Leitsätze
2107
"Aufenthaltsberechtigung plus" an unter fünf Jahre im Bundesgebiet aufhältige Fremde
Leitsätze
Es ist maßgeblich relativierend, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitraum gesetzt wurden, in dem sich der Revisionswerber seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste.
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Entscheidungsdatum: 27.02.2020
Aufbereitet am: 31.08.2020
2106
Ausnahmsweise Zulässigkeit der Schubhaft in einer gewöhnlichen Haftanstalt
Leitsätze
I. Der Umstand, dass laut Art 72 AEUV die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit durch die Vorschriften der EU-Politik im Bereich Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung nicht berührt wird, entbindet Regelungen des nationalen Rechts, die diesen beiden Rechtsgütern dienen, bei Unionsbezug nicht von einer Beurteilung ihrer Zulässigkeit am Maßstab des Unionsrechts. II. Art 16 Abs 1 Satz 2 RL 2008/115/EG ist dahin auszulegen, dass er neben der Ausnahme des Art 18 leg cit vom grundsätzlichen Gebot der Unterbringung von Schubhäftlingen in besonderen Hafteinrichtungen auch noch andere derartige (ungeschriebene) Ausnahmen zulässt. So ist die Unterbringung in einer gewöhnlichen Hafteinrichtung auch dann zulässig, wenn vom illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend erhebliche Gefahr ausgeht, die ein Grundinteresse der Gesellschaft oder die innere oder äußere Sicherheit des betreffenden Mitgliedstaats berührt.
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Entscheidungsdatum: 02.07.2020
Aufbereitet am: 27.08.2020
2105
Zulässige Folgeantragstellung nach unionsrechtswidriger Asylantragszurückweisung; ungarische Transitzone als Hafteinrichtung
Leitsätze
I. Die Regelung im ungarischen Asylrecht (§ 51 Abs 2 lit f ungarisches Asylgesetz), wonach ein Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen ist, wenn der Antragsteller über einen Staat eingereist ist, in dem ihm weder asylrelevante Verfolgung noch ernsthafter Schaden iSv subsidiärer Schutzbedürftigkeit drohen oder in dem ein angemessenes Schutzniveau gewährleistet ist, findet keine Deckung im taxativen Katalog des Art 33 Abs 2 RL 2013/32/EU und ist folglich unionsrechtswidrig. II. Da auch die Rechtskraft der auf § 51 Abs 2 lit f ungarisches Asylgesetz gestützten Entscheidungen vom Unionsrecht geschützt wird und die Kriterien des Urteils EuGH 3.1.2004, C-453/00 (Kühne & Heitz) in den Ausgangsverfahren nicht erfüllt sind, ist die ungarische Vollziehung nicht dazu verpflichtet, den Asylantrag auf Grund der Unionsrechtswidrigkeit des § 51 Abs 2 lit f ungarisches Asylgesetz erneut zu prüfen. Wohl aber können Betroffene einen neuen Asylantrag stellen: Da das Erstverfahren unionsrechtswidrig war, ist es der Vollziehung nicht erlaubt, solche Folgeanträge als res iudicata (Art 33 Abs 2 lit d RL 2013/32/EU) zurückzuweisen. III. Die Rechtskraft bestehender Gerichtsentscheidungen, die das erstbehördliche Vorgehen bestätigt haben, steht einer Aufschiebung der Abschiebung der Betroffenen durch den neuen Asylantrag nicht entgegen. IV. Die Regelung eines Mitgliedstaats, wonach ein von einer Rückkehrentscheidung erfasster Drittstaatsangehöriger sich in einer Transitzone aufhalten muss, ist in Umständen wie jenen der Ausgangsverfahren (keine Möglichkeit, legal in den angrenzenden Staat auszureisen, Verlust jeglicher Chance, im Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft zugesprochen zu bekommen) als Haft iSd RL 2008/115/EG (RückführungsRL) und RL 2013/33/EU (Aufnahme-RL) im Lichte von Art 6 GRC zu qualifizieren. V. Art 43 RL 2013/32/EU ist dahin auszulegen, dass er es nicht zulässt, Antragsteller auf internationalen Schutz in Transitzonen für mehr als vier Wochen in Gewahrsam zu nehmen. VI. Die Art 8 und 9 RL 2013/33/EU und Art 15 RL 2008/115/EG lassen die Inhaftierung nur auf Grund einer förmlichen Entscheidung zu. VII. Die Art 8 und 9 RL 2013/33/EU und Art 15 RL 2008/115/EG stehen einer Inhaftierung nur auf Grund fehlender Selbsterhaltungsfähigkeit entgegen. VIII. Die Art 8 und 9 RL 2013/33/EU und Art 15 RL 2008/115/EG stehen dem Fehlen gerichtlichen Rechtsschutzes gegen Inhaftierungen entgegen. IX. Art 9 RL 2013/33/EU ist dahin auszulegen, dass er die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, eine Höchstdauer der Haft festzusetzen, sofern ihr einzelstaatliches Recht garantiert, dass die Haft nur so lange dauert, wie der betreffende Haftgrund gegeben ist und die Verwaltungsverfahren in Bezug auf den Haftgrund mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt werden. Art 15 RL 2008/115/EG kennt dagegen eine Höchstfrist von 18 Monaten. X. Kraft unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs va des Art 47 GRC sind die Gerichte eines Mitgliedstaats verpflichtet, sich für die Überprüfung von Inhaftierungen wie den gegenständlichen für zuständig zu erklären und diese bei Qualifikation als rechtswidrig unverzüglich aufzuheben. XI. Kraft unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs va des Art 47 GRC sind die Gerichte eines Mitgliedstaats verpflichtet, sich für Klagen zur Durchsetzung der in der RL 2013/33/EU verbrieften materiellen Ansprüche zuständig zu erklären und können in diesem Bereich nach Unionsrecht auch vorläufige Maßnahmen erlassen. XII. Die Änderung des Ziellands einer Rückkehrentscheidung ist als neuerliche Rückkehrentscheidung zu qualifizieren und zieht sämtliche Verfahrensgarantien der RL 2008/115/EG nach sich. XIII. In einem Stadium des Rechtsschutzverfahrens gegen Rückkehrentscheidungen (inklusive jenen über die Änderung des Ziellands) muss eine Stelle erkennen, die den Garantien des Art 13 RL 2008/115/EG iVm Art 47 GRC entspricht. Ist dies nach nationalem Recht nicht der Fall, so muss sich ein nationales Gericht iSd Art 47 GRC, bei dem ein Rechtsbehelf gegen eine solche Entscheidung eingelegt wurde, dafür zuständig erklären.
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Entscheidungsdatum: 14.05.2020
Aufbereitet am: 26.08.2020
2104
Interessenabwägung bei Straffälligkeit
Leitsätze
Die sich weitgehend auf den Inhalt der Strafregisterauskunft beschränkenden Feststellungen des VwG, das überdies auf die Argumentation des BFA trotz Verpflichtung hierzu nicht eingeht, reichen für eine nachvollziehbare Gefährdungsprognose nicht aus.
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Entscheidungsdatum: 16.04.2020
Aufbereitet am: 25.08.2020
2103
Folgen der Verletzung der Anhörungspflicht durch die Asylbehörde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren
Leitsätze
I. Die Garantien des Art 14 f RL 2013/32/EU (persönliche Anhörung Schutzsuchender durch die Asylbehörde unter den dort verbrieften Bedingungen) gelten auch in Verfahren über die Unzulässigkeit von Anträgen auf internationalen Schutz iSd Art 33 leg cit (Art 34 RL 2013/32/EU). II. Sollte die Asylbehörde diese Bestimmungen missachten, kommt eine Heilung dieses Verfahrensfehlers im gerichtlichen Rechtsmittelverfahren nur in Betracht, wenn das Rechtsmittelgericht den Antragstellern auf internationalen Schutz eine diesen Garantien vollumfänglich entsprechende Anhörung ermöglichen kann. III. Ist dies nicht möglich, so hat das Rechtsmittelgericht den mit der Rechtswidrigkeit einer unterbliebenen Anhörung belasteten Verwaltungsakt aufzuheben und die Sache an die Asylbehörde zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.
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Entscheidungsdatum: 16.07.2020
Aufbereitet am: 24.08.2020
2102
Sonderfälle unselbstständiger Erwerbstätigkeit und AuslBG
Leitsätze
I. Eine allenfalls fehlerhaft ausgestellte Bewilligung oder Bestätigung nach dem AuslBG hat keinen Einfluss auf das Bestehen oder die Art eines Aufenthaltsrechts. II. Dass Studienaufenthalte vom Anwendungsbereich der DaueraufenthaltsRL ausgenommen sind, ergibt sich bereits aus deren Art 3 Abs 2 lit a. III. Aufgrund des Aufenthaltszwecks, nämlich der Absolvierung eines Doktoratsstudiums, und der Bindung des Aufenthaltstitels an das (Fort-)Bestehen eines Stipendiums ist klar, dass eine solche Aufenthaltsgenehmigung als förmlich begrenzt iSd Art 3 Abs 2 lit e DaueraufenthaltsRL anzusehen ist.
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Entscheidungsdatum: 23.01.2020
Aufbereitet am: 20.08.2020
2101
Studienerfolgsnachweis bei "Quereinstieg" ins Studienjahr
Leitsätze
I. Im Fall eines Verlängerungsantrages müssen grundsätzlich positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten im vorangegangenen Studienjahr nachgewiesen werden. II. Der Umstand, dass die Fremde im Wintersemester des heranzuziehenden Studienjahres noch nicht zum Studium zugelassen war und daher keine Prüfungen ablegen konnte, stellt dem Grunde nach ein der Einflusssphäre der Drittstaatsangehörigen entzogenes, unabwendbares oder unvorhersehbares Ereignis iSd § 64 Abs 2 letzter Satz NAG dar. Es kann jedoch nur dann zu einer Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung trotz fehlenden Studienerfolges führen, wenn die Fremde nachweist, dass diese Hinderungsgründe kausal für das Unterbleiben eines ausreichenden Studienerfolges waren. III. Da § 64 Abs 2 letzter Satz NAG eine Prüfung der jeweils im Einzelfall vorgebrachten Umstände, die der Erbringung eines ausreichenden Studienerfolges entgegenstanden, erfordert, ist kein Widerspruch mit Art 21 Abs 2 lit f der RL (EU) 2016/801 (StudentenRL) und deren Zielen zu erkennen.
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Entscheidungsdatum: 23.01.2020
Aufbereitet am: 19.08.2020
2100
Zur Prüfung des Kindeswohls
Leitsätze
Im Bereich verwaltungsrechtlicher Entscheidungen, in denen auf das Kindeswohl Rücksicht zu nehmen ist, dienen die in § 138 ABGB genannten Kriterien als Orientierungsmaßstab.
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Entscheidungsdatum: 30.04.2020
Aufbereitet am: 18.08.2020
2099
Dauer einer psychischen Erkrankung iZm fehlendem Studienerfolgsnachweis
Leitsätze
I. Das Bestehen von Gründen, weswegen trotz Fehlens eines Studienerfolgsnachweises eine Aufenthaltsbewilligung gemäß § 64 Abs 3 NAG (aF; jetzt: Abs 2) verlängert werden kann, hat der Studierende konkret zu behaupten und ausreichend darzulegen. II. Aus der Rsp des VwGH ist keineswegs abzuleiten, dass eine dauerhafte Verhinderung iSd § 64 Abs 3 (aF; jetzt: Abs 2) NAG erst bei einer Erkrankung ab ungefähr zweijähriger Dauer anzunehmen wäre. Vielmehr kann eine gesundheitliche Beeinträchtigung auch bereits nach Ablauf eines kürzeren Zeitraums als dauerhaft erachtet werden.
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Entscheidungsdatum: 08.01.2020
Aufbereitet am: 17.08.2020
2098
Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt als Unionsbürger und Pensionsantritt
Leitsätze
Die zeitlichen Erfordernisse für den Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt nach Art 17 Abs 1 lit a RL 2004/38/EG gelten uneingeschränkt auch für jene ArbeitnehmerInnen, die zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsantrittsalter erreicht haben. Eine einschränkende Auslegung iS einer Geltung nur für VorruhestandsbezieherInnen scheidet aus.
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Entscheidungsdatum: 22.01.2020
Aufbereitet am: 13.08.2020
2097
Zum gebotenen Zugang zum Asylverfahren und zur Haft als "humanitäre Unterbringung"
Leitsätze
I. Als "andere Behörde" iSd Art 6 Abs 1 UAbs 2 RL 2013/32/EU ist jede Verwaltungs- oder Gerichtsstelle anzusehen, die zwar nicht für die Registrierung von Anträgen auf internationalen Schutz zuständig ist, bei der solche Anträge aber "wahrscheinlich" gestellt werden können. II. Die "andere Behörde" iSd Art 6 Abs 1 UAbs 2 RL 2013/32/EU hat illegal aufhältige Drittstaatsangehörige über ihre Möglichkeit der Antragstellung auf internationalen Schutz zu informieren und darüber hinaus bei der Bekundung der Absicht auf Antragstellung den Vorgang an die für die Registrierung des Antrags zuständige Behörde weiterzuleiten, damit dem Drittstaatsangehörigen die materiellen Leistungen iSd Art 17 RL 2013/33/EU zugute kommen können. III. Art 26 RL 2013/32/EU und Art 8 RL 2013/33/EU sind dahin auszulegen, dass ein illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, der bei einer "anderen Behörde" iSd Art 6 Abs 1 UAbs 2 RL 2013/32/EU seine Absicht bekundet hat, internationalen Schutz zu beantragen, nicht aus einem anderen als den in Art 8 Abs 3 RL 2013/33/EU vorgesehenen Gründen in Haft genommen werden darf. Auch die Bestimmung des Art 18 Abs 9 RL 2013/33/EU rechtfertigt keine Inhaftnahme, wenn die Unterbringungskapazitäten derzeit erschöpft sind.
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Entscheidungsdatum: 25.06.2020
Aufbereitet am: 12.08.2020
2096
Gebotene Rechtsbelehrung iSd § 21a Abs 5 NAG
Leitsätze
I. § 21a NAG geht über das zur Erreichung des mit der Stillhalteklausel verfolgten Ziels der Förderung der Integration türkischer Staatsangehöriger Erforderliche hinaus und stellt daher eine unzulässige neue Beschränkung iSd Art 13 ARB 1/80 dar. Allerdings ergibt sich aus dem Aufbau und der Zielsetzung des ARB 1/80, dass der Beschluss die schrittweise Integration türkischer Arbeitnehmer in den Aufnahmestaat durch die Ausübung einer ordnungsgemäßen und grundsätzlich ununterbrochenen Beschäftigung von einem, drei oder vier Jahren zum Ziel hat. Art 13 ARB 1/80 ist folglich dann nicht anzuwenden, wenn türkische Staatsangehörige gar nicht die Absicht haben, sich in den Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats zu integrieren. II. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut kann ein Antrag gemäß § 21a Abs 5 NAG nur bis zur Erlassung des Bescheids gestellt werden. Fehlt es an einem Antrag, so ist keine Interessenabwägung iSd § 11 Abs 3 NAG vorzunehmen. Die Behörde ist verpflichtet, den Drittstaatsangehörigen nicht nur über die Möglichkeit eines Antrags, sondern auch darüber zu belehren, dass die Antragstellung nur bis zur Erlassung des Bescheids zulässig ist. Die Belehrungspflicht besteht unabhängig davon, ob einem (allfälligen) Antrag a priori Erfolgschancen einzuräumen sind. Dem Gesetz ist - mangels einer dem § 13a AVG vergleichbaren Einschränkung - auch nicht zu entnehmen, dass die Belehrung unterbleiben dürfe, wenn im Verfahren ein Rechtsanwalt als Vertreter einschreitet. III. Das Unterbleiben der gebotenen Belehrung nach § 21a Abs 5 NAG belastet den Bescheid mit Rechtswidrigkeit. Ein solcher rechtswidriger Bescheid ist im Rechtsmittelverfahren zu beheben, um dem Rechtsmittelwerber die Antragstellung im fortgesetzten behördlichen Verfahren zu ermöglichen. Die unterbliebene Belehrung ist also nicht vom VwG selbst nachzuholen, indem dem Drittstaatsangehörigen die Antragsmöglichkeit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeräumt und anschließend über einen derartigen Antrag sogleich vom VwG selbst erstmals abgesprochen wird.
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Entscheidungsdatum: 11.03.2020
Aufbereitet am: 11.08.2020
2095
Betriebskosten als Teil der Mietbelastungen iSd § 11 Abs 5 NAG
Leitsätze
Die Betriebskosten sind von dem in § 11 Abs 5 NAG verwendeten Begriff der Mietbelastungen erfasst.
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Entscheidungsdatum: 30.03.2020
Aufbereitet am: 10.08.2020
2094
Arbeitsmarktzugang für Asylwerber
Leitsätze
I. Nach einer Wartefrist von drei Monaten kann ein Asylwerber während des laufenden (behördlichen) Asylverfahrens in den Arbeitsmarkt eintreten. II. Ein Schutz vor Entzug des Rechts auf Arbeitsmarktzugang im Rechtsmittelverfahren über den Antrag auf internationalen Schutz setzt voraus, dass die Gewährung des Rechts, also des Arbeitsmarktzuganges durch Erteilung einer (entsprechenden) Beschäftigungsbewilligung vor Erlassung der (ablehnenden) erstinstanzlichen Entscheidung im Asylverfahren erfolgte.
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Entscheidungsdatum: 28.04.2020
Aufbereitet am: 06.08.2020
2093
Wieder zur mangelnden Sachentscheidungsbefugnis und Entscheidungsfrist ungarischer Asyl-Rechtsmittelgerichte
Leitsätze
I. Art 31 RL 2013/32/EU ist auf das Verfahren vor den Asyl-Rechtsmittelgerichten nicht anzuwenden, sondern betrifft bloß das verwaltungsbehördliche Verfahren. II. Der EuGH hält an seiner Rsp fest (EuGH 29.7.2019, C-556/17 [Torubarov]), wonach eine fehlende reformatorische Entscheidungsbefugnis der Asyl-Rechtsmittelgerichte eines Mitgliedstaats mit der RL 2013/32/EU (VerfahrensRL) und va deren Art 46 Abs 3 nur dann vereinbar ist, wenn im Falle von deren kassatorischen Entscheidungen die Erstbehörde an die Rechtsansicht der Gerichte gebunden ist. Stellt das mitgliedstaatliche Recht eine solche Bindung nicht sicher, so ist es von den Rechtsmittelgerichten nicht anzuwenden und haben diese in der Sache zu entscheiden. III. Entscheidungsfristen der Asyl-Rechtsmittelgerichte nach mitgliedstaatlichem Recht sind von diesen im Einzelfall dann nicht zu beachten, wenn sie ob der Komplexität des Falls die Wirksamkeit der materiell-rechtlichen Regelungen und der verfahrensrechtlichen Garantien verunmöglichen. Die Entscheidungen sind dann stattdessen unter Beachtung dieser Anforderungen so schnell wie möglich zu erlassen.
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Entscheidungsdatum: 19.03.2020
Aufbereitet am: 05.08.2020
2092
Bloße Wiedergabe von Zeugenaussagen ist keine ausreichende Sachverhaltsfeststellung
Leitsätze
Die bloße Referierung von Zeugenaussagen kann die erforderlichen, auf die entscheidungswesentlichen Punkte zu fokussierenden, klar und nachvollziehbar zu treffenden Feststellungen nicht ersetzen.
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Entscheidungsdatum: 12.03.2020
Aufbereitet am: 04.08.2020
2091
Aus Art 6 Abs 1 ARB 1/80 abgeleitetes Aufenthaltsrecht für türkische Staatsangehörige und Niederlassungsrecht (I)
Leitsätze
I. Die Bestimmung des § 45 NAG setzt ua voraus, dass der Drittstaatsangehörige in den letzten fünf Jahren ununterbrochen tatsächlich niedergelassen war. Eine Aufenthaltsbewilligung "Studierender" gilt gemäß § 2 Abs 3 NAG nicht als Niederlassung; einer solchen Aufenthaltsbewilligung ist wesensimmanent, dass sie an die Dauer des Studiums gebunden ist und (ausgenommen eine einmalige Verlängerung nach erfolgreichem Abschluss des Studiums zum Zwecke der Arbeitssuche oder der Unternehmensgründung gemäß § 64 Abs 4 NAG) nicht über dessen Ende hinaus verlängert werden kann. II. Die Voraussetzung gemäß § 45 NAG, niedergelassen zu sein, ist mit einer Aufenthaltsbewilligung "Student" nicht erfüllt. Daran ändert auch der Umstand, dass der Drittstaatsangehörige seinen Lebensmittelpunkt weiterhin im Bundesgebiet hat, aufgrund des klaren Wortlautes des § 2 Abs 3 NAG nichts. III. Wenn ein türkischer Staatsangehöriger die in Art 6 Abs 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 aufgestellten Voraussetzungen erfüllt, kann er nach Ablauf des ersten Arbeitsjahres eine Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei demselben Arbeitgeber und ein entsprechendes Aufenthaltsrecht verlangen (vgl EuGH 24.1.2008, Payir, C-294/06). IV. Nach Ablauf des im Art 6 Abs 1 zweiter Spiegelstrich ARB 1/80 vorgesehenen Zeitraumes von drei Jahren ist der türkische Arbeitnehmer berechtigt, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaates eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben. Ein uneingeschränktes Recht auf freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung gemäß dem dritten Spiegelstrich besteht erst nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung. V. Das aus Art 6 ARB 1/80 über das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt bzw die tatsächliche Ausübung einer Beschäftigung abgeleitete Aufenthaltsrecht kann nicht weiter reichen als das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt. VI. Stützt der Fremde sein Aufenthaltsrecht nicht auf eine nach nationalem Recht erteilte Aufenthaltsbewilligung, sondern ist dieses Folge seines gemäß Art 6 Abs 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 auf denselben Arbeitgeber eingeschränkten Rechts auf Zugang zum Arbeitsmarkt bzw der tatsächlichen Ausübung einer Beschäftigung, so ist sein Aufenthaltsrecht von seiner beschäftigungsrechtlichen Situation abhängig. Es ist durch die Bindung an die Zugehörigkeit zum Arbeitsmarkt und an die Beschäftigung beim selben Arbeitgeber weder zeitlich noch inhaltlich unbeschränkt. Es ist von einem förmlich begrenzten Aufenthaltsrecht iSd Art 3 Abs 2 lit e der RL 2003/109/EG auszugehen. Der Fremde ist nicht als niedergelassen iS des die DaueraufenthaltsRL umsetzenden § 45 Abs 1 NAG anzusehen.
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Entscheidungsdatum: 23.01.2020
Aufbereitet am: 03.08.2020
2090
Keine Nachweispflicht sonstiger Einreisevoraussetzungen bei Besitz einer Daueraufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers nach Art 20 RL 2004/38/EG
Leitsätze
I. Die Visumfreiheit nach Art 5 Abs 2 UAbs 1 Satz 2 RL 2004/38/EG gilt nicht nur für jene drittstaatsangehörigen Familienangehörigen von Unionsbürgern, die in Besitz einer Aufenthaltskarte iSd Art 10 RL 2004/38/EG sind, sondern auch für jene, die bereits eine Daueraufenthaltskarte iSd Art 20 leg cit besitzen. II. Bei der Anwendung des Art 5 Abs 2 UAbs 1 Satz 2 RL 2004/38/EG iZm Daueraufenthaltskarten-Inhabern ist nicht nach der Schengen-Zugehörigkeit des ausstellenden Mitgliedstaats zu differenzieren. III. Die Daueraufenthaltskarte ist auch ein geeignetes Dokument zum Nachweis der Visumfreiheit.
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Entscheidungsdatum: 18.06.2020
Aufbereitet am: 30.07.2020
2089
Aus Art 6 Abs 1 ARB 1/80 abgeleitetes Aufenthaltsrecht für türkische Staatsangehörige und Niederlassungsrecht (II)
Leitsätze
I. Türkischen Staatsangehörigen stehen die ihnen aus Art 6 Abs 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 zukommenden individuellen Rechte unmittelbar und unabhängig davon zu, ob die Behörden eine Aufenthaltsbewilligung ausstellen. II. Dem Interesse an einer Bescheinigung der aus dem ARB 1/80 abgeleiteten Berechtigung wird durch die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung (vgl § 4c Abs 1 AuslBG), auf deren Ausstellung ein türkischer Arbeitnehmer bei Erfüllen der Voraussetzungen des ersten Spiegelstrichs des Art 6 Abs 1 ARB 1/80 einen Rechtsanspruch hat, Rechnung getragen. Es besteht aber jedenfalls kein Anspruch auf Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels, mit dem ein unbeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt verbunden ist (vgl § 17 AuslBG), der aus Art 6 Abs 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 nicht abgeleitet werden kann. III. Aus der VO (EG) 1030/2002 zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatsangehörige kann ein Anspruch auf Erteilung eines bestimmten innerstaatlichen Aufenthaltstitels nicht abgeleitet werden. IV. Der VwGH hat bereits klargestellt, dass die im Erkenntnis Ro 2017/22/0015 getroffenen Aussagen zum ersten Spiegelstrich des Art 6 Abs 1 ARB 1/80 auf Fälle nach dem zweiten und dritten Spiegelstrich des Art 6 Abs 1 leg cit gleichermaßen bzw sinngemäß anwendbar sind (vgl VwGH 6.9.2018, Ro 2018/22/0008, und abermals Ro 2019/22/0001).
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Entscheidungsdatum: 18.02.2020
Aufbereitet am: 29.07.2020
2088
Erfordernis der Angabe von konkretem Aufenthaltstitel und -zweck löst Stillhalteklausel des ARB 1/80 nicht aus
Leitsätze
I. Aus § 19 Abs 1 und 2 NAG ergibt sich, dass in einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels der konkret angestrebte Aufenthaltstitel und der konkret verfolgte Aufenthaltszweck genau zu bezeichnen sind. Diese Bestimmungen bewirken keine Schlechterstellung gegenüber einer früheren Rechtslage seit dem EU-Beitritt Österreichs. Die gebotene Festlegung auf (nur) einen konkreten Aufenthaltstitel und Aufenthaltszweck lässt ebenso - selbst im Fall eines dabei unterlaufenen Fehlers - keinen Nachteil erkennen, da es der Fremden unbenommen ist, neben dem "Hauptantrag" auch einen oder mehrere Eventualanträge zu stellen, sodass sie sich gegen die Folgen einer allfälligen unrichtigen Festlegung des Aufenthaltstitels und Aufenthaltszwecks absichern kann. II. Die Stillhalteklausel des Art 13 ARB 1/80 kommt nur dann und nur insoweit zur Anwendung, als durch die sonst grundsätzlich maßgebliche Rechtslage eine Verschärfung - iSe Schlechterstellung des Antragstellers - eingetreten ist, andernfalls ist auf die nach den in der Rsp entwickelten Kriterien maßgebliche Rechtslage abzustellen. III. Ausgehend von der in § 19 Abs 2 NAG festgelegten strengen Antragsbindung kommt eine amtswegige Umdeutung eines Antrages nach den Bestimmungen des NAG nicht in Betracht.
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Entscheidungsdatum: 27.02.2020
Aufbereitet am: 28.07.2020