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Verletzung der Mitwirkungspflicht hinsichtlich der Beseitigung von Ausreise- bzw Abschiebungshindernissen steht einer Duldung entgegen
LEITSATZ DES GERICHTS: Es ist grundsätzlich gerechtfertigt, die Voraussetzungen für eine Duldung gemäß § 46a Abs 1 Z 3 FPG als nicht gegeben anzusehen, wenn der Fremde der sich aus § 46 Abs 2 FPG ergebenden Verpflichtung, das Ausreise- und/oder Abschiebehindernis in Form des Fehlens eines gültigen Reisedokumentes aus eigenem zu beseitigen, nicht nachgekommen ist.
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Mangelhafte Interessenabwägung iZm eingeschränkter Kommunikationsmöglichkeit von Kleinkindern
LEITSATZ DES GERICHTS: Die Aufrechterhaltung des Kontakts mittels moderner Kommunikationsmittel mit einem - wie im gegenständlichen Fall rund dreieinhalbjährigen - Kleinkind und einem Säugling von rund acht Monaten ist kaum bzw nicht möglich. Dem Vater eines Kindes (und umgekehrt) kommt grundsätzlich das Recht auf persönlichen Kontakt zu.
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Zulassung zum Studium ersetzt nicht allgemeine Erteilungsvoraussetzungen
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Die (aufrechte) Zulassung zum Studium stellt zwar eine besondere Erteilungsvoraussetzung für die beantragte Aufenthaltsbewilligung für Studierende nach § 64 NAG dar. Zusätzlich bedarf es jedoch gemäß § 64 Abs 1 Z 1 NAG auch der Erfüllung der (allgemeinen) Erteilungsvoraussetzungen des ersten Teils (mit Ausnahme des § 11 Abs 2 Z 2 NAG). II. Das Erteilungshindernis des § 11 Abs 1 Z 5 NAG ist selbst dann verwirklicht, wenn nach rechtmäßiger Antragstellung im Inland zunächst der Zeitraum des sichtvermerkfreien Aufenthalts überschritten wurde, in der Folge jedoch eine Ausreise stattfand und daher (insb) im Entscheidungszeitpunkt ein Zuwiderhandeln nicht mehr vorlag. Umso mehr ist es verwirklicht, wenn das Überschreiten des sichtvermerkfreien Aufenthalts noch im Entscheidungszeitpunkt fortdauerte. III. Mit dem Verweis auf die RL (EU) 2016/801 (insb Art 7 Abs 4) ist nichts zu gewinnen, zumal der Revisionswerber demnach den Antrag zwar zulässigerweise im Inland stellen durfte, sich nach dem Ablauf der visumfreien Zeit aber nach dem insoweit maßgeblichen nationalen Recht nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt, sondern das Erteilungshindernis des § 11 Abs 1 Z 5 NAG verwirklichte.
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Anhaltung minderjähriger Kinder mit ihrer Mutter in Schubhaft ohne ausreichende Grundlage im innerstaatlichen Recht
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Jede Freiheitsentziehung muss rechtmäßig sein, also eine Grundlage im nationalen Recht haben und dieser entsprechen. Zudem darf eine Freiheitsentziehung nicht willkürlich sein. Sie muss daher in gutem Glauben erfolgen und in engem Zusammenhang zum verfolgten Ziel stehen. Außerdem darf ihre Dauer nicht das Maß des unbedingt Notwendigen überschreiten. II. Die Anhaltung Minderjähriger mit ihrer Mutter in Schubhaft ohne einer eigenen, sich auf die Kinder beziehenden Entscheidung ist unvereinbar mit Art 5 Abs 1 EMRK. Es reicht nicht aus, wenn die Behörden in der Anordnung der Schubhaft lediglich erwähnen, dass die Mutter von ihren Kindern begleitet wird, ohne dass diese Gegenstand der Entscheidung sind. III. Die Anhaltung von Kindern, die ihre Eltern in die Schubhaft begleiten, ist nur dann mit Art 5 Abs 1 lit f EMRK vereinbar, wenn keine gelinderen Mittel zur Verfügung stehen. IV. Die Anhaltung junger Kinder unter Bedingungen, die für sie nicht angemessen sind, verletzt Art 5 Abs 1 EMRK. Dabei ist unerheblich, ob die Kinder von ihren Eltern begleitet werden.
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Unzureichende Ermittlungen zur Klärung der Ursachen für ein tödliches Feuer in Polizeistation, bei dem drei Migranten starben
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Da sich Personen in Haft in einer besonders verletzlichen Situation befinden, trifft die Behörden eine Verpflichtung, sich um sie zu kümmern. Stirbt eine Person unter ungeklärten Umständen in Haft, wirft dies die Frage auf, ob der Staat seiner Verpflichtung nachgekommen ist, das Recht auf Leben dieser Person zu schützen. Allerdings darf diese Verpflichtung nicht so ausgelegt werden, dass den Behörden eine unverhältnismäßige oder nicht zu erfüllende Bürde auferlegt wird. Nicht jede behauptete Lebensgefahr kann daher das Ergreifen operativer Maßnahmen zur Verhinderung ihres Eintretens erfordern. II. Eine positive Verpflichtung zum Schutz des Lebens besteht, wenn die Behörden vom Bestehen einer realen und unmittelbaren Lebensgefahr wissen oder wissen müssten. Doch selbst wenn keine solchen Informationen vorliegen, müssen Polizisten und Strafvollzugsbeamte gewisse grundlegende Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, um ein mögliches Risiko für die Gesundheit und das Wohlergehen von inhaftierten Personen zu gewährleisten. Dies verlangt insb eine gründliche Personendurchsuchung vor der Verbringung in eine Zelle, bei der gefährliche Gegenstände wie Feuerzeuge abgenommen werden müssen. III. Eine Verletzung der positiven Verpflichtungen, das Recht auf Leben inhaftierter Personen zu schützen, kann sich auch aus unzureichenden baulichen, technischen und organisatorischen Brandschutzvorkehrungen ergeben. IV. Wenn eine Person unter Umständen stirbt, die möglicherweise eine Verantwortlichkeit des Staates begründen, muss der Staat eine angemessene Untersuchung durchführen. Die Untersuchungsbehörden müssen unabhängig sein und ein rasches, sorgfältiges und effizientes Verfahren durchführen. Im Zuge der Ermittlungen müssen über die persönliche Verantwortung einzelner Beamter auch mögliche strukturelle oder institutionelle Versäumnisse geklärt werden.
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