Leitsätze
1993
Die bloße Tatsache einer strafgerichtlichen Verurteilung begründet für sich allein nicht die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes – Notwendigkeit der Erstellung einer konkreten Gefährdungsprognose
Leitsätze
I. Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. II. Hierbei ist auf das persönliche Verhalten des Fremden, insb die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Die bloße Tatsache der Verurteilung bzw Bestrafung des Fremden allein kann nicht ohne Weiteres die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes begründen.
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Entscheidungsdatum: 20.09.2019
Aufbereitet am: 09.01.2020
1992
Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Abschiebung eines begünstigten Drittstaatsangehörigen
Leitsätze
Im Falle der beabsichtigten Ausweisung eines begünstigten Drittstaatsangehörigen wäre jedenfalls § 66 FPG zu beachten, in dessen Rahmen eine Abwägung im Zusammenhang mit dem Recht auf Privat- und Familienleben zu erfolgen hat.
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Entscheidungsdatum: 22.08.2019
Aufbereitet am: 07.01.2020
1991
Verhängung einer Wohnsitzauflage nur als ultima ratio unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls
Leitsätze
Der unrechtmäßige Aufenthalt und die Nichtausreise trotz Rückkehrentscheidung binnen der festgelegten Frist reicht alleine noch nicht aus, um eine Wohnsitzauflage gemäß § 57 FPG zu erlassen. Zur Erlassung einer Wohnsitzauflage als ultima ratio bedarf es vielmehr konkreter Umstände des Einzelfalls, die zur Annahme führen, dass der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird.
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Entscheidungsdatum: 23.09.2019
Aufbereitet am: 02.01.2020
1990
Nachweis der Zustimmung einer obsorgeberechtigten Person im Herkunftsstaat keine materielle Erteilungsvoraussetzung für einen Einreisetitel gemäß § 35 AsylG
Leitsätze
I. Der Minderjährige, dessen Vater in Österreich Asyl gewährt wurde, wird im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt, da ihm ein Einreisetitel durch die Österreichische Botschaft nicht erteilt wurde. II. Es gibt keine gesetzliche Grundlage für das aufgestellte Erfordernis des Nachweises der Zustimmung einer obsorgeberechtigten Person im Herkunftsstaat.
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Entscheidungsdatum: 24.09.2019
Aufbereitet am: 23.12.2019
1989
Fehlende Interessenabwägung zum festgestellten Familienleben mit einem Asylberechtigten
Leitsätze
Der minderjährige Beschwerdeführer wird durch die Versagung eines Einreisetitels mangels Interessenabwägung zum festgestellten Familienleben mit einem Asylberechtigten im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt.
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Entscheidungsdatum: 24.09.2019
Aufbereitet am: 20.12.2019
1988
Ausweisung eines seit Geburt ansässigen Fremden nach Verurteilung wegen schwerem Gewaltdelikt
Leitsätze
I. Die Beziehung zwischen Erwachsenen und ihren Eltern fällt nicht in den Anwendungsbereich des Familienlebens iSv Art 8 EMRK, solange kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis besteht, das über die gewöhnlichen emotionalen Bindungen hinausgeht. Im vorliegenden Fall wurden keine finanziellen, medizinischen oder sonstigen Umstände vorgebracht, die für eine besondere Abhängigkeit zwischen dem 30 Jahre alten Beschwerdeführer und seinen Eltern sprechen. II. Die Mitgliedstaaten haben das Recht, die öffentliche Ordnung und Sicherheit aufrecht zu erhalten und zu diesem Zweck die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu kontrollieren. Dazu gehört auch das Recht, Fremde abzuschieben, die wegen einer strafbaren Handlung verurteilt wurden. Eine solche Entscheidung muss jedoch dem Art 8 Abs 2 EMRK entsprechen, also gesetzlich vorgesehen sein und zur Erreichung eines legitimen Ziels notwendig, dh insb verhältnismäßig sein. III. Eine Eheschließung nach einer rechtskräftigen Ausweisung spielt im Hinblick auf deren Verhältnismäßigkeit keine Rolle. IV. Die Gesamtheit der Beziehungen eines niedergelassenen Ausländers zu seinem Umfeld bildet einen Aspekt des Privatlebens iSv Art 8 EMRK. Die Ausweisung des Beschwerdeführers, der in Russland geboren wurde und dort fast sein gesamtes Leben verbracht hat, begründet daher einen Eingriff in sein Recht auf Achtung des Privatlebens. V. Die Ausweisung eines voll integrierten Ausländers, der fast sein gesamtes Leben im ausweisenden Staat verbracht hat, kann gerechtfertigt sein, wenn er wegen einer besonders schweren Straftat verurteilt wurde. Ein im Alter von 24 Jahren begangenes Gewaltdelikt kann nicht mit einem Fall von Jugendkriminalität (vgl Maslov/A) gleichgesetzt werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich der Beschwerdeführer nie um die russische Staatsbürgerschaft bemüht hat.
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Entscheidungsdatum: 17.12.2019
Aufbereitet am: 20.12.2019
1987
Ermittlungspflicht in Bezug auf (alle) Duldungskriterien
Leitsätze
I. Das BFA begründete die Zurückweisung des Antrags auf Ausstellung einer Karte für Geduldete - lediglich - damit, dass die Voraussetzungen nach § 46a Abs 1 Z 1 FPG nicht vorliegen würden. Abgesehen davon, dass das BFA die herangezogene Gesetzesbestimmung im Bescheid grob fehlerhaft und sinnverändernd zitiert hat, übersieht das BFA, dass in § 46a Abs 1 FPG mehrere verschiedene Voraussetzungen geregelt sind, bei deren Vorliegen eine Ausstellung einer Karte für Geduldete erfolgen kann. II. Es sind sämtliche Kriterien des § 46a Abs 1 FPG zu prüfen, auch wenn einzelne davon von den Antragstellern im Formblatt nicht explizit angekreuzt wurden. III. Wenn vorgebracht wird, dass man sich bei der zuständigen Botschaft erfolglos um die Ausstellung von Reisedokumenten bemüht habe, ist § 46a Abs 1 Z 3 FPG einer genaueren Prüfung zu unterziehen, wonach der Aufenthalt eines Fremden im Bundesgebiet zu dulden ist, solange dessen Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen unmöglich erscheint.
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Entscheidungsdatum: 01.10.2019
Aufbereitet am: 19.12.2019
1986
Intensiver Eingriff in das Familienleben
Leitsätze
I. Die Annahme, der Kontakt zwischen einem Kleinkind und einem Elternteil könne über Telekommunikation und elektronische Medien aufrechterhalten werden, ist lebensfremd. II. Der mit der Ausweisung verbundene Eingriff in das Recht auf Familienleben ist als besonders intensiv zu betrachten, wenn eine Fortsetzung des Familienlebens in diesem Staat ausgeschlossen erscheint.
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Entscheidungsdatum: 03.10.2019
Aufbereitet am: 19.12.2019
1985
Keine Relevanz der Ausreise aus dem Bundesgebiet bzw der neuerlichen Asylantragstellung im Hinblick auf eine wirksam auferlegte Wohnsitzauflage
Leitsätze
Die Ausreise aus dem Bundesgebiet sowie die neuerliche Asylantragstellung in einem anderen EU-Mitgliedstaat ist für die Erteilung bzw das Bestehen einer Wohnsitzauflage nicht von Relevanz.
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Entscheidungsdatum: 19.08.2019
Aufbereitet am: 18.12.2019
1984
Verhältnismäßigkeit der Wohnsitzauflage nach § 57 FPG bei mangelnder Ausreisewilligkeit
Leitsätze
I. Die Erlassung einer Wohnsitzauflage hat jedenfalls abhängig von den Umständen des konkreten Einzelfalls zu ergehen. Dabei sind insb der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie Art 8 EMRK zu berücksichtigen. II. Die Wohnsitzauflage soll als ultima ratio nur dann angeordnet werden, wenn der Drittstaatsangehörige seiner Verpflichtung zur Ausreise bislang nicht nachgekommen ist und aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls anzunehmen ist, dass er auch weiterhin seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird.
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Entscheidungsdatum: 23.08.2019
Aufbereitet am: 17.12.2019
1983
Homosexualität in Cote d'Ivoire
Leitsätze
Die Homosexuellen-Community in der Elfenbeinküste ist dazu verurteilt, ihre Neigungen zu verbergen, um nicht Opfer von physischer oder verbaler Gewalt zu werden. Die Situation wird durch die intolerante bis gewalttätige Haltung der Polizeikräfte unterstützt. Von einem Asylwerber kann aber nicht erwartet werden, dass er seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält, um eine Verfolgung zu vermeiden. Die Verfolgungsgefahr ist asylrelevant, weil die ivorischen Behörden Verfolgungshandlungen von Zivilpersonen gegenüber weder schutzfähig noch schutzwillig sind, womit LGBTIQ-Personen mannigfaltigen Diskriminierungen im alltäglichen Leben sowie Gewaltakten durch die Bevölkerung hilflos ausgeliefert sind. Der Eingriff in das Privatleben ivorischer homosexueller Bürger beeinträchtigt ihre persönliche Freiheit, die auch durch die EMRK und die GRC garantiert ist, erheblich und stellt in Österreich eine Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundrechts dar.
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Entscheidungsdatum: 02.07.2019
Aufbereitet am: 16.12.2019
1982
Zur sozialen Gruppe der alleinstehenden Frauen in Somalia
Leitsätze
Die Beschwerdeführerin muss zur Zeit als alleinstehende Frau ohne männlichen Schutz angesehen werden, die in Beled Hawo über keine relevanten familiären oder clanbezogenen Anknüpfungspunkte verfügt. Sie unterliegt damit einer ausreichend wahrscheinlichen und aktuellen Verfolgungsgefahr als Mitglied der sozialen Gruppe der alleinstehenden Frauen in Somalia Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt zu werden.
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Entscheidungsdatum: 01.08.2019
Aufbereitet am: 13.12.2019
1981
Homosexualität in Kamerun
Leitsätze
Aus den aktuellen Länderberichten geht eindeutig hervor, dass homosexuelle Handlungen in Kamerun zwar grundsätzlich gemäß Art 347a des Strafgesetzbuches strafbar sind, es jedoch zu keiner systematischen Verfolgung Homosexueller in Kamerun kommt.
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Entscheidungsdatum: 12.06.2019
Aufbereitet am: 12.12.2019
1980
Prüfung der Rechtmäßigkeit der Schubhaft unter Missachtung ärztlicher Atteste
Leitsätze
I. Selbst wenn ein innerstaatliches Gericht feststellt, dass Entscheidungen über die Fortsetzung der Schubhaft mit Verfahrensmängeln behaftet sind, ändert dies nichts an der Opfereigenschaft der Beschwerdeführerin, wenn keine angemessene Entschädigung für die Konventionsverletzung geleistet wurde. II. Die Staaten müssen ihre Behörden so organisieren, dass jede ungerechtfertigte Freiheitsentziehung vermieden wird. Auch wenn gewisse Verzögerungen bei der Umsetzung einer Entscheidung über die Enthaftung einer Person unvermeidbar sein mögen, müssen diese auf ein Minimum reduziert werden. III. Mängel bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der fortgesetzten Schubhaft ziehen die Unrechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung nach sich.
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Entscheidungsdatum: 25.04.2019
Aufbereitet am: 11.12.2019
1979
Kein kompletter Leistungsausschluss von (minderjährigen) Asylwerbern auch bei Gewalttätigkeit in der Unterkunft
Leitsätze
Eine (minderjährige) Person, die internationalen Schutz beantragt hat, darf auch dann nicht mit dem Entzug der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen in Bezug auf Unterkunft, Verpflegung oder Kleidung sanktioniert werden, wenn sie grob gegen die Vorschriften des sie aufnehmenden Unterbringungszentrums verstößt oder sich grob gewalttätig verhält.
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Entscheidungsdatum: 12.11.2019
Aufbereitet am: 11.12.2019
1978
Unzulässigkeit der Abschiebung eines Deserteurs und Kämpfers der Freien Syrischen Armee nach Syrien
Leitsätze
I. Die Sicherheitslage und die allgemeine Situation in Syrien haben sich in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert. Nach wie vor herrschen Kämpfe zwischen den Konfliktparteien, die keine Rücksicht auf die Zivilbevölkerung und die zivile Infrastruktur nehmen und auch diese angreifen. Zudem stehen willkürliche Verhaftungen und Freiheitsentziehungen auf der Tagesordnung. Diese allgemeine Situation erfordert einen Schutz der durch Art 2 und Art 3 EMRK garantierten Rechte. II. Es besteht eine verbreitete Praxis der Misshandlung und Exekution von Deserteuren aus der syrischen Armee. Daher droht Deserteuren im Fall ihrer Rückkehr nach Syrien der Tod oder eine gegen Art 3 EMRK verstoßende Misshandlung. Abschiebungen nach Syrien sind daher unzulässig. Dies gilt für das gesamte Staatsgebiet.
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Entscheidungsdatum: 10.10.2019
Aufbereitet am: 10.12.2019
1977
Antrag auf Feststellung des rechtmäßigen Aufenthaltes für Zwecke des Staatsbürgerschaftsverfahrens unzulässig
Leitsätze
Ein für die Staatsbürgerschaftsbehörde bindender Abspruch durch das BFA in Form eines Feststellungsbescheides ist nicht nur gesetzlich nicht vorgesehen, sondern auch kein zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendiges Mittel: Der rechtmäßige Aufenthalt des Fremden in Österreich - in der in den Bestimmungen des StbG jeweils vorgesehenen Dauer - ist eine der Tatbestandsvoraussetzungen für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft, deren Vorliegen von der Staatsbürgerschaftsbehörde selbst zu prüfen ist.
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Entscheidungsdatum: 01.08.2019
Aufbereitet am: 09.12.2019
1976
§ 51 Abs 2 Z 3 NAG: Arbeitnehmer-Eigenschaft trotz Arbeitslosigkeit nur bei unverzüglicher AMS-Meldung
Leitsätze
I. § 51 Abs 2 Z 3 NAG stellt darauf ab, dass die Erwerbstätigeneigenschaft nach Ablauf eines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages nur dann erhalten bleibt, wenn der Arbeitnehmer nach Ende der befristeten Tätigkeit, die die Arbeitnehmereigenschaft begründet hat, sich - bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit - der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice "zur Verfügung stellt". Das Gesetz bietet keinen Hinweis darauf, dass trotz des Umstandes, dass der Betreffende sich nach Ende der befristeten Tätigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice nicht (unverzüglich) zur Verfügung stellt, die Arbeitnehmereigenschaft dann, wenn er dies nachträglich tut, gleichsam rückwirkend wiederauflebt. Einem derartigen Verständnis steht der insofern klare Wortlaut der Bestimmung entgegen, der von einem "Erhalt" der Arbeitnehmereigenschaft trotz Beendigung der Tätigkeit (und nicht von einem nachträglichen Wiederaufleben derselben) und einem (in zeitlicher Hinsicht nicht eingeschränkten und somit andauernden) "Zur-Verfügung-Stellen" zwecks Vermittlung eines neuen Arbeitsverhältnisses ausgeht. Nichts anderes ergibt sich aus der zugrundeliegenden Bestimmung des Art 7 Abs 3 lit c Freizügigkeitsrichtlinie. II. Nach § 51 Abs 2 Z 3 NAG iVm Art 7 Abs 3 lit c der Freizügigkeitsrichtlinie kommt es auf ein Zur-Verfügung-Stellen bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, nicht aber darauf an, wann dieser Umstand der Mindestsicherungsbehörde bekanntzugeben ist.
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Entscheidungsdatum: 30.04.2019
Aufbereitet am: 06.12.2019
1975
Verweigerung der Genehmigung für einen Journalisten, zu Recherchezwecken ein Aufnahmezentrum für Asylwerber zu besuchen
Leitsätze
I. Das Recherchieren von Informationen durch einen Journalisten ist ein wesentlicher vorbereitender Schritt für eine Veröffentlichung und fällt daher in den Schutzbereich der durch Art 10 EMRK garantierten Meinungsäußerungsfreiheit. II. Die Verweigerung des Zugangs eines Journalisten zu einem Aufnahmezentrum für Asylsuchende, über das er einen Bericht schreiben will, stellt daher einen Eingriff in die Meinungsäußerungsfreiheit dar. III. Die Lebensbedingungen in einem Aufnahmezentrum für Asylwerber und deren Behandlung durch die Behörden sind eine Angelegenheit von großem öffentlichen Interesse. Es besteht daher ein legitimes Interesse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung über dieses Thema. Es besteht daher unter Art 10 EMRK wenig Spielraum für eine Einschränkung einer derartigen Berichterstattung. IV. Der Schutz der Persönlichkeitsrechte von Asylwerbern, die in einem Aufnahmezentrum leben, kann Einschränkungen des Zugangs von Journalisten zu diesem Aufnahmezentrum rechtfertigen. Es ist jedoch unverhältnismäßig, einem Journalisten den Zugang zu verweigern, der sachlich über die Zustände in dem Zentrum berichten will und sich verpflichtet, nur Personen zu interviewen und zu fotografieren, die dem ausdrücklich zugestimmt haben.
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Entscheidungsdatum: 08.10.2019
Aufbereitet am: 05.12.2019
1974
§ 28 StbG: Beibehaltung der Staatsbürgerschaft Minderjähriger auch ohne Kindeswohlgefährdung
Leitsätze
I. Die Bewilligung der Beibehaltung der Staatsbürgerschaft nach § 28 StbG ist kein Ermessensakt; vielmehr besteht bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ein Rechtsanspruch auf Beibehaltung. II. Den Materialien zur Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 ist nicht zu entnehmen, dass es die Intention des Gesetzgebers wäre, die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft eines minderjährigen Antragstellers vom Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Gründe, wenn etwa die Versagung der Beibehaltung eine Kindeswohlgefährdung darstelle, abhängig zu machen, indem für die Auslegung des § 28 Abs 1 Z 2 StbG auch die Voraussetzungen und Gesichtspunkte der beiden übrigen Tatbestände des § 28 Abs 1 Z 1 sowie Abs 2 StbG heranzuziehen wären. Vielmehr wird in den Materialien (RV 1189 BlgNR 22. GP, S 9) zum neugeschaffenen Tatbestand des § 28 Abs 1 Z 2 StbG ausgeführt: "Ebenso besteht ein Rechtsanspruch auf die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft alleine aus dem Grund, dass es im Falle von Minderjährigen dem Kindeswohl entspricht. Damit sollen die Verpflichtungen Österreichs auf Grund der Kinderrechtskonvention umgesetzt werden (Z 2)." III. Entsprechend dem Wortlaut, wie auch nach den Materialien zur Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 (Hinweis RV 1189 BlgNR 22. GP, S 9), haben Minderjährige, allein aus dem Grund, dass es dem Kindeswohl entspricht, unmittelbar nach der Bestimmung des § 28 Abs 1 Z 2 StbG einen Anspruch auf Beibehaltung der Staatsbürgerschaft. IV. Für die Auslegung der Wendung "wenn es dem Kindeswohl entspricht" in § 28 Abs 1 Z 2 StbG sind nicht die beiden anderen in § 28 Abs 1 Z 1 sowie Abs 2 StbG normierten Beibehaltungstatbestände sondern vielmehr der durch das Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013, BGBl I 15/2013, neugefasste § 138 ABGB heranzuziehen. V. Die gemäß § 28 Abs 1 Z 2 StbG beantragte Bewilligung der Beibehaltung der Staatsbürgerschaft ist nicht erst dann zu erteilen, wenn deren Versagung das Kindeswohl gefährden würde oder besonders berücksichtigungswürdige Gründe für die Erteilung der Bewilligung sprechen. Vielmehr genügt es, dass die Bewilligung der beantragten Beibehaltung dem Kindeswohl entspricht. VI. Das "Kindeswohl" ist ein Rechtsbegriff, der letztlich von den Behörden und Gerichten zu beurteilen ist. § 138 ABGB enthält eine nicht abschließende Aufzählung von für das Wohl des Kindes bedeutenden Aspekten, um in allen das minderjährige Kind betreffenden Angelegenheiten unter anderem den Behörden und Gerichten Anhaltspunkte für die Beurteilung dieses Rechtsbegriffs zu bieten (vgl RV 2004 BlgNR 24. GP, S 16). So werden in § 138 Z 4 ABGB die Förderung unter anderem der Entwicklungsmöglichkeiten und in Z 9 leg cit verlässliche Kontakte des Kindes nicht nur zu beiden Elternteilen, sondern auch zu wichtigen Bezugspersonen, sowie sichere Bindungen des Kindes zu diesen Personen als wichtige Kriterien bei der Beurteilung des Kindeswohls genannt.
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Entscheidungsdatum: 15.05.2019
Aufbereitet am: 04.12.2019