Leitsätze
2058
Behebung des verwaltungsbehördlichen Bescheides gemäß § 21 Abs 3 zweiter Satz BFA-VG nur bis zur Zulassung des Verfahrens
Leitsätze
Die rechtsrichtige Anwendung der Bestimmung des § 21 Abs 3 BFA-VG 2014 setzt das Vorliegen einer "Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren" voraus, wobei es nicht darauf ankommt, aus welchen Gründen eine Zulassung erfolgt ist.
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Entscheidungsdatum: 03.03.2020
Aufbereitet am: 09.06.2020
2057
Jahrelange Schwierigkeiten eines Staatenlosen bei der Erlangung eines Aufenthaltsstatus in Ungarn
Leitsätze
I. Die Gesamtheit der sozialen Beziehungen eines Migranten zur Gemeinschaft, in der er lebt, stellt einen Teil des von Art 8 EMRK geschützten Privatlebens dar. II. Art 8 EMRK gewährt kein Recht auf Erteilung eines bestimmten Aufenthaltsstatus. Es liegt im Ermessen der Behörden, welchen Aufenthaltstitel sie erteilen, solange es die angebotene Lösung der betroffenen Person erlaubt, ihr Privat- oder Familienleben ungehindert zu genießen. III. Art 8 EMRK verpflichtet die Staaten dazu, ein zugängliches innerstaatliches Verfahren zur Verfügung zu stellen, mit dem eine betroffene Person eine Verletzung ihres Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens geltend machen und Abhilfe erlangen kann. IV. Ein unsicherer Aufenthaltsstatus, der dazu führt, dass kein Zugang zum Arbeitsmarkt und kein Anspruch auf Gesundheitsversorgung besteht, hat nachteilige Auswirkungen auf das Privatleben. Daher ist eine solche Situation anhand von Art 8 EMRK zu prüfen. V. Es ist unvereinbar mit Art 8 EMRK, wenn einer staatenlosen Person kein Verfahren zur Verfügung steht, in dem die Frage des Aufenthaltsstatus geprüft wird. Dies gilt auch dann, wenn die Anerkennung als staatenlos von der Voraussetzung des "rechtmäßigen Aufenthalts" abhängig gemacht wird und die betroffene Person diese Voraussetzung praktisch nicht erfüllen kann.
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Entscheidungsdatum: 12.05.2020
Aufbereitet am: 08.06.2020
2056
Nachgewiesene Depression infolge Verlusts naher Angehöriger als beachtlicher Hinderungsgrund für Studienerfolgsnachweis
Leitsätze
I. Das Bestehen von Gründen, weswegen trotz Fehlens eines Studienerfolgsnachweises eine Aufenthaltsbewilligung gemäß § 64 Abs 3 NAG verlängert werden kann, hat der Studierende konkret zu behaupten und ausreichend darzulegen. II. Von einem beachtlichen Hinderungsgrund iSd § 64 Abs 3 NAG kann nur dann die Rede sein, wenn dieser nicht dauerhaft ist, wovon aber bei länger dauernden - im Allgemeinen die Dauer eines Jahres überschreitenden - Erkrankungen auszugehen ist. III. Die bisherige VwGH-Rsp steht einer Anerkennung entsprechend nachgewiesener "psychischer Erkrankungen" als beachtliche Hinderungsgründe - sofern sie entsprechend vorgebracht sowie plausibel dargetan wurden und nicht von Dauer sind - nicht entgegen.
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Entscheidungsdatum: 31.01.2020
Aufbereitet am: 03.06.2020
2055
"Einkünfte" für langfristige Aufenthaltsberechtigung nach der DaueraufenthaltsRL
Leitsätze
I. Der autonom auszulegende Begriff "Einkünfte", die für die Zuerkennung der Rechtsstellung des langfristig Aufenthaltsberechtigten gemäß Art 5 Abs 1 lit a RL 2003/109/EG maßgeblich sind, ist dahin auszulegen, dass ihre Herkunft (eigene oder durch Dritte zur Verfügung gestellte Einkünfte) keine Rolle spielt. Dies zeigt sich im uneinheitlichen Wortlaut in den verschiedenen Sprachfassungen der Vorschrift sowie im Regelungsziel der Integration Drittstaatsangehöriger, deren Rechtsstellung es langfristig an jene der Unionsbürger heranzuführen gilt. Insoweit besteht Gleichklang mit den in Art 7 Abs 1 lit b RL 2004/38/EG geforderten "Existenzmitteln". II. Stattdessen ist im Lichte des Regelungsziels des Art 7 Abs 1 lit c RL 2003/86/EG (Schutz der Sozialsysteme der Mitgliedstaaten vor Inanspruchnahme durch Drittstaatsangehörige) entscheidend, ob die Einkünfte "fest", "regelmäßig" und "ausreichend" sind: Wie in der Judikatur zu Art 7 Abs 1 lit c RL 2003/86/EG kommt es dafür darauf an, ob sie über den Zeitpunkt der Antragstellung hinaus noch vorhanden sein werden. Ob die Einkünfte "ausreichend" sind, ist anhand der individuellen Situation des Antragstellers zu beurteilen, die Mitgliedstaaten können aber kein betragsmäßiges Mindesteinkommen vorgeben. III. Für den Nachweis der geforderten Regelmäßigkeit der Einkünfte kann die Rechtsverbindlichkeit der Verpflichtung zur Kostenübernahme durch einen Dritten ein wichtiger zu berücksichtigender Faktor sein.
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Entscheidungsdatum: 03.10.2019
Aufbereitet am: 02.06.2020
2054
Mindeststrafe von € 5.000,– in § 120 Abs 1b FPG verfassungswidrig
Leitsätze
Die Wort- und Zeichenfolge "von 5.000" in § 120 Abs 1b FPG ist wegen Verstoßes gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatz als verfassungswidrig aufzuheben.
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Entscheidungsdatum: 10.03.2020
Aufbereitet am: 29.05.2020
2053
Zum Versagungsgrund des Überschreitens der visumfreien Aufenthaltsdauer
Leitsätze
I. Zweck der Bestimmung des § 11 Abs 1 Z 5 NAG ist zu verhindern, dass Fremde ihren Aufenthalt im Bundesgebiet durch das Stellen eines Antrages nach dem NAG über den sichtvermerkfreien Zeitraum hinaus ohne Vorliegen eines Aufenthaltstitels ausdehnen. Das Verfahren ist nach rechtmäßiger Antragstellung und Ablauf des sichtvermerkfreien Zeitraumes im Ausland abzuwarten. Ein Zuwiderhandeln steht der Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels grundsätzlich entgegen, auch wenn zwischenzeitlich eine Ausreise erfolgt ist. II. Eine Verpflichtung der Behörde, über einen Erstantrag innerhalb eines erlaubten visumfreien Aufenthaltes zu entscheiden, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. III. § 11 Abs 1 Z 5 NAG ist nicht zu entnehmen, dass die Heranziehung dieses Versagungsgrundes davon abhängig wäre, ob die durch die Behörde (allenfalls noch während des erlaubten visumfreien Aufenthaltes) erfolgte Abweisung eines Antrages letztlich zu Recht oder zu Unrecht erfolgt ist. IV. Beim Erteilungshindernis nach § 11 Abs 1 Z 5 NAG handelt es sich nicht um einen absoluten Versagungsgrund, weil - trotz Vorliegens dieses Erteilungshindernisses - unter den in § 11 Abs 3 NAG genannten Voraussetzungen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist. Der VwGH hat dem Grunde nach anerkannt, dass bei einer Interessenabwägung nach § 11 Abs 3 NAG auch der konkrete Verfahrensablauf miteinzubeziehen sein kann.
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Entscheidungsdatum: 10.12.2019
Aufbereitet am: 28.05.2020
2052
Absicht der Selbstversicherung kein ausreichender Nachweis für Krankenversicherungsschutz
Leitsätze
I. Gemäß dem eindeutigen Wortlaut des § 11 Abs 2 Z 3 NAG iVm § 7 Abs 1 Z 6 NAG-DV kann der bloße Verweis auf einen Versicherungsabschluss nach der Einreise nach Österreich die Nachweispflicht gemäß § 7 Abs 1 Z 6 NAG-DV nicht substituieren. II. Der Hinweis auf § 16 Abs 2 Z 1 ASVG, wonach sich nicht in einer gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherte Personen, wie etwa Studierende, selbstversichern können, ist im Verfahren betreffend Aufenthaltstitel nicht zielführend, solange nicht tatsächlich ein ausreichender Krankenversicherungsschutz für die gesamte Dauer des Aufenthaltes abgeschlossen wurde. III. Eine Aufenthaltsdauer von etwa zweieinhalb Jahren kann für sich genommen keine maßgebliche Verstärkung der persönlichen Interessen des Fremden an einer Titelerteilung bewirken; auch dem Interesse des Fremden an der Fortsetzung seiner Ausbildung kommt allein keine entscheidungserhebliche Bedeutung bei der vorzunehmenden Abwägung zu.
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Entscheidungsdatum: 10.12.2019
Aufbereitet am: 27.05.2020
2051
Sanktionen für grobe Verstöße gegen die Vorschriften von Asyl-Unterbringungszentren
Leitsätze
I. Art 20 Abs 4 RL 2013/33/EU ist dahin auszulegen, dass er als "Sanktion" für grobe Verstöße gegen die Vorschriften der Unterbringungszentren und grob gewalttätiges Verhalten durch Antragsteller auf internationalen Schutz auch Einschränkungen materieller Leistungen erlaubt. Dabei muss aber verhältnismäßig iSd Art 20 Abs 5 RL 2013/33/EU vorgegangen werden und den betroffenen Antragstellern muss – auch im Lichte des Art 1 GRC – immer ein würdiger Lebensstandard zur Deckung ihrer elementarsten Bedürfnisse verbleiben. Gänzliche Entzüge materieller Leistungen sind mit diesen Vorgaben nicht vereinbar. II. Bei Sanktionen gegenüber minderjährigen Antragstellern ist insb das Kindeswohl (Art 24 Abs 2 GRC) zu beachten.
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Entscheidungsdatum: 12.11.2019
Aufbereitet am: 26.05.2020
2050
Subsidiärer Schutz für Iraker schon auf Grund der aktuellen Sicherheitslage
Leitsätze
I. Die aktuelle Sicherheitslage im Irak (Spannungen zwischen USA und Iran bzw irantreuen schiitischen Milizen im Irak, Wiedererstarken des Islamischen Staates und Bekämpfung desselben sowie die Eskalation der Lage im gesamten Land) ist derart prekär, dass nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, dass Fremde bei einer Rückkehr dorthin eine Art 3 EMRK-widrige Behandlung erfahren. Irakischen Antragstellern auf internationalen Schutz ist daher der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs 1 AsylG) zuzuerkennen. Für dieses Ergebnis muss nicht erst näher auf eine besondere Vulnerabilität von Antragstellern eingegangen werden, eine solche aber berücksichtigt werden. II. Der Abweisungsgrund der innerstaatlichen Fluchtalternative (§ 11 AsylG) kommt auf Grund der aktuellen Gesamtsituation im Irak kann nicht zum Tragen.
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Entscheidungsdatum: 02.03.2020
Aufbereitet am: 25.05.2020
2049
Nachweiskriterien für umfassenden Krankenversicherungsschutz
Leitsätze
I. Der zu erbringende Nachweis hat insb (auch) den Leistungsumfang der Krankenversicherung darzutun. § 7 Abs 1 Z 6 NAG-DV liegt nämlich das Verständnis zugrunde, dass eine nicht bestehende gesetzliche Pflichtversicherung durch eine Privatversicherung substituiert werden kann und daher beide insofern als gleichwertig zu erachten sind. Dies setzt freilich voraus, dass der Leistungsumfang der Privatversicherung im Wesentlichen jenem der gesetzlichen Pflichtversicherung entspricht. Die diesbezügliche Prüfung erfordert daher zwingend die Dartuung des konkreten Leistungsumfangs einer Privatversicherung durch den Antragsteller, um deren Gleichwertigkeit mit einer gesetzlichen Pflichtversicherung beurteilen zu können. II. Ist ein beantragter Aufenthaltstitel gemäß § 20 Abs 1 NAG für die Dauer von zwölf Monaten auszustellen (weil ein Fall, wonach ein Titel mit kürzerer Dauer erteilt werden kann, nicht vorliegt), so stellt eine Versicherung für eine kürzere Dauer schon allein wegen der kürzeren Geltungsdauer keine ausreichende Krankenversicherung iSd § 11 Abs 2 Z 3 NAG dar. III. Auch die (allfällige) Verletzung des Parteiengehörs bewirkt nur dann einen wesentlichen Mangel, wenn die Behörde bzw das VwG bei dessen Vermeidung zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können. Der Rechtsmittelwerber muss deshalb die entscheidenden Tatsachen behaupten, die der Behörde wegen des Verfahrensmangels unbekannt geblieben sind. Er darf sich nicht darauf beschränken, den Mangel bloß aufzuzeigen, sondern muss konkret darlegen, welches Vorbringen er im Fall der Einräumung des vermissten Parteiengehörs erstattet hätte und inwiefern die Behörde bzw das Gericht dadurch zu einer anderen Entscheidung gelangen hätte können.
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Entscheidungsdatum: 27.12.2019
Aufbereitet am: 20.05.2020
2048
Studienerfolgsnachweis ausschließlich durch Absolvierung von für den Studienabschluss notwendigen Prüfungen möglich
Leitsätze
Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen, der über einen Aufenthaltstitel "Student" verfügt, dient der Durchführung des Studiums. Er ist erfolgsorientiert und der verlangte Studienerfolg muss daher diesem Studium zurechenbar sein; abzustellen ist dabei auf die positive Ablegung von für den erfolgreichen Abschluss des Studiums erforderlichen Prüfungen nach Maßgabe des jeweils relevanten Curriculums; kein Studienerfolg liegt vor, wenn Prüfungen nach dem maßgeblichen Curriculum nicht (mehr) abgelegt werden müssen und somit nicht zum Abschluss des Studiums beitragen.
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Entscheidungsdatum: 10.12.2019
Aufbereitet am: 19.05.2020
2047
Neuerlich zu maßgeblichem Beurteilungszeitraum und Hinderungsgründen in Bezug auf den Studienerfolgsnachweis
Leitsätze
I. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, abweichend von der auf das Studienjahr abstellenden Regelung des § 8 Z 8 lit b NAG-DV und der dazu ergangenen Rsp des VwGH bei der Beurteilung des Studienerfolgs auf den Zeitraum der letzten drei Studienjahre abzustellen. II. Die (zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses) im laufenden Studienjahr abgelegten Prüfungen liegen außerhalb des maßgeblichen Beurteilungszeitraumes und können keinen beachtlichen Studienerfolg iSd § 64 Abs 2 NAG begründen. III. Nach der zu § 64 Abs 3 NAG idF vor BGBl I 56/2018 ergangenen Rsp des VwGH, die aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung auf die Rechtslage BGBl I 56/2018 übertragbar ist, fallen weder psychische Belastungen durch die Erkrankung eines Familienmitglieds noch familiär bedingte Abwesenheiten unter den Tatbestand des § 64 Abs 3 (nunmehr Abs 2) NAG.
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Entscheidungsdatum: 10.12.2019
Aufbereitet am: 19.05.2020
2046
Anwendbarkeit von § 15 FPG im Verfahren nach § 35 AsylG 2005
Leitsätze
§ 35 AsylG 2005 sieht nicht vor, dass für die Erteilung eines Einreisetitels nach dieser Bestimmung bzw nach § 26 FPG 2005 Reisedokumente iSd § 15 FPG 2005 vorliegen müssen.
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Entscheidungsdatum: 02.03.2020
Aufbereitet am: 18.05.2020
2045
Erfolgloser (Folge-)Antrag auf internationalen Schutz schließt Inlandsantrag nach NAG nicht aus
Leitsätze
I. Einer mangelhaften, zT herabwürdigenden und zynisch anmutenden Argumentation eines VwG kann kein Begründungswert zugeschrieben werden. II. Eine vorangegangene erfolglose Antragstellung auf internationalen Schutz macht die Stellung eines Antrages auf Inlandsantragstellung iSd § 21 Abs 3 Z 2 NAG nicht von vornherein unzulässig. III. Bei der gemäß § 21 Abs 3 Z 2 NAG vorzunehmenden Beurteilung nach Art 8 EMRK ist eine Gesamtbetrachtung in Form einer - unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles - gewichtenden Abwägung des öffentlichen Interesses an der Versagung eines Aufenthaltstitels mit den gegenläufigen und familiären Interessen, insb unter Berücksichtigung der in § 11 Abs 3 NAG genannten Kriterien, vorzunehmen. IV. Bei der Beurteilung nach Art 8 EMRK ist zwar ua darauf Bedacht zu nehmen, ob sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, jedoch hat dies nicht zur Konsequenz, dass der während des unsicheren Aufenthaltes erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen wäre und ein solcherart begründetes privates und familiäres Interesse nie zur Erteilung eines Aufenthaltstitels führen könnte. V. Die konkreten Folgen, die eine durch die Abweisung eines Antrages auf Inlandsantragstellung drohende Ausreise - wenn auch für die Dauer des Abwartens eines Niederlassungsverfahrens - und die damit verbundene Trennung von Ehefrau und minderjährigen Kindern (insb auch im Hinblick auf das Kindeswohl) mit sich brächten, sind zu ermitteln und bei der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen.
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Entscheidungsdatum: 28.11.2019
Aufbereitet am: 13.05.2020
2044
Dublin-Zuständigkeitskriterien nur im Mitgliedstaat der ersten Asylantragstellung anwendbar und relevierbar?
Leitsätze
I. Im Wiederaufnahmeverfahren nach Art 23 Abs 1 und 24 Abs 1 Dublin III-VO ist grundsätzlich nicht zu prüfen, ob der um Wiederaufnahme ersuchte Mitgliedstaat auch der nach den Kriterien des Kapitels III leg cit für die inhaltliche Behandlung des Antrags auf internationalen Schutz zuständige Mitgliedstaat ist. Vielmehr hat der um Wiederaufnahme ersuchende Mitgliedstaat bloß zu prüfen, ob der ersuchte Mitgliedstaat den Kriterien von Art 18 Abs 1 lit b, c oder d und Art 20 Abs 5 Dublin III-VO entspricht. II. Als – im Lichte von Art 7 und 24 GRC bestehende – Ausnahme dieses Grundsatzes hat der ersuchende Mitgliedstaat aber eine eigene Zuständigkeit für die inhaltliche Behandlung des Antrags auf internationalen Schutz anzuerkennen, die sich aus familiären Anknüpfungspunkten in seinem Gebiet gemäß Art 8 bis 10 Dublin III-VO ergibt, sofern der Antragsteller dahingehende Gesichtspunkte vorgebracht hat. In einem solchen Fall kann sich der Antragsteller auch im Rahmen eines Rechtsbehelfs iSd Art 27 Dublin III-VO darauf berufen.
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Entscheidungsdatum: 02.04.2019
Aufbereitet am: 12.05.2020
2043
Bindung österreichischer Vertretungsbehörden im Ausland an die Prognose des BFA hinsichtlich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG
Leitsätze
I. Österreichische Vertretungsbehörden im Ausland sind nach stRsp des VwGH im Hinblick auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an positive als auch negative Mitteilungen des BFA über die Prognose einer Asylgewährung gebunden. II. Bei Vorliegen einer Prognose des BFA kommt Österreichischen Vertretungsbehörden keine eigene Prüfungskompetenz zu.
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Entscheidungsdatum: 03.02.2020
Aufbereitet am: 11.05.2020
2042
Auslieferung eines eine Grundfreiheit nutzenden EWR-Vertragsstaats-Angehörigen an einen Drittstaat durch einen EU-Mitgliedstaat
Leitsätze
I. Ist ein Mitgliedstaat mit einem Auslieferungsersuchen eines Drittstaats hinsichtlich eines EWR-Bürgers konfrontiert, der eine Grundfreiheit in Anspruch nimmt, so hat er den EWR-Vertragsstaat der Nationalität des Betroffenen darüber zu informieren und ihm den Betroffenen gegebenenfalls nach Maßgabe des Übereinkommens über das Übergabeverfahren zwischen der EU und Island und Norwegen zu übergeben. II. Die Verpflichtung, den EWR-Vertragsstaat über das Auslieferungsersuchen zu informieren, folgt schon aus der Prüfpflicht hinsichtlich des Refoulementverbots gemäß Art 19 Abs 2 GRC. III. Bei dieser Refoulement-Prüfung darf sich der Mitgliedstaat nicht auf bloße Zusagen der Einhaltung durch den Drittstaat verlassen, sondern muss sich vielmehr auf objektive, zuverlässige, genaue und gebührend aktualisierte Angaben stützen.
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Entscheidungsdatum: 02.04.2020
Aufbereitet am: 06.05.2020
2041
Untersagung der Familienzusammenführung bei fehlenden Existenzmitteln
Leitsätze
I. Die sich aus der Unionsbürgerschaft ergebenden Rechte (Art 20 ff AEUV) verleihen Drittstaatsangehörigen keine eigenständigen Rechte, sondern daraus abgeleitete, und zwar wenn die Nichtanerkennung dieser Rechte den Unionsbürger insb in seiner Freizügigkeit beeinträchtigen könnte. II. Die Weigerung, einem Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltsrecht zu gewähren, kann die praktische Wirksamkeit der Unionsbürgerschaft jedoch nur dann beeinträchtigen, wenn zwischen ihm und dem familienzugehörigen Unionsbürger ein Abhängigkeitsverhältnis besteht, das dazu führen würde, dass der Unionsbürger gezwungen wäre, den betreffenden Drittstaatsangehörigen zu begleiten und das Gebiet der Union als Ganzes zu verlassen. Nur in einer solchen Fallgestaltung kann der Drittstaatsangehörige ein aus Art 20 AEUV abgeleitetes Aufenthaltsrecht beanspruchen. III. Dieses aus Art 20 AEUV abgeleitete Aufenthaltsrecht drittstaatsangehöriger Familienangehöriger von Unionsbürgern gilt nicht absolut und kann ua wegen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verweigert werden. IV. Eine Verweigerung dieses abgeleiteten Aufenthaltsrechts wegen fehlender Existenzmittel ohne eine einzelfallbezogene Prüfung, ob ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Familienangehörigen besteht, ist mit Art 20 AEUV nicht vereinbar, weil dies bei Vorliegen eines solchen Abhängigkeitsverhältnisses und Nicht-Vorliegen der hinreichenden Existenzmittel dazu führen würde, dass der Unionsbürger de facto gezwungen wäre, den drittstaatsangehörigen Familienangehörigen zu begleiten und folglich ebenfalls das Gebiet der Union zu verlassen. V. Die nationalen Behörden sind zwar nicht verpflichtet, aus Eigenem und systematisch das Vorliegen eines solchen Abhängigkeitsverhältnisses zu prüfen, den betroffenen Familienangehörigen muss es aber möglich sein, im Verfahren dahingehende Gesichtspunkte geltend zu machen. VI. Die familiäre Bindung an sich oder wirtschaftliche Gründe vermögen bei Volljährigkeit der Betroffenen dieses Abhängigkeitsverhältnis nicht zu begründen, vielmehr müssen bei diesen besondere Umstände hinzutreten. VII. Das im Zivilrecht eines Mitgliedstaats statuierte Erfordernis des Zusammenlebens von Ehegatten greift nicht, wenn dem drittstaatsangehörigen Ehegatten kein abgeleitetes Aufenthaltsrecht nach den vorstehenden Kriterien zukommt: Denn damit wäre ein Zwang für den Unionsbürger verbunden, das Gebiet des Mitgliedstaats zu verlassen, was auf einen Verstoß gegen den völkerrechtlichen Grundsatz der Nicht-Ausweisung eigener Staatsangehöriger (Art 3 4. ZPEMRK) hinauslaufen würde. Daher ist die in Rede stehende zivilrechtliche Bestimmung nicht gerichtlich durchsetzbar und vermag deshalb für sich wiederum nicht ein solches Abhängigkeitsverhältnis zu begründen.
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Entscheidungsdatum: 27.02.2020
Aufbereitet am: 05.05.2020
2040
Primäre Zuerkennung des Status des Asylberechtigten anstatt des Status des subsidiär Schutzberechtigten
Leitsätze
Sind in einem Familienverfahren die Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gegeben, so darf nicht bloß der Status des subsidiär Schutzberechtigten samt einer befristeten Aufenthaltsberechtigung erteilt werden.
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Entscheidungsdatum: 03.12.2019
Aufbereitet am: 04.05.2020
2039
Verweigerung der Beteiligung an Umverteilung Schutzsuchender aus Griechenland und Italien in andere EU-Mitgliedstaaten rechtswidrig
Leitsätze
I. Das mittlerweile Außerkrafttreten der Beschlüsse (EU) 2015/1523 und 2015/1601 (17. und 26.9.2017) über die Umverteilung Schutzsuchender aus Griechenland und Italien in die anderen Mitgliedstaaten führt nicht zur Unzulässigkeit der Vertragsverletzungsklagen der Kommission gemäß Art 258 AEUV. Vielmehr genügt es, dass sich die Kommission darauf beschränkt, beim EuGH die Feststellung des Vorliegens der behaupteten Vertragsverletzung zu beantragen. II. Dass die Kommission nur gegen Polen, die Tschechische Republik und Ungarn Klage erhob, obwohl auch andere Mitgliedstaaten gegen die in Rede stehenden Verpflichtungen verstoßen hatten, macht die Klagen nicht aus Gründen der Ungleichbehandlung unzulässig: Denn die Kommission hat ein gewisses Ermessen in der Frage, ob ein Einschreiten gegen einen Mitgliedstaat zweckmäßig ist. Zudem hat sich die Kommission im vorliegenden Fall von einem neutralen und objektiven Kriterium leiten lassen, nämlich der Schwere und dem Fortdauern der vorgeworfenen Verstöße. III. Eine Unzulässigkeit der Vertragsverletzungsklagen iSd Art 258 AEUV rührt auch nicht von einer relativ kurzen von der Kommission gewährten Frist zur Beantwortung ihrer Stellungnahme durch die Mitgliedstaaten von vier Wochen, wenn der behauptetermaßen verletzte Unionsrechtsakt wie im vorliegenden Fall bald außer Kraft tritt und es schon zahlreiche vorherige Aufforderungen zur Herstellung des rechtmäßigen Zustands durch die Kommission gab. IV. Zwar ist es Sache der Mitgliedstaaten, ihre öffentliche Ordnung und innere Sicherheit aufrechtzuerhalten (Art 72 AEUV iVm Art 4 Abs 2 EUV), doch bedeutet dies nicht, dass solche Maßnahmen der Prüfung durch das Unionsrecht entzogen wären. Zudem ist Art 72 AEUV eng auszulegen. Er kann also nicht als Ermächtigung gedeutet werden, durch bloße Berufung auf diese Zuständigkeiten von den Bestimmungen des Unionsrechts abzuweichen. In der Frage der Notwendigkeit der Inanspruchnahme dieser Bestimmung liegt die Beweislast beim betreffenden Mitgliedstaat. V. Art 5 Abs 4 und 7 Beschlüsse (EU) 2015/1523 und 2015/1601 (Ermächtigung zur Verweigerung der Umsiedlung durch den Umsiedlungsmitgliedstaat, wenn berechtigte Gründe dafür vorliegen, dass der Antragsteller auf internationalen Schutz als Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung betrachtet wird oder wenn schwerwiegende Gründe für die Anwendung der Ausschlüsse von der Flüchtlingseigenschaft oder von subsidiärem Schutz gemäß den Art 12 und 17 RL 2011/95/EU vorliegen) würdigt und berücksichtigt das Interesse der Mitgliedstaaten an der Aufrechterhaltung ihrer öffentlichen Ordnung und innere Sicherheit bereits hinreichend. Den Umsiedlungsmitgliedstaaten steht ein weites Ermessen bei der Beurteilung einer solchen Gefahr in der Person des betreffenden Antragstellers auf internationalen Schutz zu, weil der in Art 5 Abs 4 und 7 Beschlüsse (EU) 2015/1523 und 2015/1601 gebrauchte Begriff der öffentlichen Ordnung und inneren Sicherheit nicht so eng wie der auf Unionsbürger bezogene Art 27 RL 2004/38/EG auszulegen ist. Faktische Schwierigkeiten bei der Anwendung des Art 5 Beschlüsse (EU) 2015/1523 und 2015/1601 tun diesem Ergebnis keinen Abbruch. VI. Sonstige praktische Schwierigkeiten (behauptete fehlende Effektivität oder behauptetes Nicht-Funktionieren der Verteilung von Schutzsuchenden im Unionsgebiet) sind ebenfalls kein tauglicher Rechtfertigungsgrund für das Nicht-Erfüllen unionsrechtlicher Verpflichtungen: Denn mit einem solchen Vorbringen könnte sich ein Mitgliedstaat vieler unionsrechtlicher Verpflichtungen einfach entziehen, zudem ist der in Art 5 Beschlüsse (EU) 2015/1523 und 2015/1601 vorgesehene Umsiedlungsmechanismus ein völlig neuartiges Instrument, das von gewissen anfänglichen Anlaufs- und Koordinierungsanforderungen begleitet wird. Solche Schwierigkeiten waren gegebenenfalls im Geist der Zusammenarbeit und des gegenseitigen Vertrauens der Behörden der durch die Umsiedlung begünstigten Mitgliedstaaten und der Behörden der Umsiedlungsmitgliedstaaten zu lösen.
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Entscheidungsdatum: 02.04.2020
Aufbereitet am: 29.04.2020