missgunst und Feindschaft jener Kräfte zu bewirken, die gegen die afghanische Regierung und ihre verbündeten internationalen Streitkräfte agieren. II. Nicht zwangsläufig ist jeder Unterstützer der afghanischen Regierung oder jeder Dolmetscher der realen Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt.
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Aufbereitet am: 19.09.2011
550
Gründe für die Ausweisung eines in Österreich geborenen Asylwerbers
Leitsätze
I. Obwohl eine Reihe von Vertragsstaaten Normen erlassen haben, wonach langjährig ansässige Einwanderer, die in ihrem Staatsgebiet geboren oder dort in jungen Jahren eingereist sind, auf der Grundlage ihrer Vorstrafen nicht ausgewiesen werden dürfen, kann ein solches absolutes Recht auf Nichtausweisung aus Art 8 EMRK nicht abgeleitet werden, dessen Wortlaut gemäß Abs 2 eindeutig Ausnahmen von den nach Abs 1 zugesicherten allgemeinen Rechten vorsieht. II. Was den Vorwurf betrifft, dass die rechtsfreundliche Vertreterin nicht zur Zeugeneinvernahme des Vaters des Beschwerdeführers geladen wurde, ist darauf hinzuweisen, dass die in diesem Verfahren anzuwendenden Vorschriften des AVG keinen Anspruch der Parteien auf persönliche Anwesenheit, Gegenüberstellung und Fragestellung bei der (auch beantragten) Einvernahme eines Zeugen vorsehen. Gleiches gilt im Übrigen für das AsylG.
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Aufbereitet am: 15.09.2011
549
Aberkennung des Asylstatus - Ein weiteres Opfer langer Verfahrensdauer iVm Novellierungen der Asylgesetze
Leitsätze
1. Die Zuerkennung eines Flüchtlingsstatus dauert grundsätzlich nur so lange an, so lange diese Schutzgewährung notwendig ist. 2. Eine soziale Verfestigung des anerkannten Flüchtlings wird nach einer Dauer von 5 Jahren unwiderleglich vermutet. 3. Das Risiko der Verzögerung der sozialen Verfestigung durch die zuständigen Behörden stellt eine einseitige Schlechterstellung des Asylwerbers dar.
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Entscheidungsdatum: 21.06.2011
Aufbereitet am: 13.09.2011
548
Ungerechtfertigte Versäumung der Entscheidungsfrist durch Abwarten einer VwGH-Entscheidung
Leitsätze
Hoher Arbeitsaufwand und die Tatsache, dass der Verwaltungsgerichtshof über die Amtsbeschwerde noch nicht entschieden hat, rechtfertigen keine Versäumung der Entscheidungsfrist.
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Aufbereitet am: 12.09.2011
547
Zwingender Selbsteintritt aufgrund überwiegender Interessen der Beziehung zwischen Enkel und Großmutter
Leitsätze
Im Zuge der Einvernahme konnte die Beschwerdeführerin glaubhaft vermitteln, dass sie vor der Ausreise aus Tschetschenien vier Jahre mit ihrem Enkelsohn in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hatte und auch zusammen mit diesem bis nach Österreich gereist war, wo das Verfahren des Enkelkindes zugelassen wurde. Nach einer eingehenden Interessenabwägung ergibt sich die Feststellung, dass unter Berücksichtigung von Art 8 EMRK und Art 15 Dublin II-VO und der daraus abgeleiteten Nichtanwendbarkeit des Art 7 Dublin II-VO die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes geboten erscheint.
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Aufbereitet am: 09.09.2011
546
Bestätigte Überstellbarkeit bei angedrohtem Selbstmordversuch
Leitsätze
Im gegenständlichen Fall reicht es für eine Art 3 EMRK-konforme Überstellung aus, dass grundsätzliche Behandlungsmöglichkeiten für psychisch kranke Personen verfügbar sind und im Einklang mit der Sichtweise des BAA kein Anlass erkannt werden konnte, der Österreich zwingend zur Anwendung des Art 3 Abs 2 EMRK verpflichtet hätte.
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Aufbereitet am: 07.09.2011
545
Freiheitsentzug ohne taugliche Rechtsgrundlage wird durch "generelle Deckung im FPG" nicht rechtmäßig
Leitsätze
I. § 82 FPG 2005 steht nicht nur für Beschwerden gegen die Anhaltung in Schubhaft zur Verfügung, sondern für jede Beschwerde, die sich gegen eine auf das FPG gestützte Anhaltung richtet. II. § 77 Abs 5 FPG 2005 bildet keine Grundlage für die Festnahme und Anhaltung eines Fremden. Die auf eine untaugliche Grundlage gestützte Festnahme wird dadurch, dass eine andere (aber nicht herangezogene) Rechtsgrundlage zur Verfügung gestanden wäre, nicht zu einer rechtmäßigen Maßnahme.
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Aufbereitet am: 06.09.2011
544
Zwischenzeitliche Volljährigkeit vermindert Intensität der familiären Bindung zur Mutter
Leitsätze
I. Mit der Behauptung, die Angaben der beschwerdeführenden Partei seien entgegen der Auffassung des BAA "wahr", wird zwar die Annahme des angefochtenen Bescheides bestritten, die Sachverhaltsgrundlage sei nicht im Sinne der Angaben der beschwerdeführenden Partei festzustellen, jedoch genügt wie im gegenständlichen Fall eine bloße - dh nicht konkrete und nicht substantiierte - Bestreitung des Sachverhaltes und der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht, um mit dieser Behauptung durchzudringen und die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zu erreichen. II. Die Intensität einer bestehenden familiären Bindung zur Mutter wird durch zwischenzeitliche Volljährigkeit und der damit endenden gesetzlichen Vertretung vermindert. III. Sprachkenntnisse reichen allein nicht aus, um die fortgeschrittene oder gar vollständige Integration eines Fremden annehmen zu können, wenngleich der Spracherwerb und der tatsächliche Wille, die deutsche Sprache zu erlernen, zweifellos ein wesentliches Kriterium bei der Beurteilung der Integration in Österreich darstellen.
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Aufbereitet am: 29.08.2011
543
Krankheit und Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat
Leitsätze
Eine schwere, lebensbedrohende Erkrankung der Beschwerdeführerin bzw eine schwerwiegende Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes im Fall einer Überstellung wurde weder vorgebracht noch ist solches im Verfahren sonst ersichtlich geworden. Solches ergibt sich auch nicht aus der erstmals in der Beschwerde vorgebrachten - und im Übrigen unbelegt gebliebenen - Behauptung, es seien im Fall der Beschwerdeführerin motorische Unruhe, Anpassungsstörungen und Angstzustände gegeben, zumal auch festzuhalten ist, dass eine medizinisch/psychiatrische Behandlung der Beschwerdeführerin und der Erhalt der - allenfalls - notwendigen Medikamente jedenfalls auch in Polen sichergestellt wäre. In diesem Zusammenhang ist auf das bereits angesprochene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6.3.2008, B 2400/07, hinzuweisen, wonach selbst das Vorliegen einer schweren (psychischen) Krankheit oder eine Selbstmordgefährdung bei Vorhandensein grundsätzlicher Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat die Abschiebung nicht hindert.
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Aufbereitet am: 25.08.2011
542
Eine Zuständigkeitsbestimmung nach Art 16 Abs 1 lit c Dubin II-VO im Spannungsverhältnis zu Art 8 Dublin II-VO
Leitsätze
Ausgehend von der rechtmäßigen Zuständigkeitsbegründung Polens hinsichtlich der Ehegattin und der Kinder gemäß Art 16 Abs 1 lit c Dublin II-VO und der zurecht festgestellten Nichtanwendbarkeit von Art 8 Dublin II-VO war Polen, wie im gegenständlichen Verfahren richtigerweise festgestellt, im Lichte von Art 8 EMRK gehalten, den Beschwerdeführer aufzunehmen und es waren somit keine entscheidungsrelevanten Bedenken gegen die Anwendung des Art 14 Dublin II-VO festzustellen.
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Aufbereitet am: 24.08.2011
541
Behebung der Ausweisungsentscheidung aufgrund perfekter Integration während des vierjährigen Rechtsmittelverfahrens
Leitsätze
Die Ausweisung einer illegal eingereisten Mongolin, der kein Asyl gewährt wird, ist nicht durch Art 8 Abs 2 EMRK gerechtfertigt, da sie (allein aufgrund der Dauer des Asylverfahrens bedingt) fast sieben Jahre unbescholten in Österreich lebt und ihr durch legale Arbeit, Bildung und den Erwerb hervorragender Deutschkenntnisse die Integration in die Gesellschaft und Kultur Österreichs vollständig gelungen ist.
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Aufbereitet am: 23.08.2011
540
Doch kein legaler Aufenthalt von Inhabern biometrischer Reisepässe nach Asylantragstellung
Leitsätze
I. Art 1 Abs 2 erster Unterabsatz iVm Art 2 VO (EG) 539/2001 schränken die Befreiung von der Visumpflicht auf Einreisen zum Zweck von Kurzaufenthalten bis zu drei Monaten bzw Durchreisen ein. Ein Aufenthalt zum Zweck der Durchführung eines Asylverfahrens ist davon nicht erfasst. Mit der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz ist die Intention des Antragstellers nicht mehr auf die Weiterführung eines Kurzaufenthaltes bzw geplanten Aufenthaltes von drei Monaten gerichtet, sodass er das Aufenthaltsrecht nach Art 1 Abs 2 erster Unterabsatz der VO (EG) 539/2001 nicht länger in Anspruch nehmen kann. II. Die Beendigung des Aufenthaltsrechtes mit dem Wegfall des dafür vorausgesetzten Zweckes (Kurzaufenthalt oder Durchreise) wird auch in den Bestimmungen der RückführungsRL 2008/115/EG iVm den in der VO (EG) 562/2006 (Schengener Grenzkodex) geregelten Einreisevoraussetzungen für Drittstaatsangehörige vorausgesetzt. Der mit der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz dokumentierte Wegfall des in Art 5 Abs 1 lit c Schengener Grenzkodex als Einreisevoraussetzung ausdrücklich festgelegte Aufenthaltszweck führt somit dazu, dass das bisherige gemeinschaftsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht mehr besteht und dem Antragsteller die sich aus dem Stand des Asylverfahrens ergebende Rechtsstellung zukommt, einer allfälligen asylrechtlichen Ausweisung daher kein "nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht" entgegensteht.
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Aufbereitet am: 22.08.2011
539
Das Kreuz mit den "bisher zuverlässigen" Kanzleimitarbeitern bei der Fristenverwaltung
Leitsätze
Gerade bei einem sprachunkundigen und im Umgang mit Behörden nicht vertrauten Drittstaatsangehörigen wie dem Beschwerdeführer kann nicht von Vornherein davon ausgegangen werden, dass dessen Angaben zum Zustelldatum objektiv richtig sind; diese hätten daher - frühzeitig - einer Überprüfung zugeführt werden müssen. Zusammengefasst hat der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers jedenfalls kein hinreichendes Kontrollsystem gegenüber seinem Kanzleimitarbeiter eingerichtet, sodass im konkreten Fall dessen grobe Fehlleistung bei der Verwaltung der Rechtsmittelfristen ihm voll zuzurechnen war.
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Aufbereitet am: 02.08.2011
538
Bindungswirkung der AsylGH-Entscheidung für BAA im fortgesetzten Verfahren
Leitsätze
Da der AsylGH den Bescheid des BAA mit dem bindenden Auftrag zur neuerlichen Verhandlung behob, erhielt der Asylwerber mit Rechtskraft des zurückverweisenden Erkenntnisses das Recht auf ein bindungsgemäßes verwaltungsbehördliches Verfahren.
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Aufbereitet am: 26.07.2011
537
"Schlichte" Unglaubwürdigkeit rechtfertigt nicht zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung
Leitsätze
I. Vortäuschung von Minderjährigkeit rechtfertigt zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 38 Abs 1 Z 3 AsylG 2005. II. § 38 Abs 1 Z 5 AsylG 2005 erfordert "qualifizierte" Unglaubwürdigkeit; diese setzt aber nicht voraus, dass es weitwendiger Überlegungen oder einer langen Argumentationskette bedarf, um zu erkennen, dass das Vorbringen des Asylwerbers offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht. Eine "schlichte" Unglaubwürdigkeit genügt für die Anwendung dieser Bestimmung nicht.
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Aufbereitet am: 18.07.2011
536
Zum Unterschied von Asyl und Refoulementschutz
Leitsätze
I. Beim Refoulementschutz handelt es sich im Unterschied zum Asyl um einen ursachenunabhängigen Schutz, der über den der GFK zugrunde liegenden Schutzzweck hinausreicht, da im Rahmen dieses - im Völkergewohnheitsrecht fußenden und in Gestalt des § 8 Abs 1 AsylG 2005 auch im gesatzten Recht enthaltenen - Rechtsinstitutes nicht danach gefragt wird, aus welchen Gründen die Verfolgungsgefahren resultieren. II. Zwischen den Begriffen "Subsidiärer Schutz" oder "Non-Refoulementschutz" und "Asyl" bestehen zwar enge Beziehungen, weshalb sich in weiten Bereichen die rechtliche Prüfung überschneidet, der Prüfungsumfang ist aber nicht ident.
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Aufbereitet am: 13.07.2011