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466
Begünstigter Drittstaatsangehöriger: Ohne Feststellung iSd § 54 Abs 7 NAG als aufenthaltsbeendende Maßnahme nur Ausweisung möglich
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 66 Abs 1 FPG und des § 55 Abs 3 NAG erfassen diese Bestimmungen nicht nur den Fall, dass einem betroffenen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht mehr zukommt, sondern ausdrücklich auch den Fall, dass dieses Recht (von vornherein) nicht zukommt bzw besteht, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Maßgeblich ist im vorliegenden Zusammenhang somit nur, dass sich der Mitbeteiligte in Österreich unter potenzieller Inanspruchnahme eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes aufgrund der substanziierten Behauptung, begünstigter Drittstaatsangehöriger zu sein, aufhält. II. Nach der VwGH-Rsp ist ein Drittstaatsangehöriger selbst dann, wenn er eine Aufenthaltsehe eingegangen ist, als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG zu behandeln und demzufolge gegen ihn eine Ausweisung (und keine Rückkehrentscheidung) zu erlassen - jedenfalls, solange keine rechtskräftige Feststellung iSd § 54 Abs 7 NAG vorliegt. III. Lediglich im Fall einer Feststellung gemäß § 54 Abs 7 NAG hat keine Ausweisung nach § 66 FPG zu ergehen, sondern die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG zu erfolgen. In allen anderen Fällen soll es bei der in § 55 Abs 3 NAG iVm § 66 Abs 1 FPG grundgelegten Vorgangsweise bleiben. IV. Gibt es keine bindende feststellende Entscheidung darüber, dass der sich auf ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht berufende Drittstaatsangehörige nicht in dessen Anwendungsbereich fällt, die eben nur für die Fälle des § 54 Abs 7 NAG vorgesehen ist, so ist das von ihm geltend gemachte Vorliegen der Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht (hier: § 52 Abs 1 Z 3 NAG) vom gemäß § 55 Abs 3 NAG von der Niederlassungsbehörde befassten BFA als Vorfrage im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung zu prüfen. V. Die Ausweisung eines Drittstaatsangehörigen setzt nicht voraus, dass ihm bereits eine Aufenthaltskarte ausgestellt wurde.
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467
Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter
LEITSATZ DES GERICHTS: Die Beschwerdeführer werden durch die Zurückweisung einer Maßnahmenbeschwerde im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.
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Pass- oder Personalausweispflicht für eigene Staatsbürger und Verhältnismäßigkeit der Sanktion gegen Zuwiderhandeln
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Es steht den Mitgliedstaaten frei, für Personen, die in einen anderen Mitgliedstaat reisen (Art 4 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 RL 2004/38/EG), die Pflicht zur Mitführung eines Reisepasses oder Personalausweises vorzusehen. II. Die Mitgliedstaaten können gegen die Zuwiderhandlung gegen eine Pass-/Personalausweispflicht Sanktionen vorsehen (Art 36 RL 2004/38/EG). Dabei müssen sie aber den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, insb dem in Art 49 Abs 3 GRC niedergeschriebenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen. III. Die Einreise in einen Mitgliedstaat durch Staatsangehörige desselben unterfällt dem Unionsrecht (wenn auch nicht der RL 2004/38/EG [UnionsbürgerRL]) dann, wenn diese Staatsangehörigen von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht haben. IV. Die Verpflichtung eigener Staatsangehöriger, einen Reisepass oder Personalausweis mitzuführen, stellt keine Voraussetzung (Art 3 Abs 2 4. ZPEMRK), sondern eine Erleichterung für deren Recht auf Einreise dar (bei zulässigen Identitätskontrollen). Solange die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung bei der Ausgestaltung mitgliedstaatlicher Sanktionen eingehalten werden, ist in der Pass-/Personalausweispflicht eine Verletzung des Art 21 AEUV nicht zu erblicken. V. Strafsanktionen müssen gemäß Art 49 Abs 3 GRC verhältnismäßig sein und dürfen nicht über das zur Erreichung des Ziels der Abschreckung Erforderliche hinausgehen. Als unverhältnismäßig in diesem Sinne kann sich ein Tagessatzsystem bei der Festlegung von Geldstrafen erweisen, das für die Bemessung der Tagessatzhöhe stets auf 20 % des monatlichen Nettoeinkommens des Verurteilten abstellt (auch bei Delikten mit minder schwerem Unrechtsgehalt).
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Zur Möglichkeit der Zurückweisung von Anträgen von bereits in Griechenland Schutzberechtigten (§ 4a AsylG)
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Betreffend Griechenland bedarf es auf Grund zahlreicher Schwächen der im Rahmen der Aufnahme gewährten Leistungen einer besonders gründlichen Ermittlung, ob die Außerlandesbringung dorthin für den Betroffenen nicht eine Verletzung von Art 3 EMRK/Art 4 GRC bedeutet. II. Darüber hinaus muss festgestellt werden, dass die von Art 34 RL 2011/95/EU geforderten, über die Inländergleichbehandlung hinausgehenden Integrationsmaßnahmen angeboten werden. III. Bei Lückenhaftigkeit der Sachverhaltsfeststellungen iSd vorgenannten Punkte kann das BVwG von der Ermächtigung des § 21 Abs 3 Satz 2 BFA-VG Gebrauch machen, wenn im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erst mündlich zu verhandeln wäre, um die Feststellungen zu komplettieren. Behebt das BVwG einen asylzurückweisenden Bescheid des BFA gemäß § 21 Abs 3 Satz 2 BFA-VG, so ist das Asylverfahren zugelassen und die Behörde muss den Asylantrag im fortgesetzten Verfahren inhaltlich prüfen. IV. Wird gemäß § 21 Abs 3 Satz 2 BFA-VG vorgegangen, erübrigt sich ein Absprechen über eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung iSd § 17 BFA-VG.
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Subsidiärer Schutz aufgrund fehlender innerstaatlicher Schutzalternativen in Großstädten Afghanistans
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Der Status des Asylberechtigten ist gemäß § 3 Abs 1 AsylG zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist nicht der Fall, wenn der Beschwerdeführer die Gefahr asylrelevanter Verfolgung aus Gründen der Blutrache nicht glaubhaft macht und ferner nicht glaubhaft macht, dass er eine gefestigte vom Islam abgekehrte atheistische innere Überzeugung hätte und diese leben und nach außen tragen würde. II. Auch wenn der Beschwerdeführer schon aufgrund seines langjährigen Auslandsaufenthaltes Gefahr laufen würde, in Afghanistan als "verwestlicht“ und „unislamisch“ angesehen zu werden, ist daraus nicht abzuleiten, dass nun sämtliche Rückkehrer aus dem Westen einer systematischen Gruppenverfolgung ausgesetzt wären. Die bloß entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt für den Asylstatus nicht. III. Der subsidiäre Schutz war zuzuerkennen, da aktuell davon auszugehen ist, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückführung nach Afghanistan eine Verletzung seiner durch Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention geschützten Rechte drohen würde. IV. Da auch das Bestehen einer innerstaatlichen Schutzalternative in Großstädten Afghanistans aufgrund der aktuellen Entwicklungen der Sicherheitslage in Afghanistan nicht mehr angenommen werden kann, war der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuzuerkennen.
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