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416
Vorliegen von Verfolgungsgefahr bei nachträglicher Konversion zu den Zeugen Jehovas
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Wesentliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich durch regelmäßige Gottesdienstbesuche und sonstige Aktivitäten manifestiert, und eine einhergehende Verhaltens- bzw Einstellungsänderung des Konvertiten. II. Eine asylrelevante Verfolgung kann ebenso auf Ereignissen beruhen, die erst nach Verlassen des Herkunftsstaates eingetreten sind (objektive Nachfluchtgründe) bzw auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat (subjektive Nachfluchtgründe). Derartigen Aktivitäten kann Asylrelevanz zukommen, wenn anzunehmen ist, dass diese aufgrund der bestehenden inneren Überzeugung auch bei einer Rückkehr fortgesetzt werden und sich ein Fremder dadurch der realen Gefahr einer Verfolgung aussetzt.
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417
Kein Erlöschen der Rechtsstellung "Daueraufenthalt – EU" auch bei nur geringer Anwesenheit im Unionsgebiet in Zwölf-Monats-Zeiträumen
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Art 9 Abs 1 lit c RL 2003/109/EG ist dahin auszulegen, dass die bestehende Rechtsstellung als langfristig aufenthaltsberechtigter Drittstaatsangehöriger (Art 4 ff leg cit = "Daueraufenthalt – EU" iSd §§ 8 Abs 1 Z 7, 45 NAG) bei Abwesenheiten dieser Drittstaatsangehörigen im Gebiet der EU nicht erlischt, wenn diese weniger als zwölf Monate am Stück betragen. II. An die Unterbrechungszeiträume der Abwesenheit sind keine Qualitätskriterien zu stellen, es reicht also die zwischenzeitige physische Anwesenheit im Unionsgebiet aus. Insb müssen die betroffenen Drittstaatsangehörigen nicht dartun, hier ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen zu haben. III. Anders als oben geschildert (I. und II.) sind nur Sachverhalte zu beurteilen, in denen der betroffene Drittstaatsangehörige Rechtsmissbrauch begangen hat. In der überwiegenden Abwesenheit aus dem Unionsgebiet alleine ist ein solcher allerdings nicht zu erblicken.
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418
Relevanz von Art und Schwere von Straftaten sowie dem Persönlichkeitsbild von Straftätern bei Erstellung der Gefährdungsprognose zur Rechtfertigung eines Aufenthaltsverbots
LEITSATZ DES GERICHTS: Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer bestehenden Verurteilung des Fremden abzustellen, sondern auf die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten sowie das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild.
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Subsidiärer Schutz wegen instabilem (psychischen) Gesundheitszustand und möglicher Suizidgefährdung
LEITSATZ DES GERICHTS: Bei der Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist es nicht ausreichend, den Eintritt künftiger Ereignisse nicht ausschließen zu können. Im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat muss die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung drohen; deren Bejahung bedarf auch entsprechender Feststellungen.
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Unionsrechtliche Beurteilung des Widerrufs der Einbürgerungszusicherung (§ 20 Abs 2 StbG) gegenüber einer nunmehr staatenlosen vormaligen Unionsbürgerin
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Die (Nicht-)Verleihung oder Entziehung der Staatsangehörigkeit fällt in die Regelungs- und Vollziehungskompetenz der Mitgliedstaaten und nicht in jene der EU. II. Der Sachverhalt, dass ein Unionsbürger staatenlos wird, weil er sich im Vertrauen auf eine Einbürgerungszusicherung des Aufnahmemitgliedstaats in seinem Herkunftsmitgliedstaat ausbürgern lässt, diese Zusage in der Folge aber widerrufen wird und die Einbürgerung des nunmehr Staatenlosen nicht erfolgt, unterfällt dem Unionsrecht. Dies ist dogmatisch in der Binnenlogik der Art 20 ff AEUV begründet, welche die schrittweise Integration Freizügigkeitsberechtigter im Aufnahmemitgliedstaat fördern. III. Trotzdem auch der Herkunftsmitgliedstaat die für den betroffenen Staatenlosen unbillige Situation (siehe oben II.) durch staatsangehörigkeitsrechtliche Vorkehrungen vermeiden könnte, liegt die Hauptverantwortung beim Aufnahmemitgliedstaat. IV. Das von der österreichischen Rechtsordnung verfolgte Ziel des Hintanhaltens von Doppelstaatsangehörigkeiten, wie es vor allem in der Regelung zur bedingten Einbürgerungszusicherung (§ 20 StbG), aber auch in § 10 Abs 3 StbG zum Ausdruck kommt, stellt ein legitimes Interesse im Lichte des einschlägigen Völkerrechts dar. V. Der Widerruf einer Einbürgerungszusage gegenüber einem nunmehr staatenlosen vormaligen Unionsbürger ist auf seine Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Dabei ist die individuelle Situation des Betroffenen zu würdigen und sind die Vorgaben insb von Art 7 und 24 Abs 2 GRC besonders zu berücksichtigen. VI. Ein Widerruf einer Einbürgerungszusage gegenüber einem nunmehr staatenlosen vormaligen Unionsbürger erscheint insb dann unverhältnismäßig, wenn die diesem attestierte Gefährlichkeit bloß auf zwei verkehrsrechtliche Verwaltungsübertretungen gestützt werden kann, derentwegen nicht einmal ein Entzug der Lenkerberechtigung erfolgte, der Betroffene umgekehrt aber erst nach acht Jahren den Unionsbürgerstatus zurückerlangen kann.
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