Leitsätze
2358
Kein Visum bei unkonkreten Angaben zu einer Organspende innerhalb des Visumzeitraums
Leitsätze
I. Von einem bloßen "Generalverdacht", der zur Versagung des Visums geführt hat, kann nicht ausgegangen werden, wenn nachvollziehbare und begründete Anhaltspunkte für die Annahme eines Verbleibens über die Gültigkeitsdauer des Visums hinaus vorliegen. II. Die Behauptung, zum Zweck der Durchführung einer Nierenspende ins Bundesgebiet zu reisen, ohne konkreten zeitlichen Rahmen der Voruntersuchungen, einer tatsächlichen Transplantation und der erforderlichen Nachsorge ist nicht geeignet darzutun, dass die notwendigen medizinischen Maßnahmen binnen des beantragten Gültigkeitszeitraums von einem Monat abgeschlossen werden könnten.
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Entscheidungsdatum: 27.02.2019
Aufbereitet am: 27.09.2021
2357
Kein Eingriff in das Familienleben bei bloß telefonischem Kontakt mit den Töchtern
Leitsätze
I. Den überwiegend auf Telefonate beschränkten Kontakt zu seinen Töchtern aus erster Ehe kann der Beschwerdeführer durchaus auch von Georgien aus aufrechterhalten, etwa durch Telefonate, via soziale Medien oder Besuche seiner Töchter in den Ferien. II. Die Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme stellt keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Familienleben dar, wenn die Tochter und deren Mutter sich ebenfalls illegal in Österreich aufhalten und davon auszugehen ist, dass sie entweder demnächst freiwillig ausreisen oder abgeschoben werden. III. In Anbetracht zahlreicher Verurteilungen, eines insgesamt niedrigen Integrationsgrades, des über viele Jahre hinweg illegalen Aufenthaltes, der illegalen Beschäftigungen, der hohen Rückfallwahrscheinlichkeit bei Suchtgiftabhängigen und der damit in Zusammenhang stehenden Beschaffungskriminalität ist ein Eingriff in das Familienleben durchaus gerechtfertigt.
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Entscheidungsdatum: 26.05.2020
Aufbereitet am: 23.09.2021
2356
Keine aufschiebende Wirkung bei Antrag auf Bleiberecht
Leitsätze
I. Gemäß dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung des § 58 Abs 13 AsylG ist ausgeschlossen, dass Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 ein Aufenthalts- oder Bleiberecht begründen. Vielmehr stehen solche Anträge der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen und können keine aufschiebende Wirkung entfalten. II. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme war rechtmäßig, weil eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung iVm einer zulässigen Abschiebung nach Afghanistan auf Grund des unbekämpft gebliebenen Erkenntnisses des BVwG vorlag und der Beschwerdeführer die eingeräumte 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise ungenützt verstreichen ließ. III. Es lagen somit die Voraussetzungen für eine Abschiebung gemäß § 46 FPG vor, weil der Beschwerdeführer kein kooperatives Verhalten gezeigt hatte: Er setzte sich über den Umstand, dass sein Aufenthalt in Österreich nicht gesetzlich begründet und daher illegal ist, hinweg, kam seiner Verpflichtung zur Ausreise aus dem Bundegebiet beharrlich nicht nach und gab in den Einvernahmen sogar an, im Land verbleiben zu wollen und eine Abschiebung nicht zu akzeptieren.
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Entscheidungsdatum: 25.11.2019
Aufbereitet am: 22.09.2021
2355
Voraussetzung für die Qualifizierung einer verwaltungsbehördlichen Anordnung als Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt
Leitsätze
I. Voraussetzung für die Qualifizierung einer verwaltungsbehördlichen Anordnung als Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ist ein unmittelbarer Befolgungsanspruch. Das bedeutet, dass dem Befehlsadressaten bei Nichtbefolgung des Befehls unverzüglich eine physische Sanktion droht. II. Liegt ein derartiger Befolgungsanspruch (objektiv) nicht vor, so kommt es darauf an, ob aus der Sicht des Betroffenen der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist.
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Entscheidungsdatum: 10.03.2021
Aufbereitet am: 20.09.2021
2354
Unzulässigkeit eines pauschalen "Mindestopferzahlen-Kriteriums" für subsidiären Schutz
Leitsätze
I. Bei der Prüfung der subsidiären Schutzwürdigkeit nach dem Tatbestand des Art 15 lit c RL 2011/95/EU ist es unzulässig, einen Mindestwert im Verhältnis der Opferzahl in der Herkunftsregion des Antragstellers zur dortigen Gesamtbevölkerung als ausschlaggebendes Kriterium festzulegen. Eine derartige Auslegung der Bestimmung ist europarechtswidrig. II. Stattdessen verlangt Art 15 lit c RL 2011/95/EU eine Einzelfallprüfung. Die zu prüfenden Kriterien ergeben sich insb aus Art 4 Abs 3 lit a leg cit ("alle mit dem Herkunftsland verbundenen Tatsachen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag relevant sind"). Denkbare Faktoren sind etwa die Intensität der bewaffneten Auseinandersetzungen, der Organisationsgrad der beteiligten Streitkräfte, die Dauer des Konflikts, das geografische Ausmaß der Lage willkürlicher Gewalt, der tatsächliche Zielort des Antragstellers bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder Gebiet und die Aggression der Konfliktparteien gegen Zivilpersonen, die eventuell mit Absicht erfolgt.
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Entscheidungsdatum: 10.06.2021
Aufbereitet am: 16.09.2021
2353
Zur Dauer der Verhängung eines Aufenthaltsverbots gegen einen Unionsbürger
Leitsätze
I. Die Anordnung eines mehrjährigen Aufenthaltsverbots erweist sich als angemessen, wenn dies zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Hinblick auf die Sozialschädlichkeit des Verhaltens der betroffenen Person notwendig ist. Bei der Dauer eines Aufenthaltsverbots ist zu berücksichtigen, ob der Teil der bedingten Nachsicht einer Freiheitsstrafe den Teil der unbedingten übersteigt. Wird der weitaus überwiegende Teil der Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen und liegen weitere Milderungsgründe (zB Reue und kooperatives Verhalten) vor, so kann die Dauer eines Aufenthaltsverbots gegebenenfalls herabgesetzt werden. II. Vom Begriff des Familienlebens iSd Art 8 EMRK sind auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese eine gewisse Intensität erreichen, erfasst. Lebt die volljährige Person jedoch nicht mehr im Elternhaus, finden Besuche nur sporadisch statt und liegt auch kein finanzielles oder anderweitig geartetes Abhängigkeitsverhältnis vor, so deutet dies auf das Nichtvorliegen eines schützenswerten Familienlebens hin. III. Hinsichtlich der von einer strafgerichtlich verurteilten Person ausgehenden Gefährlichkeit ist ein behaupteter positiver Gesinnungswandel daran zu messen, ob und wie lange sich diese Person nach dem Vollzug der Haftstrafe in Freiheit wohlverhalten hat. Befindet sich die betroffene Person noch in Strafhaft, so kann der Wegfall eines für längere Zeit andauernden, gravierend strafrechtswidrigen Fehlverhaltens nicht durch Reue der betroffenen Person oder durch bereits bei der Strafbemessung berücksichtigte Milderungsgründe begründet werden.
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Entscheidungsdatum: 08.02.2021
Aufbereitet am: 15.09.2021
2352
Überprüfung der Schubhaftaufrechterhaltung
Leitsätze
I. Bei der Prüfung, ob eine Fluchtgefahr, welche die Verhängung und Aufrechterhaltung einer Schubhaft zu rechtfertigen vermag, vorliegt, ist das Gesamtverhalten der betroffenen Person zu berücksichtigen. Einen Indikator für die Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft stellen etwa bereits unternommene Fluchtversuche dar. Auch ein unkooperatives und aggressives Verhalten der betroffenen Person sowie die Absicht, das Bundesgebiet nicht zu verlassen, sind in der Verhältnismäßigkeitsprüfung von Relevanz. II. Von einer massiven Fluchtgefahr ist auszugehen, wenn die betroffene Person keine Kooperationsbereitschaft mit den Behörden zeigt, sich während der Schubhaft aggressiv verhält und bereits Fluchtversuche aus dem Anhaltezentrum unternommen hat. III. Ein akuter Sicherungsbedarf ist etwa bei Bestehen einer erheblichen Fluchtgefahr und einer unzureichenden Verankerung im Bundesgebiet als gegeben anzusehen.
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Entscheidungsdatum: 07.01.2021
Aufbereitet am: 13.09.2021
2351
Durch Art 7 EUV-Verfahren: Kein primärrechtlicher Asylausschluss mehr für ungarische Staatsangehörige
Leitsätze
I. Bereits die Annahme der Entschließung durch das Europäische Parlament, den Rat zur Einleitung des Verfahrensschritts gegen einen Mitgliedstaat gemäß Art 7 Abs 1 EUV aufzufordern, greift in die Rechtsstellung dieses Mitgliedstaats ein. Sie ist daher mit Nichtigkeitsklage iSd Art 263 AEUV bekämpfbar. Daran ändert auch Art 269 AEUV nichts, der auf Nichtigkeitsklage gegen Entschließungen des Europäischen Parlaments gar nicht anwendbar ist. II. Der Eingriff durch die in Punkt I genannte Entschließung in die Rechtsstellung der Mitgliedstaaten besteht darin, dass ihre Annahme das grundsätzlich für die Mitgliedstaaten geltende Verbot unmittelbar beseitigt, einen von einem ungarischen Staatsangehörigen (und damit Unionsbürger) gestellten Asylantrag zu berücksichtigen oder zur Bearbeitung zuzulassen (Einziger Art lit b Protokoll Nr 24).
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Entscheidungsdatum: 03.06.2021
Aufbereitet am: 10.09.2021
2350
Beantragung eines Reisepasses des Herkunftsstaates; abstrakte Relevanz von COVID-19 in Russland; keine Anwendbarkeit des § 55a FPG
Leitsätze
I. Beantragt ein Asylberechtigter die Ausstellung eines Reisepasses seines Herkunftsstaates, so begründet dies die (vom Asylberechtigten widerlegbare) Vermutung, dass er sich freiwillig unter den Schutz des Herkunftsstaates gestellt hat (iSd Art 1 Abschnitt C Z 1). Zutreffendenfalls ist der Asylstatus gemäß § 7 Abs 1 Z 2 AsylG abzuerkennen. II. Zwar ist die COVID-19-Situation im Herkunftsstaat mit Blick auf Art 3 EMRK und die Frage subsidiären Schutzes zu prüfen. Sie wird jedoch – unabhängig von der gesundheitlichen Gefährdung des Betroffenen – schon dadurch relativiert, dass es sich bei COVID-19 um eine globale Pandemie handelt und man auch in Österreich am Erreger erkranken kann. III. § 55a FPG ist auf in Lehrverhältnissen befindliche Personen, denen der Asylstatus aberkannt wurde, nicht anwendbar.
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Entscheidungsdatum: 01.02.2021
Aufbereitet am: 08.09.2021
2349
Zur Wirkung einer VwGH-Behebung auf ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht
Leitsätze
Gemäß § 42 Abs 3 VwGG wirkt die Aufhebung des LVwG-Erkenntnisses durch den VwGH ex tunc. Das bedeutet, dass der Rechtszustand im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob das aufgehobene Erkenntnis von Anfang an nicht erlassen worden wäre. Ausgehend davon, dass die Zusammenführende des Mitbeteiligten somit nie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte, fehlte es auch der abgeleiteten Aufenthaltsbewilligung, die dem Mitbeteiligten mit dem angefochtenen Erkenntnis gemäß § 69 Abs 1 NAG erteilt worden war, an einer Grundlage.
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Entscheidungsdatum: 30.12.2020
Aufbereitet am: 06.09.2021
2348
Universitärer Bescheid mit Zulassungsbedingungen ist keine Aufnahmebestätigung
Leitsätze
I. Die - durch eine dem Antrag nach § 64 Abs 1 NAG anzuschließende Aufnahmebestätigung der Universität nachzuweisende - aufrechte Zulassung an einer Universität (oder einer anderen aufgezählten Bildungseinrichtung) ist als eine besondere Erteilungsvoraussetzung für die Aufenthaltsbewilligung "Studenten" anzusehen, deren Nichterfüllung zur Abweisung des Antrages führt. II. In einer Erledigung der Universität, welche mehrere Bedingungen enthält, die vor der tatsächlichen Zulassung zum ordentlichen Studium zu erfüllen sind und die unstrittig noch nicht erfüllt wurden, ist keine Aufnahmebestätigung und damit kein Nachweis für die Erfüllung der besonderen Erteilungsvoraussetzungen des § 64 Abs 1 Z 2 NAG iVm § 8 Z 8 lit a NAG-DV zu erblicken.
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Entscheidungsdatum: 30.12.2020
Aufbereitet am: 03.09.2021
2347
Unangemessene Bedingungen und Gesundheitsgefährdung während der Anhaltung in Schubhaft zusammen mit Covid-19-positiven Personen
Leitsätze
I. Art 3 EMRK verpflichtet die Staaten dafür zu sorgen, dass niemand unter Bedingungen angehalten wird, die mit der Menschenwürde unvereinbar sind und dass die Durchführung einer Maßnahme nicht mit Belastung und Leid verbunden ist, die über das Maß des Unvermeidbaren hinausgehen. II. Bei der Beurteilung der Vereinbarkeit von Haftbedingungen mit Art 3 EMRK muss deren kumulative Wirkung berücksichtigt werden, wobei es auch auf die Dauer der Anhaltung ankommt. III. Die medizinische Behandlung in Hafteinrichtungen muss angemessen und vergleichbar mit der Qualität der Behandlung sein, die der Gesamtbevölkerung zukommt. IV. Die 75 Tage dauernde isolierte Anhaltung eines Fremden in Schubhaft in einem Container ohne Zugang zu Tageslicht oder frischer Luft ist unvereinbar mit Art 3 EMRK. V. Es verstößt gegen die von Art 3 EMRK verlangten grundlegenden sanitären Anforderungen, einen Fremden, bei dem kein Grund zur Annahme einer Infektion besteht, in einer Quarantänestation gemeinsam mit neu angekommenen Asylwerbern unterzubringen, die möglicherweise mit Covid-19 infiziert sind. VI. Eine Freiheitsentziehung kann nur solange auf Art 5 Abs 1 lit f EMRK gestützt werden, als vernünftige Aussichten auf die Durchführung der Abschiebung bestehen. Sie ist zu beenden, sobald klar ist, dass eine Auschiebung nicht möglich sein wird. VII. Es ist unvereinbar mit Art 34 EMRK, die Korrespondenz einer angehaltenen Person mit dem EGMR nicht geschlossen weiterzuleiten.
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Entscheidungsdatum: 11.03.2021
Aufbereitet am: 01.09.2021
2346
Ruhestandsversetzung (nicht) als Trägerin von Privilegien und Immunitäten
Leitsätze
I. Dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 44 Abs 2 Z 2 NAG zufolge stellt die Versetzung in den Ruhestand eine Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit" dar. II. Im Fall einer verspäteten Antragstellung nach § 44 Abs 2 NAG ist weder eine Interessenabwägung gemäß § 21 Abs 3 noch gemäß § 11 Abs 3 NAG durchzuführen.
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Entscheidungsdatum: 21.12.2020
Aufbereitet am: 30.08.2021
2345
Prüfung der Echtheit von Dokumenten bei Folgeanträgen als inhaltliche Frage
Leitsätze
I. Bei der Bearbeitung von Folgeanträgen iSd Art 40 ff RL 2013/32/EU ist etappenmäßig vorzugehen: Etappe 1 betrifft die Zulässigkeit (Schritt 1: Prüfung des Vorliegens neuer Elemente und Erkenntnisse; Schritt 2: Wahrscheinlichkeit der Anerkennung des Antragstellers als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz auf Grund dieser neuen Elemente und Erkenntnisse). In Etappe 2 wird die Begründetheit des Antrags geprüft. II. Die Frage, ob neue Dokumente echt sind, wird durch Art 4 RL 2011/95/EU der Etappe 2 der Prüfung von Folgeanträgen vorbehalten, ist mithin inhaltlicher Art. III. Bei der Prüfung der Echtheit von Dokumenten gibt es keinen Unterschied in der Vorgangsweise zwischen Erst- und Folgeanträgen. IV. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, mit einem Antragsteller bei der Bewertung der für seinen Folgeantrag maßgeblichen Anhaltspunkte zu kooperieren, wenn dieser zur Stützung dieses Antrags Dokumente vorgelegt hat, deren Echtheit nicht feststellbar ist.
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Entscheidungsdatum: 10.06.2021
Aufbereitet am: 25.08.2021
2344
RL 2008/115/EG (RückführungsRL): Kein Einreiseverbot ohne aufrechte Rückkehrentscheidung
Leitsätze
I. Jeder illegal aufhältige Drittstaatsangehörige fällt gemäß Art 2 Abs 1 RL 2008/115/EG in den Anwendungsbereich der RL, außer ein Mitgliedstaat hat von der Ermächtigung des Abs 2 lit b leg cit Gebrauch gemacht, straffällige Rückkehrverpflichtete oder mit einem anhängigen Auslieferungsverfahren Konfrontierte davon auszunehmen. II. Entsprechend Punkt I unterfallen auch jene Drittstaatsangehörigen der RL 2008/115/EG (RückführungsRL), gegen die ein sog "Einreiseverbot zu nichtmigrationsbedingten Zwecken" erlassen wird (iSd Abschnitts 11 Abs 5 "Rückkehr-Handbuch" der Europäischen Kommission, ABl 2017 L 339/83). III. Das "Rückkehr-Handbuch" der Europäischen Kommission, ABl 2017 L 339/83, stellt nur eine unverbindliche Empfehlung dar und vermag daher keine Änderung der von der RL 2008/115/EG (RückführungsRL) aufgestellten Rechtslage zu bewirken. IV. Ein Einreiseverbot darf nach der RL 2008/115/EG (RückführungsRL) nicht ohne eine Rückkehrentscheidung erlassen werden oder nach Aufhebung des letztgenannten Akts aufrecht bleiben.
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Entscheidungsdatum: 03.06.2021
Aufbereitet am: 24.08.2021
2343
Mangelhafte Prüfung der Asylrelevanz der Taufe
Leitsätze
I. Die Vornahme einer Taufe und die Kirchenmitgliedschaft als solche sind als innerkirchliche Vorgänge von staatlichen Behörden nicht in Frage zu stellen, sondern vielmehr ihren Entscheidungen zu Grunde zu legen. II. Dies gilt selbst für den Fall, dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Religionswechsel (Konversion) nicht auf einer persönlichen Glaubensentscheidung beruhte, sondern lediglich deshalb durchgeführt wurde, um einen positiven Ausgang in einem laufenden Asylverfahren zu erwirken.
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Entscheidungsdatum: 21.09.2020
Aufbereitet am: 23.08.2021
2342
Zur Überschreitung der erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthaltsdauer
Leitsätze
I. Die ex tunc wirkende Aufhebung eines rechtskräftig erteilten Aufenthaltstitels durch den VwGH führt nicht dazu, dass dem Fremden nachträglich der Versuch einer Legalisierung seines Aufenthaltes durch die Stellung eines Antrages vorzuwerfen wäre. Die Zeitspanne zwischen der Erteilung des Aufenthaltstitels und der Erlassung des (wenn auch ex tunc wirkenden) aufhebenden Erkenntnisses des VwGH ist daher für die Beurteilung der Frage, ob eine Überschreitung des erlaubten visumfreien Aufenthaltes iSd § 11 Abs 1 Z 5 NAG vorliegt, nicht in Anschlag zu bringen. II. § 11 Abs 1 Z 5 NAG ist für den Zeitraum ab Erteilung des Aufenthaltstitels bis zur Kenntnis des Betroffenen über dessen Aufhebung - somit bis zur Erlassung des aufhebenden Erkenntnisses des VwGH - nicht einschlägig. Erst ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Erkenntnisses des VwGH, ab dem der Betroffene wissen musste, dass der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wieder als unerledigt anzusehen ist und er sich ohne Vorliegen eines Aufenthaltstitels in Österreich aufhält, wird § 11 Abs 1 Z 5 NAG wieder schlagend. III. Das (nunmehr) in Art 6 Abs 1 der VO (EU) 2016/399 zum Ausdruck kommende bewegliche System der Berechnung der zulässigen Aufenthaltsdauer ("Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht") ist auch für die Befreiung von der Visumpflicht und damit den erlaubten visumfreien Aufenthalt maßgeblich. Für die Frage, ob ein Drittstaatsangehöriger den visumfreien Aufenthalt überschritten hat, ist daher in einem Fall, in dem der Fremde zum Zeitpunkt (hier der Erlassung des Erkenntnisses und somit) der Erteilung des Aufenthaltstitels noch im Bundesgebiet aufhältig war, ausgehend von diesem Entscheidungszeitpunkt der zurückliegende Zeitraum von 180 Tagen zu betrachten, in dem sich der Fremde bis zu 90 Tage rechtmäßig aufhalten durfte.
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Entscheidungsdatum: 11.11.2020
Aufbereitet am: 20.08.2021
2341
"Aufenthaltsberechtigung plus" bei Integration in sprachlicher, beruflicher und sozialer Hinsicht
Leitsätze
I. Da eine Person aufgrund ihrer Antragstellung auf Asyl in Österreich nur vorübergehend aufenthaltsberechtigt ist, wird das Gewicht dieses bisherigen Aufenthalts im Bundesgebiet abgeschwächt, wenn versucht wurde, den Aufenthalt durch einen unberechtigten Antrag auf internationalen Schutz zu legalisieren. Die betroffene Person konnte durch die bloße Stellung eines Antrags auf Asyl nicht von der zukünftigen dauerhaften Legalisierung des Aufenthalts ausgehen. II. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann eine Verletzung des Art 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privatlebens) bewirken, wenn die betroffene Person sowohl in sprachlicher Hinsicht als auch im sozialen Umfeld sehr gut integriert ist und zudem eine erfolgreiche berufliche Integration stattgefunden hat und damit auch von einer künftigen Selbsterhaltungsfähigkeit auszugehen ist. III. Stellt sich heraus, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, zB weil sie gegen Art 8 EMRK verstoßen würde, so ist die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung auch unabhängig von den gestellten Anträgen von Amts wegen zu prüfen.
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Entscheidungsdatum: 04.01.2021
Aufbereitet am: 19.08.2021
2340
Kein Vorliegen eines "Folgeantrags" bei Erstverfahren in einem Drittstaat
Leitsätze
I. Die Unzulässigkeitsgründe für Anträge auf internationalen Schutz sind in Art 33 Abs 2 RL 2013/32/EU abschließend genannt. II. Es liegt nur dann ein "Folgeantrag" iSd Art 2 lit q und Art 33 Abs 2 lit d RL 2013/32/EU vor, wenn über den vorangegangenen Asylantrag in einem Mitgliedstaat der EU bestandskräftig entschieden wurde, nicht aber in einem Drittstaat. III. Als Drittstaaten iSd Punktes II gelten auch Norwegen und Island, wenngleich diese im Wege des Dublin-Übereinkommens, ABl 2001 L 93/40, teils am gemeinsamen europäischen Asylsystem teilnehmen.
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Entscheidungsdatum: 20.05.2021
Aufbereitet am: 18.08.2021
2339
Glaubhafte Verfolgung und wohlbegründete Furcht
Leitsätze
Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung kann bspw vorliegen, wenn die betroffene Person in der Vergangenheit bereits bedroht, entführt, gefangen gehalten und misshandelt wurde und zudem die konkrete Gefahr eines Verrats durch Familienmitglieder der betroffenen Person (etwa wegen deren Zugehörigkeit zu den Taliban) besteht.
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Entscheidungsdatum: 07.01.2021
Aufbereitet am: 17.08.2021