Leitsätze
2907
Einreiseverbot wegen eingestandener Beschäftigung entgegen dem AuslBG (ohne behördlichem Betreten)
Leitsätze
I. Gemäß § 53 Abs 2 Z 7 FPG ist eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung, derentwegen ein bis zu fünfjährig befristetes Einreiseverbot erlassen werden kann, ua dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen. § 53 Abs 2 Z 7 FPG verlangt ein Betreten bei der Erfüllung eines (wirtschaftlich betrachtet) Arbeits- oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses ohne Aufenthaltstitel bzw Beschäftigungsbewilligung durch Organe der zuständigen Behörden (Abgabenbehörde oder AMS) oder Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Bereits die einmalige Begehung reicht, um die Gefahr für die öffentliche Ordnung zu indizieren. II. Gibt der Drittstaatsangehörige die Beschäftigung entgegen dem AuslBG zu, ohne betreten worden zu sein, ist § 53 Abs 2 Z 7 FPG nicht erfüllt. Wurde er nicht verwaltungsbehördlich deswegen rechtskräftig bestraft, so ist auch Z 1 leg cit nicht erfüllt. Nichtsdestotrotz liegt ein mit § 53 Abs 2 Z 7 FPG vergleichbarer Unrechtsgehalt vor und kann das Einreiseverbot direkt auf § 53 Abs 2 iVm Abs 1 FPG gestützt werden, sind doch die Einzeltatbestände des Abs 2 leg cit nur demonstrativ. III. Bei einem geständigen "Ersttäter" im Sinne dieser Konstellation (II.) ist ein Einreiseverbot zwar dem Grunde nach gerechtfertigt, eine Befristung im oberen Bereich des gesetzlich Möglichen aber unverhältnismäßig.
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Entscheidungsdatum: 01.09.2023
Aufbereitet am: 23.01.2024
2906
Aktuell keine zwangsweisen Rekrutierungen in von kurdischen Milizen kontrollierten Gebieten Syriens
Leitsätze
I. Es ist von keiner Gefahr einer drohenden zwangsweisen Rekrutierung auszugehen, wenn ein Einberufungsbefehl vorliegt, der beinahe ein Jahr lang ignoriert wurde und dies auch keine Verfolgungshandlungen nach sich gezogen hatte. II. Kommt in einem Verfahren betreffend die Zuerkennung des Asylstatus eine allgemein desolate wirtschaftliche und soziale Situation im Heimatland der antragstellenden Person hervor, so kann diese nur asylrelevant sein, wenn dadurch jegliche Existenzgrundlage entzogen wird und dies zudem mit einem in der GFK genannten Grund im Zusammenhang steht.
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Entscheidungsdatum: 06.02.2023
Aufbereitet am: 22.01.2024
2905
Gegenstandslosigkeit von schriftlich eingebrachten Anträgen auf internationalen Schutz
Leitsätze
I. Anträge auf internationalen Schutz sind - soweit es sich nicht um einen Antrag von einem in Österreich nachgeborenen Kind eines Fremden handelt - persönlich und mündlich zu stellen. II. Die Unzulässigkeit eines schriftlichen Antrages ergibt sich dabei bereits aus dem Wortlaut des § 25 Abs 1 Z 2 AsylG ("wenn der Antrag ... schriftlich gestellt wurde").
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Entscheidungsdatum: 29.03.2023
Aufbereitet am: 19.01.2024
2904
Vorliegen einer Ehe iSd § 2 Abs 1 Z 22 AsylG
Leitsätze
Die in § 2 Abs 1 Z 22 lit b AsylG enthaltene Wendung "sofern die Ehe oder eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat" ist so zu verstehen, dass die Ehe bereits zu einem Zeitpunkt geschlossen worden sein muss, als sich noch keiner der Ehepartner in Österreich aufgehalten hat. Das gilt sinngemäß auch für den Fall einer eingetragenen Partnerschaft.
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Entscheidungsdatum: 28.03.2023
Aufbereitet am: 18.01.2024
2903
Ex-lege-Verlust der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats wegen fehlender Bindung
Leitsätze
I. Die Konstellation des Verlusts der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats, mit dem – in Ermangelung des gleichzeitigen Besitzes der Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats – der Verlust der Unionsbürgerschaft einhergeht, fällt unter das Unionsrecht (Art 20 AEUV). II. Es ist den Mitgliedstaaten grs aus unionsrechtlicher Sicht unbenommen, den Verlust der Staatsangehörigkeit bei nie bestehender Bindung zum Staat oder Verlust dieser Bindung vorzusehen. Es muss aber stets eine Einzelfallprüfung der Folgen dieses Verlusts für die Situation der Betroffenen aus unionsrechtlicher Sicht offenstehen. III. Sieht das nationale Recht einen Verlust der Staatsangehörigkeit ex lege mit Eintritt eines gewissen Lebensalters wegen nicht (mehr) bestehender Bindung vor, so muss die genannte Einzelfallprüfung zur Verfügung stehen. Insb sind die Auswirkungen des Verlusts der Staatsangehörigkeit (Unionsbürgerschaft) auf das Familien- und Berufsleben der betroffenen Person in Relation zum vom nationalen Gesetzgeber verfolgten Ziel zu prüfen. IV. Ist das gebotene Verfahren über einen Antrag auf Beibehaltung der Staatsangehörigkeit an eine Frist gebunden, so muss diese angemessen sein, um die unionsrechtliche Rechtsstellung wahren zu können (Effektivitätsgrundsatz). Diese Frist kann auch nur zu laufen beginnen, wenn die nationalen Behörden die betroffene Person vom (drohenden) Verlust der Staatsangehörigkeit und der Möglichkeit dieses Beibehaltungsverfahrens informiert haben. Ist der Eintritt eines bestimmten Lebensjahres Beurteilungszeitpunkt für das Bestehen der Bindung, so kann die Frist erst nach diesem Stichtag zu laufen beginnen. V. Das Fehlen eines Beibehaltungsverfahrens, in welchem die gebotene Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen wird, kann keinesfalls durch die Möglichkeit einer – allenfalls erleichterten – Wiedereinbürgerung ausgeglichen werden.
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Entscheidungsdatum: 05.09.2023
Aufbereitet am: 17.01.2024
2902
Keine Deutschnachweispflicht für Familienangehörige von Asylberechtigten
Leitsätze
Da gemäß § 21a Abs 4 Z 4 NAG Familienangehörige von Asylberechtigten, die einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gemäß § 46 Abs 1 Z 2 lit c NAG beantragen, keinen Nachweis von Deutschkenntnissen zu erbringen haben, sind sie behördenseits weder über das Fehlen eines Sprachnachweises zu informieren noch über einen möglichen Zusatzantrag gemäß § 21a Abs 5 NAG zu belehren.
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Entscheidungsdatum: 17.08.2023
Aufbereitet am: 16.01.2024
2901
Kassatorisch oder doch meritorisch, das ist erneut die Frage
Leitsätze
I. Dem Verwaltungsgericht steht sowohl in den in Art 130 Abs 4 B-VG vorgesehenen und in § 28 Abs 2 VwGVG angeordneten, als auch in den von § 28 Abs 3 erster Satz VwGVG erfassten Fällen, in denen nicht § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG eingreift, eine kassatorische Entscheidung nicht offen. Weiters hat das Verwaltungsgericht nachvollziehbar zu begründen, weshalb es keine meritorische Entscheidungskompetenz annehme. II. Das Verwaltungsgericht hat, wenn es "in der Sache selbst" entscheidet, nicht nur über die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde zu entscheiden, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde entschieden wurde. Dabei hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung idR an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten.
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Entscheidungsdatum: 24.08.2023
Aufbereitet am: 15.01.2024
2900
Entscheidungsfrist versäumt: Ermittlungspflicht vs Mitwirkungspflicht
Leitsätze
I. Wenn eine Verständigung der LPD iSd § 37 Abs 4 NAG nach Ablauf der Entscheidungsfrist (hier: elf Monate danach) erfolgte, ist dieses Ermittlungsersuchen nicht geeignet, ein überwiegendes Verschulden der belangten Behörde auszuschließen, selbst wenn es unerledigt geblieben sein sollte. II. Die Verletzung der Obliegenheit einer Partei zur Mitwirkung bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts enthebt die Behörde nicht von ihrer Verpflichtung, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt überhaupt festzustellen. III. Selbst eine Verletzung der Mitwirkungspflicht durch die antragstellende Person kann nicht dazu führen, dass die Behörde von ihrer Verpflichtung entbunden wird, über den Antrag innerhalb der Entscheidungsfrist einen Bescheid zu erlassen. IV. Die nicht erfolgte Vorlage einzelner Unterlagen darf nicht als schuldhaftes Verhalten der antragstellenden Person im Rahmen der Abwägung des überwiegenden Verschuldens iSd § 8 Abs 1 VwGVG, das die Behörde an der fristgerechten Entscheidung gehindert hat, gewertet werden. Vielmehr hat die Behörde (bzw das LVwG) eine allenfalls unterbliebene Mitwirkung der antragstellenden Person zu würdigen und die (im Fall einer fehlenden Mitwirkung allenfalls auch negative) Entscheidung innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Entscheidungsfrist zu treffen.
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Entscheidungsdatum: 24.08.2023
Aufbereitet am: 12.01.2024
2899
Zum Verhältnis des § 76 Abs 2 Z 2 und Abs 2 Z 1 iVm Abs 5 FPG
Leitsätze
I. Die Bestimmung des § 76 Abs 5 FPG ist nur dann anzuwenden, wenn die aufenthaltsbeendende Maßnahme erst nach Verhängung der Schubhaft durchsetzbar wird. Die zur Verfahrenssicherung angeordnete Schubhaft gilt ab dem Zeitpunkt der Durchsetzbarkeit als zur Sicherung der Abschiebung verhängt. II. Hat die fremde Person kein Bleiberecht mehr (da ihr ex lege kein faktischer Abschiebeschutz zukommt und dieser auch nicht vom BFA zuerkannt wurde), so kann die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nur auf die Bestimmung des § 76 Abs 2 Z 2 FPG gestützt werden.
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Entscheidungsdatum: 07.02.2023
Aufbereitet am: 11.01.2024
2898
Fehlende Urkundenbeglaubigung: NAG-Antrag zurück- oder abweisen?
Leitsätze
I. Nach der VwGH-Rsp darf eine Behörde nur dann nach § 13 Abs 3 AVG vorgehen, wenn das Anbringen einen "Mangel" aufweist, also von den der Partei erkennbaren Anforderungen des Materiengesetzes an ein vollständiges, fehlerfreies Anbringen abweicht. Was unter einem Mangel schriftlicher Eingaben iSd § 13 AVG zu verstehen ist, muss der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift entnommen werden. II. Das Fehlen von Beilagen, die nach den anzuwendenden Rechtsvorschriften (Gesetz oder Verordnung) einem Antrag anzuschließen sind, kann einen Mangel iSd § 13 Abs 3 AVG darstellen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Art des Nachweises aus dem Gesetz oder der Verordnung hinreichend konkret ersichtlich ist. Existiert eine derartige gesetzliche Anordnung nicht, dann kann die unterlassene Beibringung von Unterlagen, derer die Behörde bedarf und die sie sich nicht selbst beschaffen kann, allenfalls im Rahmen der freien Beweiswürdigung bei der Sachentscheidung Berücksichtigung finden. III. Von Mängeln eines Anbringens iSd § 13 Abs 3 AVG sind sonstige Unzulänglichkeiten zu unterscheiden, welche nicht die Vollständigkeit des Anbringens betreffen, sondern sonst im Licht der anzuwendenden Vorschriften seine Erfolgsaussichten beeinträchtigen. Ob es sich bei einer im Gesetz umschriebenen Voraussetzung (bzw bei deren Nichterfüllung) aber um einen "Mangel" iSd § 13 Abs 3 AVG oder aber um das (zur Antragsabweisung führende) Fehlen einer Erfolgsvoraussetzung handelt, ist durch die Auslegung der jeweiligen Bestimmung des Materiengesetzes zu ermitteln. IV. Wurde zu Unrecht die Mangelhaftigkeit des Anbringens angenommen (und wäre in der Sache zu entscheiden gewesen), ist die deshalb ergangene zurückweisende Entscheidung unabhängig davon inhaltlich rechtswidrig, ob der Einschreiter nur eine teilweise oder nur eine verspätete "Verbesserung" vornimmt oder diese gar nicht versucht. V. Dass eine Geburtsurkunde nach der hier noch maßgeblichen alten Rechtslage (bis 30.9.2022) - anders als nach der aktuellen Regelung des § 7 Abs 1 Z 3 NAG-DV, nach der eine Geburtsurkunde ebenso wie ein Nachweis oder eine Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis nur "erforderlichenfalls" vorzulegen ist - bei allen Erstanträgen jedenfalls vorzulegen war, deutet nicht darauf hin, dass deren Vorlage (in unbeglaubigter Form) lediglich dem Nachweis einer besonderen Erteilungsvoraussetzung dienen sollte. Bei dem somit naheliegenden Verständnis, dass § 7 Abs 1 Z 2 NAG-DV aF eine Regelung betreffend die formale Vollständigkeit eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels enthielt, wäre ein Mängelbehebungsauftrag nach § 13 Abs 3 AVG bezogen auf die Vorlage einer Geburtsurkunde an sich dem Grunde nach möglich gewesen. VI. Unabhängig davon hat aber die Vorlage einer Urkunde in beglaubigter Form nach der insoweit eindeutigen Bestimmung des § 6 Abs 4 NAG-DV nur auf Verlangen der Behörde zu erfolgen. Ein auf § 6 Abs 4 NAG-DV gestütztes Verlangen nach einer (bereits unbeglaubigt vorgelegten) Urkunde in beglaubigter Form kann daher keinen rechtmäßigen Mängelbehebungsauftrag iSd § 13 Abs 3 AVG darstellen.
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Entscheidungsdatum: 24.08.2023
Aufbereitet am: 10.01.2024
2897
Asylrelevanz willkürlicher Strafverfolgung, kein Familienverfahren bei "Heirat" in Russland nach muslimischem Ritus
Leitsätze
I. Russische Behörden unterstellen schnell extremistisch (vor allem islamistisch oder rechtsextremistisch) motivierte Straftaten. Zwar ist nicht jede russische Strafverfolgung asylrelevant, allerdings dann, wenn die Behörden des Herkunftsstaates willkürlich erscheinende Verfolgungshandlungen wegen einer (unterstellten) politischen Gesinnung setzen (§ 3 Abs 1 AsylG iVm Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK). Eine große Rolle spielt auch, dass in der Russischen Föderation für solcherart exponierte Beschuldigte kein faires Verfahren zur Verfügung steht, zumal dieser Staat infolge seines Ausscheidens aus der EMRK nicht mehr vor dem EGMR belangt werden kann. II. Bei Bundesstaaten kommt es für die Frage einer innerstaatlichen Fluchtalternative (§ 11 AsylG) bei der Verfolgung durch staatliche Organe auch darauf an, ob diese Verfolgung landesweit stattfindet oder womöglich nur im örtlichen Wirkungsbereich gliedstaatlicher Entitäten. III. Im Falle russischer Staatsangehöriger gilt für die Frage der Familienangehörigeneigenschaft (vgl § 2 Abs 1 Z 22 AsylG) als Ehegatte/Ehegattin der Grundsatz der obligatorischen Zivilehe. Daher können nur nach islamischem Ritus getraute Partner nicht in den Genuss des Familienverfahrens (§ 34 AsylG) kommen. Gerade, wenn auch im Bundesgebiet aufhältige Kinder betroffen sind, wird aber in aller Regel auch für solche Partner das Interesse am Verbleib im Bundesgebiet (Art 8 EMRK iVm § 9 BFA-VG) überwiegen.
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Entscheidungsdatum: 02.06.2023
Aufbereitet am: 09.01.2024
2896
Bei Zurückweisung gemäß § 5 Abs 1 AsylG keine amtswegige Prüfung nach § 57 Abs 1 AsylG
Leitsätze
§ 58 Abs 1 AsylG legt fest, unter welchen Voraussetzungen das BFA die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen hat. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs 1 AsylG aufgrund der festgestellten Zuständigkeit eines anderen Staates zurückgewiesen, ist eine amtswegige Prüfung mangels Erwähnung dieser Fallkonstellation in § 58 Abs 1 AsylG nicht vorgesehen.
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Entscheidungsdatum: 20.04.2023
Aufbereitet am: 08.01.2024
2895
Einbringen von Anträgen beim BVwG
Leitsätze
Nach § 1 Abs 1 letzter Satz BVwG-EVV ist E-Mail keine zulässige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen im Sinn dieser Verordnung und entfaltet daher ein in dieser Form eingebrachter Schriftsatz keine Rechtswirkungen.
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Entscheidungsdatum: 19.04.2023
Aufbereitet am: 05.01.2024
2894
Homosexuelle Orientierung trotz leiblicher Kinder aus heterosexueller Ehe
Leitsätze
Das Führen einer Beziehung mit gegengeschlechtlichen Personen oder das Vorhandensein leiblicher Kinder schließen eine behauptete Homosexualität nicht aus.
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Entscheidungsdatum: 28.06.2023
Aufbereitet am: 04.01.2024
2893
Abermals zur "verfrühten" Ausreise aus der Ukraine Anfang 2022
Leitsätze
I. Ausschlaggebend für die Eigenschaft als Aufenthaltsberechtigter ist ein am 24.2.2022 (Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine) noch bestehender Wohnsitz in der Ukraine (§ 1 Z 1 Vertriebenen-VO). Ein "nicht lange" zuvor erfolgtes Verlassen des Landes, etwa zu Urlaubszwecken, wobei auf Grund des Kriegsausbruchs nicht mehr zurückgekehrt wurde, ist daher für die Vertriebeneneigenschaft (Ipso-facto-Aufenthaltsberechtigung) unerheblich. II. Überlegungen, ob auch ein Schutz in einem anderen Staat offen gestanden wäre, sind bei ukrainischen Staatsangehörigen, die unter die Vertriebenen-VO fallen, nicht anzustellen. III. Da das Ipso-facto-Aufenthaltsrecht der Ukrainer kraft Vertriebenen-VO besteht, ist auf ein verfehltes bescheidmäßiges Absprechen dieses Rechts mit ersatzloser Behebung des Bescheids zu reagieren.
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Entscheidungsdatum: 01.06.2023
Aufbereitet am: 03.01.2024
2892
Notwendigkeit der eingehenden Prüfung der Rückkehrsituation eines Dublin-Rückkehrers (in Bezug auf Haftbedingungen)
Leitsätze
I. Gilt die Vermutung, dass Dublin-Rückkehrer in Malta gefährdet sind, inhaftiert zu werden, so hat sich die Behörde im Rahmen ihres Ermittlungsverfahrens mit den dortigen Haftbedingungen auseinanderzusetzen. Dabei ist insb zu prüfen, ob die Haftbedingungen in Malta zu einer Verletzung der nach Art 3 EMRK und Art 4 GRC gewährleisteten Rechte führen könnten. Dadurch soll sichergestellt werden, dass im Falle der Außerlandesbringung nach Malta keine Verletzung der Menschenwürde droht, dh die Haft nicht in einer Art und Weise erfolgt, welche die inhaftierte Person einem unnötigen Leid oder einer unbilligen Härte aussetzen würde. II. Wird in Länderberichten festgestellt, dass sich NGOs etwa nicht zu einer allfälligen Inhaftierung von Dublin-Rückkehrern äußern können, da sie die Situation in den Haftanstalten aufgrund der strengen Zugangsbeschränkungen nicht überwachen konnten, so hat eine Überprüfung zu erfolgen, ob sich zum entscheidungsrelevanten Zeitpunkt die Sachlage (hier: in Malta) bereits geändert hat.
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Entscheidungsdatum: 05.07.2023
Aufbereitet am: 02.01.2024
2891
Zur Frage einer drohenden Zwangsrekrutierung syrischer Minderjähriger
Leitsätze
I. Bei der Beurteilung der Voraussetzungen einer Asylgewährung ist die Erheblichkeitsschwelle bei Kindern uU niedriger anzusetzen. Nichtsdestotrotz ist aber jedenfalls die maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgung eine zwingende Voraussetzung – auch hier genügt die bloße Möglichkeit nicht. II. Herrscht in einem Herkunftsstaat (hier: Syrien) eine allgemein schlechte Situation für Kinder, die nicht auf den Gründen der GFK beruht, so kann auf deren Grundlage kein Asylstatus erteilt werden, diese ist aber jedenfalls iZm subsidiärem Schutz zu berücksichtigen. III. Bei der behaupteten Gefahr einer Zwangsrekrutierung Minderjähriger sind die konkreten individuellen Umstände zu berücksichtigen. Während dies im Asylverfahren bei einem körperlich reifen, im 17. Lebensjahr stehenden Minderjährigen durchaus relevant sein kann, trifft dies bei einem 12- bzw 15-jährigen Jugendlichen mit geringerer körperlicher Reife nicht zu.
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Entscheidungsdatum: 04.10.2022
Aufbereitet am: 29.12.2023
2890
Unverschuldete Säumnis des BFA aufgrund Vorliegens einer dem Jahr 2015 vergleichbaren Belastungssituation
Leitsätze
I. Die Behörden sind im Allgemeinen verpflichtet, über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Mangels einer abweichenden Frist gilt dies auch im Verfahren auf internationalen Schutz. Eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann erst erhoben werden, wenn die Behörde nicht innerhalb dieser Frist entschieden hat. II. Eine Verletzung der Entscheidungspflicht setzt ein objektives Verschulden der Behörde voraus. III. Der allgemeine Hinweis auf die Überlastung der Behörde kann die Geltendmachung der Entscheidungspflicht grundsätzlich nicht vereiteln. IV. Die Antragssituation in den Jahren 2022/2023 ist mit jener in den Jahren 2015/2016 vergleichbar, sodass auch aktuell davon auszugehen ist, dass dem BFA kein Verschulden zuzurechnen ist, wenn ein Verfahren nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist entschieden wird.
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Entscheidungsdatum: 22.06.2023
Aufbereitet am: 28.12.2023
2889
Keine Heilung von Zustellmängeln bei fehlerhafter Empfängerbezeichnung in der Zustellverfügung
Leitsätze
I. Die Zustellung an eine Person, die zu Unrecht als Zustellungsbevollmächtigter der Partei angesehen wird, vermag gegenüber der Partei keine Rechtswirkungen zu entfalten. Dies selbst dann, wenn der Partei das Schriftstück tatsächlich zugekommen ist. II. Die fehlerhafte Bezeichnung einer Person als Empfänger in der Zustellverfügung kann nicht heilen.
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Entscheidungsdatum: 22.05.2023
Aufbereitet am: 27.12.2023
2888
Zum Begriff der "besonders schweren Straftat" nach Art 14 Abs 4 lit b RL 2011/95/EU
Leitsätze
I. Der Begriff der "besonders schweren Straftat", derentwegen iVm einer qualifizierten Gefahr die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft zu erfolgen hat (Art 14 Abs 4 lit b RL 2011/95/EU), ist autonom unionsrechtlicher Art und dementsprechend unionsweit einheitlich auszulegen. Der Begriff ist, weil er mit der Statusaberkennung eine Ausnahme eröffnet, die am schärfsten in Flüchtlingsrechte eingreift, sehr eng zu interpretieren. II. In einer Einzelfallprüfung sind zur Klärung des Vorliegens "einer besonders schweren Straftat" insb die folgenden Merkmale zu prüfen: Strafmaß nach nationalem Recht, Art der Straftat (vorsätzlich oder fahrlässig), erschwerende oder mildernde Umstände, verursachte Schäden, Form des diesbezüglichen Verfahrens, Art der Strafmaßnahme und Vergleich mit anderen Rechtsordnungen (um zu klären, ob die Tat auch dort als "besonders schwere Straftat" qualifiziert werden würde). III. Es steht den Mitgliedstaaten offen, zur Verwaltungsvereinfachung "Mindestschwellen" für eine besonders schwere Straftat zu implementieren. Stets muss es aber bei der geschilderten Einzelfallprüfung bleiben. IV. Es ist unzulässig, vom Vorliegen einer besonders schweren Straftat auf das Vorliegen einer Gefahr für die Allgemeinheit des Aufenthaltsmitgliedstaats zu schließen, vielmehr müssen beide selbständigen Kriterien kumulativ vorliegen.
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Entscheidungsdatum: 06.07.2023
Aufbereitet am: 22.12.2023