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956
Keine Rechtfertigung der Aberkennung des subsidiären Schutzstatus bei im Wesentlichen unverändertem Sachverhalt
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Der subsidiäre Schutzstatus entfällt, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße geändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist. II. Für eine grundlegende und dauerhafte Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland ist keineswegs ausreichend, dass sich die Gegebenheiten zwischenzeitig lediglich wesentlich gebessert haben und darauf basierend keine reale Gefahr besteht. III. Zur Aberkennung des Status des subsidiären Schutzes muss vielmehr eine entsprechende Nachhaltigkeit der positiven Veränderungen im Herkunftsland gewährleistet sein.
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957
Die bloße Tatsache einer strafgerichtlichen Verurteilung begründet für sich allein nicht die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes – Notwendigkeit der Erstellung einer konkreten Gefährdungsprognose
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. II. Hierbei ist auf das persönliche Verhalten des Fremden, insb die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Die bloße Tatsache der Verurteilung bzw Bestrafung des Fremden allein kann nicht ohne Weiteres die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes begründen.
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958
Erhalt der Selbstständigeneigenschaft für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht auch bei schwangerschaftsbedingter kurzfristiger Unterbrechung der Tätigkeit
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Eine in einem anderen Mitgliedstaat aufhältige und dort selbstständig erwerbstätige Unionsbürgerin behält diese Eigenschaft iSd Art 7 Abs 3 RL 2004/38/EG auch dann, wenn sie in der Spätphase der Schwangerschaft diese Tätigkeit unterbricht und nach einer angemessenen Zeitspanne nach der Geburt die Tätigkeit wieder aufnimmt. II. Die zu Art 45 AEUV ergangene Rsp zu Arbeitnehmerinnen in einer vergleichbaren Situation (vor allem EuGH 19.6.2014, C-507/12 [Saint Prix] ECLI:EU:C:2014:2007) ist auf Selbstständige iSd Art 49 AEUV vollumfänglich übertragbar.
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§ 67 FPG: Aufenthaltsverbot setzt Inlandsaufenthalt voraus
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Die Bestimmung des § 67 FPG erfasst gemäß ihrem Abs 1 zunächst "unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger". Unter "unionsrechtlichem Aufenthaltsrecht" ist nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs 4 Z 15 FPG das auf Grund der Freizügigkeits-RL 2004/38/EG gewährte Recht eines EWR-Bürgers, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, zu verstehen. In der ab 1. Jänner 2006 geltenden Stammfassung der inhaltlich entsprechenden Vorgängerregelung des § 67 FPG, nämlich § 86 FPG, war zwar noch der Begriff "freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger" verwendet worden. Zu dieser missverständlichen Formulierung hatte aber schon der VfGH im Erkenntnis VfGH 13.10.2007, B 1462/06, VfSlg 18.269, festgehalten, es wird darauf abgestellt, ob der EWR-Bürger einen grenzüberschreitenden Freizügigkeitssachverhalt iSd Art 18 und 39 ff EG in Österreich verwirklicht hat. Vor diesem Hintergrund wurde dann § 86 Abs 1 FPG in der ab 1. Jänner 2010 geltenden Fassung des FrÄG 2009 dahin geändert, dass nach dieser Bestimmung ein Aufenthaltsverbot (unter anderem) gegen "gemeinschaftsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger" erlassen werden kann. Dem entspricht der seit 1. Juli 2011 die Voraussetzungen für ein Aufenthaltsverbot (unter anderem) gegen "unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger" umschreibende § 67 FPG. II. Die im 4. Hauptstück des NAG enthaltenen Bestimmungen der §§ 51 bis 56 NAG regeln (unter anderem) das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern von mehr als drei Monaten und deren Daueraufenthaltsrecht. Diese Normen finden gemäß § 57 NAG auch auf Schweizer Bürger Anwendung, die das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben. Die demzufolge im NAG im Wege des § 57 vorgenommene Gleichbehandlung von in Österreich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern mit in Österreich auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz aufenthaltsberechtigten Schweizer Bürgern findet vice versa auch bei den im FPG für diesen Personenkreis vorgesehenen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ihren Niederschlag. Daher ist - analog zum "unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger" - unter dem Begriff "Schweizer Bürger" in § 67 Abs 1 und 3 Z 3 FPG ein "in Österreich auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz aufenthaltsberechtigter Schweizer Bürger" zu verstehen (vgl ErläutRV zum FrÄG 2009, 330 BlgNR 24. GP 27 f, betreffend die Begriffsbestimmungen des § 2 Abs 4 Z 15 sowie Z 18 und Z 19 FPG, aus denen sich ergibt, dass die Freizügigkeits-RL und das Freizügigkeitsabkommen EG-Schweiz die maßgeblichen Rechtsgrundlagen für das "gemeinschaftsrechtliche" - nunmehr: "unionsrechtliche" - Aufenthaltsrecht der EWR-Bürger bzw der Schweizer Bürger darstellen). III. Die Anknüpfung an ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in der Überschrift zum 4. Abschnitt des 8. Hauptstücks des FPG ist schon deshalb zu eng, weil die in § 66 FPG geregelte Ausweisung gerade zur Voraussetzung hat, dass das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt. Aber auch ein Aufenthaltsverbot nach § 67 FPG kann gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige erlassen werden, wenn ihnen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht (mehr) zukommt. Insoweit ist auch der Wortlaut des § 67 FPG zu eng. Maßgeblich ist vielmehr, dass sich der EWR-Bürger oder Schweizer Bürger unter potentieller Inanspruchnahme seines unionsrechtlichen Freizügigkeitsrechtes in Österreich aufhält oder aufgehalten hat. IV. Art 27 und 28 der Freizügigkeits-RL wurden mit den §§ 66 und 67 FPG in nationales Recht umgesetzt, weshalb die genannten Bestimmungen vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Vorgaben der Freizügigkeits-RL zu verstehen sind. V. Ein Fall, in dem sich der Unionsbürger nicht iSd Art 3 Abs 1 der Freizügigkeits-RL in einen anderen Mitgliedstaat begeben oder sich dort aufgehalten hat, unterliegt nicht dieser Richtlinie. Auf einen Unionsbürger, der noch nie von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat und sich stets in dem Mitgliedstaat aufgehalten hat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, ist die Freizügigkeits-RL nicht anwendbar (vgl EuGH 5.5.2011, C-434/09, McCarthy). Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass der nationale Gesetzgeber darüber hinausgehen wollte. Demnach unterfallen auch dem § 67 FPG nur EWR-Bürger, die auf Basis der Freizügigkeits-RL ihr Freizügigkeitsrecht potentiell ausüben oder ausgeübt haben und sich dementsprechend im österreichischen Bundesgebiet aufhalten oder aufgehalten haben. Das gilt sinngemäß für Schweizer Bürger in Bezug auf das Freizügigkeitsabkommen EG-Schweiz. VI. Der Gesetzgeber hat bei der Normierung der Voraussetzungen für ein Aufenthaltsverbot nur Fälle vor Augen gehabt, in denen sich Unionsbürger bzw Schweizer Bürger auf Basis der jeweiligen unionsrechtlichen Grundlage in Österreich aufhalten oder aufgehalten haben. Dies wird durch § 67 Abs 4 zweiter Satz FPG untermauert, wonach die Frist des Aufenthaltsverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise beginnt. In die gleiche Richtung, nämlich einen Aufenthalt in Österreich bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes unterstellend, deutet auch § 70 Abs 1 und 3 FPG. VII. Bei Vorliegen einer Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit iSd Art 27 der Freizügigkeits-RL kann ein EWR-Bürger bzw Schweizer Bürger gemäß § 41a Abs 1 Z 5 FPG zurückgewiesen oder, wenn er sich schon im Bundesgebiet befindet, mit einer Ausweisung nach § 66 FPG oder einem Aufenthaltsverbot nach § 67 FPG belegt werden. Implizit wurde damit schon zum Ausdruck gebracht, erst nach der Einreise des Fremden nach Österreich kommt die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in Betracht. Bei einer Ausweisung nach § 66 FPG war das Vorliegen eines Inlandsaufenthalts als Voraussetzung für deren Erlassung ohnehin nie strittig. Ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG beinhaltet auch eine Ausweisungsentscheidung iSd Freizügigkeits-RL. VIII. Aufenthaltsverbote nach § 67 FPG knüpfen tatbestandsmäßig nicht an einen (aktuellen) Inlandsaufenthalt an und sind somit auch dann möglich, wenn sich der betreffende Fremde (schon) im Ausland befindet. Mit dieser Formulierung sollte aber keinesfalls zum Ausdruck gebracht werden, Aufenthaltsverbote nach § 67 FPG könnten auch dann erlassen werden, wenn sich der Fremde überhaupt noch nie in Österreich aufgehalten hatte.
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Ermittlungspflicht der Behörde besteht auch bei bloß aufgezeigten Verdachtsmomenten hinsichtlich des Bestehens von Fluchtgründen
LEITSATZ DES GERICHTS: Sofern sich im Rahmen des Verfahrens Verdachtsmomente hinsichtlich des Bestehens von Fluchtgründen ergeben, ist die Behörde zu weiteren Ermittlungstätigkeiten verpflichtet. Dies gilt auch, wenn die seitens des Antragstellers geäußerten Umstände nicht dezidiert als Fluchtgründe bezeichnet wurden.
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