Leitsätze
1491
Ausschluss subsidiär Schutzberechtigter von Leistungen nach dem NÖ MSG
Leitsätze
Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Ausschluss subsidiär Schutzberechtigter von Leistungen nach dem NÖ MindestsicherungsG angesichts der Leistungen aus der Grundversorgung.
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Entscheidungsdatum: 28.06.2017
Aufbereitet am: 03.08.2017
1490
Verfolgungsgefahr wegen exilpolitischer Aktivitäten eines Mitglieds einer sudanesischen Rebellengruppe
Leitsätze
I. Die allgemeine Menschenrechtslage im Sudan ist nach wie vor alarmierend. Individuen, die der Unterstützung von Rebellengruppen verdächtigt werden, laufen Gefahr, von den sudanesischen Behörden festgenommen, angehalten und gefoltert zu werden. Diese Gefahr besteht nicht nur für Personen mit ausgeprägtem Profil, sondern für alle, die sich dem herrschenden Regime widersetzen oder in einem entsprechenden Verdacht stehen. Das sudanesische Regime überwacht die Aktivitäten seiner politischen Gegner im Ausland, allerdings gehen die Geheimdienste dabei nicht systematisch vor. II. Zur Beurteilung, ob Einzelpersonen im Fall der Abschiebung in den Sudan aufgrund ihrer politischen Aktivitäten im Exil der Gefahr von Misshandlung oder Folter unterliegen, müssen insb die folgenden Faktoren berücksichtigt werden: das eventuelle Interesse der sudanesischen Behörden an diesen Individuen in der Vergangenheit, sei es im Sudan oder im Ausland; die Zugehörigkeit dieser Individuen zu einer Organisation im Sudan, die sich dem herrschenden Regime widersetzt, und die Natur dieser Organisation; die Zugehörigkeit zu einer oppositionellen Organisation in ihrem Aufenthaltsstaat, deren Natur und das Ausmaß, in welchem sie der Regierung als Zielscheibe dient; die Natur des politischen Engagements dieser Individuen in ihrem Aufenthaltsstaat, insbesondere ihre Teilnahme an öffentlichen Versammlungen und Demonstrationen und ihre Internetaktivitäten; ihre persönlichen oder familiären Verbindungen mit führenden Mitgliedern der Opposition im Exil. III. Ein exilpolitisches Engagement, das darin besteht, wöchentliche Sitzungen einer Rebellenbewegung im Ausland zu organisieren, regelmäßig an Veranstaltungen und internationalen Konferenzen teilzunehmen und sich in den Medien kritisch zu äußern, kann die Aufmerksamkeit der sudanesischen Geheimdienste erregen und ist daher geeignet, eine Misshandlungsgefahr im Fall der Rückkehr in den Sudan zu begründen.
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Entscheidungsdatum: 30.05.2017
Aufbereitet am: 02.08.2017
1489
Aufenthaltsverbot gegen einen integrierten jugendlichen Migranten wegen wiederholter schwerer Straftaten
Leitsätze
I. Ein Aufenthaltsverbot begründet einen Eingriff in das Privat- und Familienleben eines niedergelassenen Migranten, dessen Familie ebenfalls in seinem Aufenthaltsstaat lebt. II. Wiederholte Straftaten, die sich durch ein hohes Maß an Gewalttätigkeit auszeichnen, können, auch wenn sie von einem Minderjährigen begangen werden, nicht als bloße Jugenddelinquenz abgetan werden. Sie stellen eine ernste Bedrohung der öffentlichen Ordnung dar und begründen ein entsprechend schwerwiegendes Interesse an einer Ausweisung. III. Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit eines Aufenthaltsverbots ist auch dessen Dauer zu berücksichtigen.
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Entscheidungsdatum: 01.06.2017
Aufbereitet am: 01.08.2017
1488
Die "Attitüde eines (faktischen) Entscheiders" - Kompetenzüberschreitung eines Mediziners im Zuge der Altersbegutachtung
Leitsätze
I. Das vom BFA beauftragte Altersgutachten wurde von einem Allgemeinmediziner erstellt und nicht - wie in vielen anderen Fällen - durch eine Zusammenarbeit mehrerer Fachärzte, deren Gutachten sich eine deutlich größere Zurückhaltung bei der Berechnung des "Mindestalters" entnehmen lässt. Diese auch in der Beschwerde vorgebrachte nachvollziehbare methodologische Kritik am gegenständlichen Gutachten kann zwar die zugrunde gelegte Methodik nicht grundsätzlich in Frage stellen, entscheidend ist aber in diesem Zusammenhang der Umgang mit den statistischen Schwankungsbreiten. II. Auch bei Vorliegen eines Altersgutachtens hat die Behörde sonstige Beweismittel entsprechend zu würdigen (hier: Altersangaben in der jeweils vorgelegten Tazkira des Beschwerdeführers sowie seines Bruders sowie widerspruchsfreie Angaben beider in den jeweiligen Verfahren). III. Dem BFA steht es grundsätzlich nicht frei, iZm dem Alter von zwei oder mehreren Personen Feststellungen zu treffen, die entweder einer nicht in Zweifel gezogenen Altersreihenfolge widersprechen (hier: aus einem anderen Verfahren bekannter, ca drei Jahre älterer Bruder des Beschwerdeführers) oder medizinisch-biologisch denkunmöglich sind (hier: angenommenes Geburtsdatum des Beschwerdeführers, wonach dieser fünf Tage älter wäre als sein älterer Bruder). Das BFA hätte sich vielmehr entscheiden müssen, welche Altersfeststellung von welcher Person in Zweifel gezogen wird, und ein Gegengutachten einholen müssen oder - im vorliegenden Fall idealerweise - von beiden Brüdern durch die gleiche Institution bzw die gleichen Mediziner das jeweilige Alter feststellen lassen müssen. IV. Der Gutachter vermeint in einer ergänzenden Stellungnahme, der Dreijahresunterschied des Beschwerdeführers zum älteren Bruder ginge sich aufgrund der Schwankungsbreiten problemlos aus, und empfiehlt, die Behörde möge "für den weiteren Verfahrenslauf" ein dem entsprechendes Geburtsdatum XXXX für den Bruder annehmen. Es steht einem Gutachter aber nicht zu, sein Untersuchungsergebnis dadurch mit einem widersprechenden Gutachten in Einklang zu bringen, dass er ohne schlüssige Begründung - lediglich mit dem Verweis auf Schwankungsbreiten - aus dem dortigen Untersuchungsergebnis andere Ergebnisse herleitet als der Ersteller dieses Gutachtens. Das Geburtsdatum des Bruders des Beschwerdeführers war zu diesem Zeitpunkt auch keine verhandelbare Variable oder rechnerische Größe, sondern auf Basis eines Gutachtens behördlich festgestellt. V. Zudem überschreitet der Gutachter in massiver und unzulässiger Weise seine Kompetenzen, wenn er rechtliche Beurteilungen von Beweismitteln vornimmt. Selbst wenn ihn das BFA tatsächlich um eine Beweiswürdigung oder rechtliche Beurteilung gebeten hätte, hätte er gegebenenfalls die Beantwortung dahingehender Fragen klar verweigern müssen. Ein medizinischer Gutachter muss wissen, wo seine Kompetenzen enden. Weder das BFA noch das BVwG benötigen im Übrigen eine von einem Laien verfasste Zusammenstellung der Judikatur des AsylGH/BVwG. VI. Letztlich spricht auch die hervorgekommene Attitüde eines (faktischen) Entscheiders seitens des Gutachters dafür, dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Gegengutachten den Vorzug zu geben. VII. Mit der nunmehrigen Feststellung des (bisher strittigen) Geburtsdatums des Beschwerdeführers ergibt sich die Verpflichtung der Behörden, dessen Dokumente neu auszustellen und die diversen Register entsprechend zu ändern.
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Entscheidungsdatum: 08.03.2017
Aufbereitet am: 26.07.2017
1487
Zurückverweisungsgründe im Falle einer Rückkehrentscheidung
Leitsätze
I. Bei einer Prognoseentscheidung über das künftige Wohlverhalten eines Fremden und einer Interessenabwägung iSd Art 8 EMRK ist es iZm der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen von besonderer Bedeutung, sich einen persönlichen Eindruck vom Betroffenen zu verschaffen. Eine Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme ist dafür nicht ausreichend. Eine niederschriftliche Einvernahme bietet zudem Gelegenheit, die Deutschkenntnisse des Betroffenen zu überprüfen. II. Besonders bei Herkunftsstaaten mit sich rasch ändernder Sicherheitslage, wie derzeit bekannterweise im Falle der Ukraine, ist auf hinreichende Aktualität der Länderberichte zu achten. Dem Betroffenen ist dazu uneingeschränkt Parteiengehör zu gewähren. III. Das völlige Ignorieren des Auslieferungsbegehrens seitens der Ukraine in Bezug auf den Betroffenen, dem im Herkunftsstaat Mord vorgeworfen wird, und der Länderberichte zu den Haftbedingungen in der Ukraine vor dem Hintergrund des Art 3 EMRK belastet die Rückkehrentscheidung mit einem schweren Verfahrensmangel.
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Entscheidungsdatum: 02.02.2017
Aufbereitet am: 25.07.2017
1486
Erlangung von russischen Reisedokumenten grundsätzlich auch für Tschetschenen möglich und zumutbar
Leitsätze
I. Mangels gegenteiligen Beweises ist es den Beschwerdeführern iSd § 88 Abs 2a FPG möglich und zumutbar, sich gültige Reisedokumente zu beschaffen, da ausnahmslos alle russischen Staatsangehörigen - also auch solche tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit und unabhängig von ihrem Schutzstatus im Aufenthaltsstaat - Reisepässe beantragen dürfen. Sofern entsprechende Dokumente fehlen, besteht die Möglichkeit, Identität und Staatsangehörigkeit durch persönliche Vorsprache bei der russischen Botschaft prüfen zu lassen. II. Der Status als subsidiär Schutzberechtigte steht einem Antrag der Beschwerdeführer bei der russischen Vertretungsbehörde nicht entgegen, dies umso weniger, als dieser Status nicht auf Probleme mit den russischen Behörden zurückzuführen ist, sondern auf den psychischen Gesundheitszustand der Erstbeschwerdeführerin. III. Die Ausstellung von Reisedokumenten durch einen anderen Staat bedeutet einen massiven Eingriff in die Hoheitsrechte des Herkunftsstaates, sodass für die Ausstellung eines Fremdenpasses ein restriktiver Maßstab anzulegen ist und das FPG von der Prämisse ausgeht, dass Fremde sich zuerst an ihre Heimatvertretung für ein Reisedokument wenden müssen. Erst wenn der Fremde nachweislich kein solches Reisedokument erhalten kann, ist bei Erfüllen der sonstigen Voraussetzungen ein Fremdenpass auszustellen.
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Entscheidungsdatum: 06.02.2017
Aufbereitet am: 24.07.2017
1485
Zumutbare Rückführung einer Mutter mit Säugling in Dublin-Staat bei Sicherstellung der gemeinsamen Unterbringung
Leitsätze
I. Wenn sich aus dem Parteivorbringen ergibt, im Dublin-Staat (hier: Italien) als Mutter mit Säugling keiner drohenden Gefahr und damit keiner realen Gefahr einer Verletzung des Art 3 EMRK ausgesetzt zu sein, gilt die Rechtsvermutung des § 5 Abs 3 AsylG, wonach ein Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat Schutz vor Verfolgung findet. II. Wenn sichergestellt ist, dass Familien mit Minderjährigen im Dublin-Staat zusammenbleiben und in einer familienadäquaten Einrichtung untergebracht werden, liegt kein Eingriff in das Familienleben iSd Art 8 EMRK vor.
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Entscheidungsdatum: 31.01.2017
Aufbereitet am: 20.07.2017
1484
Änderung der Rechtslage bezüglich der Inhaftierung von Asylwerbern in Ungarn
Leitsätze
Die mangelnde Heranziehung und Würdigung des eine aktuelle Gesetzesänderung berücksichtigenden Berichtsmaterials zur Lage von Asylwerbern in Ungarn verletzt den Beschwerdeführer im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander.
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Entscheidungsdatum: 14.06.2017
Aufbereitet am: 19.07.2017
1483
Selbstbewusst auftretende, unverschleierte irakische Christin
Leitsätze
Selbstbewusst auftretende unverschleierte Christinnen, welche darüber hinaus ohne Rückhalt eines Ehemannes mit Kindern im Irak leben, gelten nach den Richtlinien des UNHCR zu den verletzlichsten Personengruppen im Irak. Seitens des irakischen Staates kann aktuell kein ausreichender Schutz gegenüber möglichen Bedrohungs- und Verfolgungshandlungen geboten werden.
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Entscheidungsdatum: 12.04.2017
Aufbereitet am: 18.07.2017
1482
Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit zur Volksgruppenzugehörigkeit der Tama
Leitsätze
Die Zugehörigkeit zu einer nicht-arabischen Volksgruppe aus Darfur kann für sich bereits das Risiko einer Verfolgung mit sich bringen, die keine innerstaatliche Fluchtalternative offen lässt bzw zumindest einen ersten Risikofaktor darstellt.
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Entscheidungsdatum: 09.06.2017
Aufbereitet am: 17.07.2017
1481
Familiäres Netzwerk in afghanischer Herkunftsprovinz; keine reale Gefahr einer Verletzung iSd Art 3 EMRK
Leitsätze
I. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. II. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend.
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Entscheidungsdatum: 23.03.2017
Aufbereitet am: 14.07.2017
1480
Abweichen des Inhaltes der schriftlichen Ausfertigung vom mündlich verkündeten Erkenntnis
Leitsätze
I. Für die Frage, ob und mit welchem Inhalt ein mündlicher Bescheid erlassen wurde, ist nicht die Ausfertigung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, sondern jene Urkunde entscheidend, die über den Entscheidungsinhalt und die Tatsache der Verkündung nach dem auch betreffend § 29 VwGVG 2014 einschlägigen § 62 Abs 2 AVG angefertigt wurde. II. Mit der Verkündung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung steht einer neuerlichen im Wesentlichen gleichen Entscheidung der Einwand der entschiedenen Sache entgegen.
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Entscheidungsdatum: 28.02.2017
Aufbereitet am: 13.07.2017
1479
Kein Rechtsanspruch auf Behebung von Schreib- und Rechenfehlern
Leitsätze
Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten betreffend Erkenntnisse (hier: des AsylGH) können jederzeit von Amts wegen berichtigt werden. Allerdings kommt der Partei auf die von Amts wegen vorzunehmende Berichtigung nach ständiger Rsp des VwGH kein Rechtsanspruch zu.
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Entscheidungsdatum: 16.03.2017
Aufbereitet am: 12.07.2017
1478
Beigebung einer rechtsanwaltlichen Vertretung im Wege der Verfahrenshilfe im Schubhaftbeschwerdeverfahren nicht erforderlich
Leitsätze
Weil der Rechtsberater auf Basis des FrÄG 2015 - anders als nach der davor geltenden Rechtslage - den Fremden in einem Schubhaftbeschwerdeverfahren in der Verhandlung vor dem BVwG zu vertreten hat, wird den Erfordernissen für die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes durch die Beistellung eines Rechtsberaters ausreichend Rechnung getragen. Insoweit existiert daher ein ausreichender "Komplementärmechanismus", weshalb es nicht der Beigebung eines Rechtsanwaltes als Verfahrenshelfer bedarf.
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Entscheidungsdatum: 23.02.2017
Aufbereitet am: 11.07.2017
1477
Aufschiebende Wirkung für Folgeantrag von schwerstbehinderter Kosovarin
Leitsätze
Auch wenn erst 2016 der mit dem schlechten Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin begründete Erstantrag auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, schließt dies nicht aus, dass eine konkrete, bereits begonnene medizinische Behandlung der Beschwerdeführerin in Österreich, die im Kosovo nicht weitergeführt werden kann, zu einer maßgeblichen Verstärkung ihres persönlichen Interesses an einem (vorübergehenden) Verbleib in Österreich führen kann. Insb im Fall einer medizinisch notwendigen (Nach-)Behandlung der Beschwerdeführerin (zB aufgrund der Cochlea-Implantat-Versorgung), die im Kosovo nicht möglich ist, besteht ein beachtenswertes Interesse der Beschwerdeführerin iSd Art 8 EMRK, ihren Aufenthalt (allenfalls bis zum Abschluss dieser Behandlung) zu verlängern.
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Entscheidungsdatum: 06.03.2017
Aufbereitet am: 10.07.2017
1476
§ 76 Abs 6 FPG ist vollumfänglich und ohne Zeitverzögerung einzuhalten
Leitsätze
Die strenge Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts zur Freiheitsentziehung verlangt, dass § 76 Abs 6 FPG vollumfänglich und ohne Zeitverzögerung eingehalten wird. Dazu wird der Schubhäftling einvernommen werden müssen, um begründet annehmen zu können, dass er den Antrag auf internationalen Schutz tatsächlich zur Verzögerung der Abschiebung gestellt hat. Bejahendenfalls ist die Anfertigung und Zurkenntnisbringung eines diesbezüglichen Aktenvermerks unumgänglich. Die Amtshandlung hat längstens binnen 24 Stunden zu erfolgen.
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Entscheidungsdatum: 09.02.2017
Aufbereitet am: 05.07.2017
1475
Abweisung eines Asylwerbers aus Eritrea wegen mangelnder Glaubwürdigkeit seiner Verfolgung wegen Desertion und illegaler Ausreise
Leitsätze
I. Die allgemeine Menschenrechtslage in Eritrea steht Abschiebungen in dieses Land nicht generell entgegen. Allerdings besteht für Personen im wehrpflichtigen Alter, die das Land illegal verlassen haben, ein hohes Risiko, im Fall der Rückkehr misshandelt zu werden. II. Es ist Sache eines Asylwerbers, Beweise für seine eine Verfolgungsgefahr begründenden persönlichen Umstände vorzulegen. Die Beweislastregel sollte jedoch nicht dazu führen, dass der Schutz nach Art 3 EMRK ineffektiv wird. III. Es kann Umstände geben, die es unmöglich machen, eine illegale Ausreise aus Eritrea durch schriftliche Dokumente zu beweisen. Wenn es wahrscheinlich ist, dass eine Person das Land illegal verlassen hat, kann sich die Beweislast auf die Behörden verlagern, die jeden Zweifel im Hinblick auf Risiken nach der Rückkehr zerstreuen müssen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass von ihnen verlangt werden kann, in jedem Einzelfall zu beweisen, dass der fragliche Antragsteller Eritrea legal verlassen hat. Vielmehr kann aus der allgemeinen Unglaubwürdigkeit auch darauf geschlossen werden, dass die Ausreise nicht illegal erfolgte. IV. Kann ein Asylwerber nach der Abweisung seines ersten Asylantrags einen neuerlichen Antrag stellen, der sich auf inzwischen vorliegende neue Länderinformationen stützt, die für eine Verfolgungsgefahr sprechen, so muss er vor einer Beschwerde an den EGMR davon Gebrauch machen, um die innerstaatlichen Rechtsbehelfe zu erschöpfen.
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Entscheidungsdatum: 20.06.2017
Aufbereitet am: 04.07.2017
1474
Aufhebung von Schubhaftbescheid wegen wesentlicher Begründungsmängel, Fortsetzung der Schubhaft wegen erheblicher Fluchtgefahr zulässig
Leitsätze
I. Eine Schubhaftnahme kann nach der VwGH-Rsp nur dann gerechtfertigt sein, wenn weitere Umstände vorliegen, die den betreffenden "Dublin-Fall" in einem besonderen Licht erscheinen und von daher "in einem erhöhten Grad" ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen. Bei der Mittellosigkeit und der fehlenden sozialen Integration handelt es sich in Bezug auf noch nicht lange in Österreich aufhältige Asylwerber, die Anspruch auf Grundversorgung haben, um kein tragfähiges Argument für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs. In solchen Fällen ist vielmehr zu begründen, warum der Fremde - wäre er nicht in Schubhaft genommen worden und wäre ihm die Grundversorgung gewährt worden - diese Unterstützung aufgeben und untertauchen hätte sollen. Legt die belangte Behörde das Vorliegen solcher besonderen Umstände nicht dar, ist der Schubhaftbescheid mit einem wesentlichen Begründungsmangel behaftet. II. War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, muss dies nach der VwGH-Rsp auch für die gesamte Zeit der auf ihn gestützten Anhaltung gelten. III. Die zum Entscheidungszeitpunkt noch vorliegende Schubhaft ist wegen der tatsächlich bestehenden, erheblichen Fluchtgefahr zulässig.
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Entscheidungsdatum: 10.01.2017
Aufbereitet am: 03.07.2017
1473
Absolut nichtiger Schubhaftbescheid iSd § 18 Abs 4 AVG
Leitsätze
I. Eine Anhaltung gemäß § 40 Abs 1 Z 3 iVm Abs 4 2. Satz BFA-VG ist bis zu 48 Stunden rechtskonform. Jede darüber hinausgehende Anhaltung hat in der Form der Schubhaft aufgrund eines Schubhaftbescheides zu erfolgen. II. Bei der gesetzlich zulässigen Anhaltefrist handelt es sich um eine Maximalfrist, bei der also das "ultima-ratio-Prinzip" zu beachten ist. Nach der Rsp des VwGH ist die Behörde (auch) im Bereich fremdenpolizeilicher Festnahmen schon aus verfassungsrechtlichen Gründen (vgl Art 4 Abs 2 PersFrSchG) verpflichtet, die Anhaltedauer so kurz als möglich zu halten und im Interesse einer kurzen Haftdauer die dafür notwendigen und ihr zumutbaren organisatorischen und personellen Maßnahmen zu treffen. III. Da nach der Rsp der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts die Beifügung der Unterschrift oder der Beglaubigung iSd § 18 Abs 4 AVG ein wesentliches Erfordernis einer papierenen behördlichen Erledigung darstellt, bedeutet das Fehlen eines dieser Formerfordernisse, dass dem Beschwerdeführer kein Schubhaftbescheid zugestellt wurde. Das wiederum hat zur Folge, dass sich der Beschwerdeführer immer noch im Stande der Anhaltung aufgrund der Festnahme befindet. IV. Dadurch, dass der Original-Bescheid, der sich im Akt befindet, mit der Unterschrift der Genehmigenden versehen ist, wurde lediglich dem § 18 Abs 3 AVG entsprochen, dies ändert aber nichts an der gemäß § 18 Abs 4 AVG vorliegenden Fehlerhaftigkeit der Ausfertigung, die der Beschwerdeführer erhalten hat. V. Da weder die belangte Behörde noch der Beschwerdeführer vollständig obsiegte, war das Kostenbegehren beider Parteien vor dem Hintergrund der VwGH-Rsp zur Vorläuferbestimmung des § 79a AVG, welche einen Kostenzuspruch nur bei vollständigem Obsiegen vorsah, zu verwerfen. Wegen der diesbezüglich fehlenden VwGH-Rsp zur aktuellen Rechtslage ist jedoch die Revision zuzulassen.
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Entscheidungsdatum: 08.02.2017
Aufbereitet am: 28.06.2017
1472
Schubhaft für begünstigten Drittstaatsangehörigen trotz langjährigen Aufenthaltes rechtmäßig
Leitsätze
I. Bei der Prüfung der Schubhaftbeschwerde geht es ausschließlich um die Beurteilung der konkreten Fluchtgefahr und um das daran anknüpfende Erfordernis der Schubhaftverhängung. Der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer bereits seit 13 Jahren im Bundesgebiet aufhält, vermag für sich allein keinen Anhaltspunkt für die Abstandnahme vom Ausspruch der Schubhaft zu liefern. II. Der Beschwerdeführer ist zwar mit einer EU-Bürgerin verheiratet, spricht Deutsch auf A2-Niveau und hält sich seit rund 13 Jahren in Österreich auf. Von einer nachhaltigen Integration kann vor dem Hintergrund seiner 15-fachen Straffälligkeit und der Betreibung von sieben Asylverfahren von 2003 bis 2016 aber nicht gesprochen werden. Auch liegt ihm zumindest der fehlende Wille, eine Beschäftigung zu erlangen, zur Last.
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Entscheidungsdatum: 05.12.2016
Aufbereitet am: 27.06.2017