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326
Zuerkennung subsidiärer Schutzberechtigung wegen außergewöhnlicher Umstände, die einer Außerlandesbringung entgegenstehen
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Außergewöhnliche Umstände, welche einer Außerlandesbringung gemäß den Vorgaben des § 8 Abs 1 AsylG widersprechen würden, liegen etwa unter Berücksichtigung der allgemeinen Situation im betreffenden Staat (hier: Äthiopien) vor, wenn die fremde Person als alleinstehende Frau ohne soziale Anknüpfungspunkte individuell deutlich schlechter gestellt, vulnerabler und schutzbedürftiger als die übrige Bevölkerung ihrer Heimatstadt ist und im Falle der Rückkehr auch keine staatliche Unterstützung erhält. II. Obwohl es Frauen im betreffenden Staat (hier: Äthiopien) nicht möglich ist, ein diskriminierungsfreies Leben zu führen und Frauen beispielsweise von Benachteiligung und Gewalt betroffen sind, kann aus dem bloßen Umstand, dass es sich bei der betroffenen Person um eine alleinstehende Frau handelt, keine asylrelevante Verfolgung abgeleitet werden. Da die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr in einer ausweglosen Situation wäre und Gefahr liefe, ihre existenziellen Grundbedürfnisse nicht decken zu können, liegen außergewöhnliche Umstände vor, welche den Status der subsidiär Schutzberechtigten nach sich ziehen.
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327
Unionsbürgerschaft: Totalverlust des kommunalen Wahlrechts nach "Brexit"
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Mit dem Inkrafttreten des Austrittabkommens (ABl L 2000/29, 7) zwischen der EU und Großbritannien (1.2.2020, siehe auch Art 50 Abs 3 EUV) verloren britische Staatsangehörige sämtliche Unionsbürgerrechte iSd Art 20 ff AEUV, mithin auch das kommunale Wahlrecht in den Mitgliedstaaten (Art 20 Abs 2 lit b, 22 AEUV). Eine Ausübung des Freizügigkeitsrechts vor dem Brexit ändert daran nichts. II. Dies (I.) gilt auch für jene britischen Staatsangehörigen, die im Unionsgebiet niedergelassen sind und auch im Herkunftsstaat nicht mehr wählen dürfen. III. Jene stRsp des EuGH, wonach dem Verlust des Unionsbürgerstatus eine Verhältnismäßigkeitsprüfung voranzugehen hat, ist auf den "Brexit" nicht übertragbar, beruht dieser doch auf dem souveränen Entschluss des vormaligen Mitgliedstaates und nunmehrigen Drittstaates Großbritannien. IV. Den Mitgliedstaaten bleibt es unbenommen, nach den Bedingungen ihres nationalen Rechts Drittstaatsangehörigen Wahlrechte einzuräumen. V. Wird der EuGH im Wege des Vorabentscheidungsersuchens (Art 267 AEUV) mit Fragen der Gültigkeit von die Union bindenden völkerrechtlichen Verträgen im Lichte des Primärrechts konfrontiert, so deutet er diese Fragen anders: Er prüft die Primärrechtskonformität des Aktes, mit dem die zuständigen Unionsorgane diesen Vertrag angenommen haben. VI. Es bestehen keine primärrechtlichen Bedenken hinsichtlich des Beschlusses (EU) 2020/135, mit dem der Rat das Austrittsabkommen angenommen hat.
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328
Keine Abschiebung trotz Straffälligkeit bei langer Aufenthaltsdauer und positiver Zukunftsprognose
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden Aufenthalt iVm dem Vorliegen von integrationsbegründenden Aspekten einer fremden Person im Bundesgebiet ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. II. Bedauert eine verurteilte Person ihre Taten und absolviert sie eine entsprechende Therapie, so ist folglich die Gefahr der Begehung von Wiederholungstaten erheblich gemindert. In der Gesamtbetrachtung des Lebenswandels der fremden Person kann die Erstellung einer positiven Zukunftsprognose gerechtfertigt sein.
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329
Zu den Voraussetzungen der (Nicht-)Aufhebung bzw (Nicht-)Verkürzung eines Einreiseverbots
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Kann die fremde Person ihrer Ausreiseverpflichtung nicht freiwillig nachkommen, da sie sich etwa in Straf- oder Schubhaft befindet, so hat die Person selbst diesen Umstand verschuldet. Folglich kann die Voraussetzung der "Freiwilligkeit" im Falle einer beantragten Verkürzung eines Einreiseverbots nach § 60 Abs 2 FPG von Vornherein nicht erfüllt werden, weshalb eine allfällige Verkürzung der Dauer des Einreiseverbots nicht möglich ist. II. Ist eine Verkürzung oder Aufhebung eines Einreiseverbots aufgrund des Nichtvorliegens der hierfür notwendigen Voraussetzungen nicht möglich, so kann bei Vorliegen zwingender Gründe des Art 8 EMRK im Wege der Antragstellung nach § 55 AsylG die Gegenstandslosigkeit des Einreiseverbots für die fremde Person erwirkt werden. III. Für die Verkürzung eines Einreiseverbots ist der Zeitraum, der nach der Ausreise im Ausland verbracht wurde, maßgeblich. Die fremde Person muss nach der fristgerechten Ausreise einen Zeitraum von mehr als der Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbots im Ausland verbringen. Liegt diese Voraussetzung (neben jener der freiwilligen Ausreise) nicht vor, so erübrigt sich eine inhaltliche Prüfung, ob es zu einer Änderung jener Umstände gekommen ist, die für die Erlassung des seinerzeitigen Einreiseverbots maßgeblich waren.
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Auflagen nach § 56 FPG dürfen bloß während der Frist zur freiwilligen Ausreise gesetzt werden
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Für die Weitergeltung von Auflagen (§ 56 FPG) nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise wird einerseits vorausgesetzt, dass diese bereits während des Fristenlaufs gesetzt wurden. Andererseits muss zumindest ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem ungenützten Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise und der Festsetzung der Auflagen bestehen. Wird nach dem ungenützten Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise mit der Festsetzung von Auflagen gemäß § 56 FPG mehrere Monate zugewartet, so kommt weder eine Weitergeltung der Auflagen in Betracht noch ist der erforderliche zeitliche Konnex gegeben. II. Die Festsetzung von Auflagen iSd § 56 FPG darf nur erfolgen, wenn ein Interesse betreffend die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit besteht oder Auflagen zur Vermeidung von Fluchtgefahr geboten sind. Entspricht die Auflage keiner der angeführten Voraussetzungen, so ist diese als unverhältnismäßig zu qualifizieren. III. Da sich aus Art 7 Abs 3 RückführungsRL die Festlegung von Verpflichtungen bloß während der Dauer der freiwilligen Ausreisefrist und zur Vermeidung von Fluchtgefahr ergibt, kann aus ihrem Wortlaut nicht abgeleitet werden, dass die Mitgliedstaaten zur Festlegung solcher Verpflichtungen auch zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ermächtigt werden, zumal der Begriff "Fluchtgefahr" nicht mit jenem der "Gefahr für die öffentliche Ordnung" gleichzusetzen ist. Damit bestehen Zweifel an der Vereinbarkeit des § 56 FPG mit den in der RückführungsRL festgesetzten unionsrechtlichen Vorgaben.
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