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351
Gefahr der Verfolgung eines in der Schweiz zum Christentum konvertierten Muslims im Fall seiner Abschiebung nach Pakistan
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Angesichts des absoluten Charakters des von Art 3 EMRK garantierten Rechts und mit Blick auf die Situation der Verwundbarkeit, in der sich Asylwerber oftmals befinden, sind die Behörden verpflichtet, das mit einer Abschiebung einhergehende Risiko einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung von Amts wegen zu beurteilen. II. Ein im Asylverfahren vorgebrachter Glaubenswechsel muss von den Behörden berücksichtigt werden. Wenn sie ihn als ausreichend aufrichtig, schlüssig und ernsthaft ansehen, müssen sie beurteilen, welches Risiko im Fall einer Abschiebung aufgrund der Konvertierung besteht. III. In Pakistan besteht für Personen, die vom Islam zu einer anderen Religion konvertiert sind, ein "doppeltes" Risiko insofern, als sie nun einerseits einer religiösen Minderheit angehören und man ihnen andererseits vorwerfen kann, der islamischen Religion abgeschworen zu haben. Aufgrund der internationalen Berichte über schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen an konvertierten Rückkehrern müssen die Behörden vor dem Hintergrund dieser allgemeinen Situation genau beurteilen, ob aufgrund der konkreten Umstände im Einzelfall die Gefahr einer gegen Art 2 oder Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung besteht.
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352
Verbot der Verlängerung von Grenzkontrollen zu Slowenien bei gleichbleibender Bedrohung der öffentlichen Sicherheit
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Die in Art 25 VO (EU) 2016/399 enthaltene Ermächtigung, aus Anlass einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung eines Mitgliedstaates wieder Binnengrenzkontrollen einzuführen, ist strikt mit sechs Monaten im Gesamten limitiert. Lediglich dann, wenn eine neue tatbildliche Bedrohung in Erscheinung tritt, kann der Mitgliedstaat die Fristen des Art 25 neuerlich in Gang setzen. Stets muss der Mitgliedstaat hierbei die Verfahrensvorschriften der Art 26 bis 28 VO (EU) 2016/399 beachten. II. Für den Fall außergewöhnlicher Umstände, während derer eine Abwesenheit von Kontrollen das Funktionieren des Schengenraums insgesamt gefährden würde, gilt für Binnengrenzkontrollen eine Höchstfrist von zwei Jahren (Art 29 VO [EU] 2016/399). III. Eine Rechtfertigung für Binnengrenzkontrollen, die die genannten Höchstfristen überdauern, kann auch nicht primärrechtlich in Art 72 AEUV gesehen werden. Denn diese Bestimmung, derzufolge die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit für den Schutz der inneren Sicherheit und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung behalten, ermächtigt nicht so ohne Weiteres zum Abgehen von Unionsrecht. IV. Die österreichischen Binnengrenzkontrollen zu Slowenien erweisen sich demnach spätestens seit Herbst 2017 (zwei Jahre nach ihrer Einführung) als rechtswidrig. V. Der Vorwurf der Unionsrechtswidrigkeit ist auch § 24 Abs 1 Z 1 PassG zu machen, der die Einreise ohne ein Reisedokument (§ 2 Abs 1 PassG) mit einer Verwaltungsstrafe bedroht, ohne aber nach der (Unions-) Rechtskonformität der jeweiligen Grenzkontrolle zu differenzieren.
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353
Keine freie Wahl des Aufenthaltsstaates unter Berufung auf das Kindeswohl
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Bei der Beurteilung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG ist unter Bedachtnahme aller Umstände des Einzelfalls sowie unter Interessenabwägung eine Gesamtbetrachtung des Sachverhalts vorzunehmen. II. Gemäß Judikatur des EGMR garantiert die EMRK Fremden nicht das Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Land und sind die Konventionsstaaten allgemein nicht verpflichtet, die Wahl des Aufenthaltslandes durch Einwanderer zu respektieren und auf ihrem Territorium die Familienzusammenführung zu gestatten. III. Sowohl der EGMR als auch der VfGH stellen in ihrer Rsp darauf ab, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die betroffenen Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart sei, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher ist. IV. Auch wenn dem Kindeswohl ein hoher Stellenwert zukommt, kann die Berücksichtigung des Kindeswohls nicht so weit gehen, dass Beschwerdeführer im Wissen um ihren unsicheren Aufenthalt den bevorzugten Mitgliedstaat frei wählen können.
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354
Unzulänglichkeit einer pauschalen Begründung zur Versorgungslage in Griechenland
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Im Rahmen eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems muss die Vermutung gelten, dass die Behandlung von Personen, die internationalen Schutz beantragen, in jedem Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der Charta, der GFK und der EMRK stehe. Diese Sicherheitsvermutung kann jedoch im Einzelfall widerlegt werden. II. Allfällige festgestellte systemische bzw allgemeine Schwachstellen sind dann von Relevanz, wenn sie eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen würden.
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355
Kein Anlass zum Selbsteintritt bei bloß unsubstanziierten Behauptungen im Dublinverfahren
LEITSATZ DES GERICHTS: Eine bloß unbelegte Behauptung eines Beschwerdeführers, dass nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden könne, dass er im Rahmen der Überstellung in den nach der Dublin III-VO zuständigen Staat ein Asylverfahren nach europäischen Standards und ausreichende Versorgung erhalten würde, ist nicht dazu geeignet, die Länderberichte in Zweifel zu ziehen.
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