Leitsätze
1798
Keine Rückkehr in die Mongolei nach 14 Jahren
Leitsätze
Da die Behörde seit November 2012 erfolglos versucht, von der Konsularabteilung der Mongolei ein Heimreisezertifikat zu erlangen, und keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gesetzt hat, kann von einem dringenden und gewichteten öffentlichen Interesse an der Aufenthaltsbeendigung in Österreich nicht ausgegangen werden.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 17.10.2018
Aufbereitet am: 15.01.2019
1797
Anberaumung einer Beschwerdeverhandlung – Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung
Leitsätze
Hat das BVwG eine Beschwerdeverhandlung zur Abklärung des maßgeblichen Sachverhaltes abzuhalten, so sind die Parteien so rechtzeitig zu laden, dass ihnen ab Zustellung der Ladung ausreichend Zeit zur Vorbereitung bleibt. Dennoch ist vom BVwG aber binnen sieben Tagen über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu entscheiden.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 16.10.2018
Aufbereitet am: 14.01.2019
1796
Ladung zwecks Mitwirkung an der Beschaffung von Ersatzreisedokumenten auch vor rechtskräftiger Aufenthaltsbeendigung zulässig
Leitsätze
I. Im Zusammenhang mit Ladungen ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Bei einer Ladung gemäß §§ 46 Abs 2a FPG iVm 19 AVG ist daher unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der sich aus § 46 FPG ergebende Zweck eines Ersatzreisedokumentes, nämlich die - das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme voraussetzende - Abschiebung zu ermöglichen, einzubeziehen. In diesem Sinn ist in Bezug auf die Frage der Notwendigkeit von solchen Ladungsbescheiden auch das Vorliegen einer (zumindest) durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme erforderlich. Das lässt aber trotzdem dem BFA einen Spielraum, ausnahmsweise eine solche Ladung auch schon vor Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu verfügen, wenn sie fallbezogen aus besonderen Gründen schon in diesem Stadium unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit "nötig" iSd § 19 Abs 1 AVG ist. II. Ohne Auswirkung bleibt, dass § 46 Abs 2a FPG das BFA nunmehr "jederzeit" ermächtigt, bei der ausländischen Vertretungsbehörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen einzuholen. Rechtsgrundlage für die in diesem Zusammenhang ergehende Ladung bleibt nämlich § 19 AVG, deren Zulässigkeit ihre unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu beurteilende Notwendigkeit voraussetzt. Nach den Gesetzesmaterialien zum FrÄG 2017 (AA-213 25. GP 60) soll durch die Verwendung des Wortes "jederzeit" im Abs 2a des § 46 leg cit (nur) klargestellt werden, dass ein amtswegiges Vorgehen gemäß dieser Bestimmung nicht erst nach einem vorhergehenden (erfolglos gebliebenen) Auftrag an den Fremden iSd Abs 2 zulässig ist. Die Zulässigkeit einer bereits nach erstinstanzlicher Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz vorgenommenen Ladung eines Asylwerbers zum BFA (insb) mit dem Zweck der Identitätsfeststellung lässt sich daher im Zusammenhang mit der beabsichtigten Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht allein deshalb verneinen, weil noch keine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 29.05.2018
Aufbereitet am: 09.01.2019
1795
Alle Schubhaftbeschwerden folgen dem Regime für Maßnahmenbeschwerden
Leitsätze
I. Eine Beschwerde iSd § 22a Abs 1 Z 3 BFA-VG erfasst auch die Konstellation, dass die Schubhaft nach deren Anordnung wegen der aufrechten Anhaltung in Gerichtshaft noch nicht in Vollzug gesetzt wurde. Diesbezüglich wurde mit dem am 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen § 82 Abs 1 FPG in dessen Z 3 die Möglichkeit geschaffen, Beschwerde (damals: an den UVS) mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides zu erheben, wenn gegen den Fremden "die Schubhaft angeordnet wurde". Vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung bezog sich die genannte Z 3 damals auf den Fall, dass Anfechtungsobjekt ein (noch) nicht in Vollzug gesetzter Schubhaftbescheid war und der Fremde daher auch (noch) nicht in Schubhaft angehalten wurde. Daran hat sich mit der Übernahme der Vorgängerregelungen des FPG in den § 22a BFA-VG nichts geändert. Im Übrigen war damals in § 83 Abs 2 FPG vorgesehen, dass für das Schubhaftbeschwerdeverfahren im Wesentlichen die Bestimmungen des AVG betreffend Maßnahmenbeschwerden gelten. II. In Anbetracht der ErläutRV zum FrÄG 2015 (582 BlgNR 25. GP 7f) kann kein Zweifel daran bestehen, dass auch für eine Beschwerde gegen einen die Schubhaft anordnenden Bescheid, der (im Hinblick auf die noch andauernde Strafhaft) im Entscheidungszeitpunkt noch nicht in Vollzug gesetzt wurde, die bei Maßnahmenbeschwerden anwendbaren Regeln gelten. Das sind im vorliegenden Zusammenhang insb § 28 Abs 6 VwGVG und § 35 VwGVG. III. In Bezug auf die Überprüfung eines Schubhaftbescheides ist das VwG auf eine reine Kontrolltätigkeit beschränkt. Dies bedeutet, dass neues Vorbringen in der Schubhaftbeschwerde nur insoweit von Bedeutung sein kann, als es eine mögliche Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides aufzuzeigen vermag. IV. Eine "Sanierung" eines behördlichen Schubhaftbescheides, die auf einen "Austausch" der tatsächlich verhängten Schubhaft gegen jene, die das VwG für richtig erachtet, hinausläuft, kommt nicht in Betracht. V. § 35 VwGVG, der in seinem Abs 1 einen Aufwandersatzanspruch für die obsiegende Partei vorsieht, gilt im Wege des § 22a Abs 1a BFA-VG auch in der Konstellation einer Beschwerde gegen einen die Schubhaft anordnenden Bescheid, der im Entscheidungszeitpunkt noch nicht in Vollzug gesetzt wurde.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 13.11.2018
Aufbereitet am: 08.01.2019
1794
Gravierende Ermittlungslücken berechtigen zur Zurückweisung ans BFA
Leitsätze
I. Gravierende Ermittlungslücken wie die nicht ausreichende Berücksichtigung wesentlicher Punkte eines Vorbringens oder vorgelegter Bescheinigungsmittel, berechtigen das BVwG zur Zurückweisung an das BFA. Dies vor allem, wenn das Vorliegen eines entscheidungsrelevanten Sachverhaltes nicht abschließend beurteilt werden kann, ohne sich mit dem gesamten Sachverhalt auseinandergesetzt zu haben. II. Wenn nicht sehr wahrscheinlich ist, dass die Ermittlungen und Entscheidung in der Sache durch das BVwG rascher durchgeführt werden könnten oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wären, hat das BFA den maßgeblichen Sachverhalt in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren festzustellen.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 30.05.2018
Aufbereitet am: 07.01.2019
1793
Wehrdienstverweigerung in der Ukraine
Leitsätze
Der vom ukrainischen Wehrgesetz gewährte Strafrahmen bei Desertion oder Wehrdienstentziehung wird zumeist nicht ausgeschöpft, sondern die Strafe für ein bis zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Es ist grundsätzlich möglich, dass Ukrainer bei Rückkehr aus dem Ausland strafverfolgt werden, weil sie sich der Mobilisierung entzogen haben. In der Praxis gibt es gemäß der Staatendokumentation trotz zahlreicher Fahndungen jedoch nur wenige Anklagen und kaum Verurteilungen.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 11.09.2018
Aufbereitet am: 03.01.2019
1792
Ausreiseverbot wegen Zugangs zu Staatsgeheimnissen
Leitsätze
I. Das Recht auf Freizügigkeit bedeutet ein Recht, das Land in Richtung jedes anderen Lands nach freier Wahl der betroffenen Person zu verlassen. Jede Maßnahme, durch die einer Person die Verwendung eines Dokuments verwehrt wird, das ihr das Verlassen des Landes gestatten würde, begründet einen Eingriff in ihre durch Art 2 4. ZPMRK garantierten Rechte. Die Verweigerung der Ausstellung bzw Ausfolgung eines Reisepasses begründet daher einen Eingriff in das Recht auf Freizügigkeit. II. Ein Eingriff in die Freizügigkeit muss auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, ein legitimes Ziel verfolgen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein. Der Schutz der nationalen Sicherheit ist ein legitimes Ziel im Hinblick auf einen Eingriff in das Recht auf Freizügigkeit. Er kann jedoch ein Ausreiseverbot wegen der Gefahr des Verrats von Staatsgeheimnissen nicht rechtfertigen, weil diese Gefahr auch ohne eine physische Ausreise besteht. III. Wenn Bedienstete der Armee, des Geheimdienstes oder einer staatlichen Rüstungsfirma einen Arbeitsvertrag unterschreiben, der ein über den aktiven Dienst hinausreichendes Ausreiseverbot enthält, kann darin kein Verzicht auf ihr Recht auf Freizügigkeit gesehen werden.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 27.03.2018
Aufbereitet am: 02.01.2019
1791
Ausweisung eines langjährig niedergelassenen Migranten wegen Suchtgiftkriminalität
Leitsätze
I. Auch wenn der Vater nur wenige Monate zwischen der Geburt seiner Tochter und seiner Inhaftierung mit dieser zusammengelebt hat, stellt diese Beziehung Familienleben iSv Art 8 EMRK dar. II. Der EGMR hat Verständnis dafür, dass die Mitgliedstaaten rigoros gegen all jene vorgehen, die sich an der Verbreitung von Drogen beteiligen. III. Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung ist auch zu berücksichtigen, ob der betroffene Fremde seine Straffälligkeit nach einer bereits ausgesprochenen Ausweisung fortgesetzt hat. IV. Hat ein Fremder über Jahre hinweg zahlreiche Straftaten begangen und seine Chancen, sich zu resozialisieren, nicht genutzt, so ist die Annahme gerechtfertigt, dass auch ein mehrjähriges Wohlverhalten nach der Haftentlassung für sich alleine noch keine positive Prognose rechtfertigt. V. Auch wenn ein Fremder im Aufenthaltsstaat geboren wurde und hier sein ganzes Leben verbracht hat, kann das Fehlen einer nachhaltigen Integration - etwa durch Ausbildung, Berufsausübung und Selbsterhaltungsfähigkeit - für die Verhältnismäßigkeit der Ausweisung sprechen.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 20.12.2018
Aufbereitet am: 28.12.2018
1790
Gesetzlich vorgesehenes Unterbleiben einer Interessenabwägung bei einer Ausweisung wegen bestimmter strafrechtlicher Verurteilungen
Leitsätze
I. Die Gesamtheit der Beziehungen eines niedergelassenen Migranten zu seinem Umfeld stellen Privatleben iSv Art 8 EMRK dar. Unabhängig vom Bestehen eines Familienlebens stellt eine Ausweisung daher einen Eingriff in die durch Art 8 EMRK geschützten Rechte dar. II. Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des mit einer Ausweisung verbundenen Eingriffs in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens ist die Art und Schwere einer von der betroffenen Person begangenen Straftat nur einer von mehreren zu berücksichtigenden Faktoren neben unter anderem der Aufenthaltsdauer, der familiären Situation sowie den sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufenthaltsstaat und zum Herkunftsstaat. III. Den Anforderungen an die durch Art 8 EMRK gebotene Interessenabwägung wird nicht entsprochen, wenn der Gesetzgeber eine automatische Ausweisung von Fremden im Fall ihrer Verurteilung wegen einer mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedrohten Delikt vorsieht und die Behörden und Gerichte selbst keine Abwägung mehr vornehmen.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 18.12.2018
Aufbereitet am: 27.12.2018
1789
Familiennachzug: Zeitpunkt der Antragstellung für Altersfeststellung wesentlich
Leitsätze
Vor dem Hintergrund, dass das durchgeführte Gutachten zur Altersfeststellung zu dem Ergebnis kommt, dass das Mindestalter der Beschwerdeführerin zum Untersuchungszeitpunkt 18 Jahre beträgt, konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin zum Antragszeitpunkt - somit drei Monate davor - bereits volljährig gewesen ist.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 03.10.2018
Aufbereitet am: 20.12.2018
1788
Freiheitsentziehung eines Asylwerbers aus Gründen der öffentlichen Sicherheit
Leitsätze
I. Die Tatsache, dass sich ein Fremder bereits mehrere Jahre in einem Land aufgehalten hat und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, ändert nichts daran, dass eine anschließende Freiheitsentziehung während des Verfahrens über einen nachträglich gestellten Asylantrag, die wegen der von der betroffenen Person ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit als notwendig erachtet wird, auf Art 5 Abs 1 lit f EMRK gestützt werden kann. II. Wenn die Behörden und Gerichte im Zuge der Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Haft eines Asylwerbers die Risiken im Heimatland klären und die von der betroffenen Person ausgehende Gefahr feststellen müssen, kann dies eine mehrwöchige Dauer des Haftprüfungsverfahrens rechtfertigen.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 06.11.2018
Aufbereitet am: 20.12.2018
1787
Technische Probleme aufgrund der Umstellung des Faxservers des BVwG – Wiedereinsetzung
Leitsätze
Ein technisches Versagen im Bereich des Faxservers des BVwG muss vom BFA auch unter Bedachtnahme auf eine zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden, sodass es ein unvorhergesehenes Ereignis iSd § 33 VwGVG darstellt.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 14.08.2018
Aufbereitet am: 19.12.2018
1786
Zur freiwilligen Erfüllung der Ausreiseverpflichtung
Leitsätze
I. Das Gesetz setzt es als Regelfall voraus, dass der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig, also aus eigenem Antrieb und ohne begleitende Zwangsmaßnahme seitens des Bundesamtes bzw - in dessen Auftrag - seitens der Landespolizeidirektion (§ 5 BVA-VG), nachkommt. II. Liegen im Einzelfall bestimmte faktische Ausreisehindernisse vor (zB Fehlen eines für die Ausreise erforderlichen Reisedokumentes), so ist es auch Teil einer freiwilligen Erfüllung der Ausreiseverpflichtung, sich aus Eigenem um die Beseitigung dieser Ausreisehindernisse zu kümmern. III. Die Pflicht des Fremden nach § 46 Abs 2 FPG umfasst ua die eigenständige Antragstellung auf Ausstellung eines Reisedokumentes bei der dafür zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat) sowie die Erstattung sämtlicher dazu erforderlicher Angaben, insb die wahrheitsgemäße Angabe der Identität und die Bekanntgabe allfälliger sonstiger erkennungsdienstlicher Daten. Der Fremde hat die Erfüllung seiner Pflichten dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen, welches ein Interesse daran hat, über die diesbezüglichen Maßnahmen des Fremden und deren Erfolg unterrichtet zu sein, zumal die Nichterfüllung der Verpflichtung gemäß Abs 2 nicht nur zur Verhängung von Zwangsstrafen nach dem VVG, einschließlich der Beugehaft, führen kann, sondern auch für die Prüfung der Zulässigkeit einer (späteren) Anordnung der Schubhaft zu berücksichtigen ist.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 06.09.2018
Aufbereitet am: 18.12.2018
1785
Von Deserteuren, Familienverfahren und Säumnisbeschwerden
Leitsätze
I. Auch Männer, die ihren Wehrdienst bereits abgeleistet haben, müssen in Syrien aktuell damit rechnen, neuerlich einberufen bzw rekrutiert zu werden. II. Eine ausdehnende Auslegung des § 16 Abs 3 BFA-VG, sodass er auch Säumnisbeschwerden erfasse, bzw eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf Säumnisbeschwerden kommt nicht in Frage. III. Der erkennende Richter hält eine Säumnisbeschwerde, die nur von einem Familienangehörigen erhoben wird, nicht für zulässig, weil dies dazu führen würde, dass die Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache zT beim BFA, zT aber beim BVwG läge. IV. War die Säumnisbeschwerde unzulässig, so konnte sie nicht bewirken, dass die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Asylantrag des Beschwerdeführers auf das BVwG überging, und es war belanglos, ob das BFA innerhalb von drei Monaten nach Einbringung der Beschwerde entschied oder erst später. V. Es ist in der Verhandlung gelungen, die Frage zu klären, ob es sich nach syrischem Recht bei dem Vorgang vom 24.1.2012 um eine Verlobung oder um eine Eheschließung im technischen Sinn gehandelt hat. Schon der Umstand, dass sich die Brautleute auf ein Gericht begaben, deutet darauf hin, dass es sich dabei um den Versuch handelte, die Ehe registrieren zu lassen. Der Beschwerdeführer und die Zeugin verstehen unter dem Ausdruck "Khutba" oder "Khtuba" offenbar etwas anderes, als nach syrischem Recht im technischen Sinn gemeint ist. Im Ergebnis waren der Beschwerdeführer und die Zeugin somit schon in ihrem Herkunftsstaat Syrien nach staatlichem syrischen Recht - und nur darauf kommt es an - verheiratet.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 06.09.2018
Aufbereitet am: 18.12.2018
1784
Häusliche Gewalt in Österreich und ihre Folgen im Falle einer Rückkehr nach Syrien
Leitsätze
Die Beschwerdeführerin wurde in Österreich Opfer häuslicher Gewalt durch ihre syrischen Familienangehörigen. Dass sie bei einer Rückkehr nach Syrien nicht auf die Unterstützung der dort lebenden Angehörigen bauen kann, ergibt sich daraus, dass es in Syrien nicht "üblich" bzw "möglich" ist, sich von seiner Familie loszusagen. Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine alleinstehende, unverheiratete, junge Frau ohne familiäre Unterstützung in Syrien handelt, besteht für sie bei einer Rückkehr nach Syrien eine aktuelle bzw drohende Verfolgungsgefahr.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 07.09.2018
Aufbereitet am: 17.12.2018
1783
Zurückweisung von Asylwerbern an der Grenze ohne Entgegennahme ihrer Anträge auf internationalen Schutz
Leitsätze
I. Entscheidungen von Grenzkontrollorganen, mit denen Ausländern trotz eines Antrags auf internationalen Schutz die Einreise verweigert wird, sind diesem Staat zurechenbar und fallen somit in seine Hoheitsgewalt iSv Art 1 EMRK. Es ändert auch nichts an der Verantwortlichkeit dieses Staates, wenn es den betroffenen Personen später gelingt, in einem anderen Staat Asyl zu beantragen. II. Wird einem Antragsteller auf internationalen Schutz an der Grenze die Einreise verweigert und ihm diese Entscheidung nicht in einer ihm verständlichen Sprache mitgeteilt, so kann nicht von ihm erwartet werden, dagegen ein Rechtsmittel zu erheben. Eine spätere Beschwerde an den EGMR kann somit nicht wegen Nichterschöpfung des Instanzenzugs für unzulässig erklärt werden. III. Rechtsmittel gegen eine Abschiebung sind nur dann wirksam iSv Art 13 EMRK und Art 35 EMRK, wenn ihnen automatische aufschiebende Wirkung zukommt. IV. Auch eine indirekte Zurückschiebung eines Fremden über einen Drittstaat ändert nichts an der Verantwortlichkeit des abschiebenden Staates sicherzustellen, dass die betroffene Person keiner realen Gefahr einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung ausgesetzt wird. Der abschiebende Staat muss sich vergewissern, dass der Drittstaat ausreichende Gewähr dafür bietet, dass die betroffene Person nicht ohne einer Beurteilung der im Herkunftsstaat drohenden Gefahr in diesen zurückgeschickt wird. Diese Verpflichtung ist umso wichtiger, wenn es sich bei dem Drittstaat nicht um einen Mitgliedstaat der EMRK handelt. V. Wenn sich Personen an die Grenzkontrollorgane wenden und nicht verbergen, über kein Visum oder anderes zur Einreise berechtigendes Dokument zu verfügen, kann davon ausgegangen werden, dass ihre Behauptung glaubwürdig ist, um Asyl gebeten zu haben. Wenn sie auf eine ihnen vorgelegte Zurückweisungsentscheidung das Wort "Asyl" schreiben, ist dies ein ausreichender Hinweis für die Grenzkontrollorgane, dass um internationalen Schutz ersucht wird. VI. Die Zurückweisung einer schutzsuchenden Person an der Grenze, ohne auf ihren Asylantrag einzugehen oder diesen an die zuständigen Behörden weiterzuleiten, verletzt Art 3 EMRK.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 11.12.2018
Aufbereitet am: 14.12.2018
1782
Ausweisung des Vaters von sechs Kindern dänischer Staatsbürgerschaft wegen Suchtgiftkriminalität
Leitsätze
I. Der EGMR hat Verständnis für die Strenge, mit der die Behörden gegen Personen vorgehen, die mit Suchtgift handeln und damit aktiv zur Verbreitung dieser Seuche beitragen. II. Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung spielt es keine Rolle, mit welchen Schwierigkeiten die ehemaligen Ehefrauen des Betroffenen in dessen Herkunftsland konfrontiert wären. III. Sind Kinder von einer Ausweisung mittelbar betroffen, muss das Kindeswohl beachtet werden. Dabei spielen insb die Schwierigkeiten eine Rolle, mit denen sie in dem Land konfrontiert wären, in das ihr Elternteil zurückkehren muss, bzw die Auswirkungen der dadurch verursachten Trennung. Auch wenn es für sich alleine nicht entscheidend ist, ist das Kindeswohl von vorrangiger Bedeutung. Die Behörden müssen grundsätzlich erheben, ob die Ausweisung eines Elternteils im Hinblick auf das Kindeswohl durchführbar und verhältnismäßig ist. IV. Wenn die Ausweisung aufgrund einer Straftat erfolgt, kann die Natur und Schwere der Straftat andere Kriterien überwiegen. Im vorliegenden Fall ist die Ausweisung angesichts der Verurteilung zu fünf Jahren Haft wegen Suchtgifthandels verhältnismäßig, obwohl es dadurch zu einer Trennung der Kinder von ihrem Vater kommt.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 23.10.2018
Aufbereitet am: 13.12.2018
1781
Ausweisung eines von klein auf niedergelassenen Migranten wegen zahlreicher Verurteilungen
Leitsätze
I. Die Mitgliedstaaten haben das Recht, einen strafrechtlich Verurteilten Fremden auszuweisen. Ihre Entscheidungen müssen jedoch das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens respektieren. Daher muss jede Ausweisung, die mit einem Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben einhergeht, verhältnismäßig zum damit verfolgten Ziel sein. II. Die Gesamtheit der sozialen Beziehungen eines niedergelassenen Migranten zur Gemeinschaft, in der er lebt, ist Teil seines Privatlebens iSv Art 8 EMRK. Nur in seltenen Fällen wird ein niedergelassener Migrant daher nicht in der Lage sein nachzuweisen, dass seine Ausweisung in sein Recht auf Achtung des Privatlebens eingreift. III. Die Verhältnismäßigkeit der wegen einer Straffälligkeit ausgesprochenen Ausweisung eines Migranten, der noch keine eigene Familie gegründet hat, ist vor allem anhand der Art und Schwere der von ihm begangenen Straftaten, der Dauer des Aufenthalts, der seit der letzten Straftat vergangenen Zeit und dem Verhalten während dieser Zeit und der Stärke der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufenthaltsstaat einerseits und zum Herkunftsstaat andererseits zu beurteilen. IV. Die Ausweisung eines Migranten, der den größten Teil seiner Kindheit im Aufenthaltsstaat verbracht hat, kann nur durch sehr schwerwiegende Gründe gerechtfertigt werden. Solche Gründe liegen vor, wenn der betroffene Fremde über mehrere Jahre hinweg zahlreiche, zum Teil schwerwiegende Gewalt- und Drogendelikte begangen hat und der Fremde zudem weder ein Familienleben begründet noch sich in die Gesellschaft integriert hat.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 23.10.2018
Aufbereitet am: 30.11.2018
1780
Rechtswidrigkeit der Schubhaft aufgrund Nichtberücksichtigung eines gültigen Aufenthaltstitels
Leitsätze
Ein einmal rechtswidriger Schubhaftbescheid kann nicht – quasi partiell – für einen Teilzeitraum konvalidieren, zumal dies im Ergebnis einer gesetzlich nicht vorgesehenen Schubhaftverhängung "auf Vorrat" gleichkommen würde. War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die gesamte Zeit der auf ihn gestützten Anhaltung gelten.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 20.09.2018
Aufbereitet am: 23.11.2018
1779
Gefährdete Frauen in Syrien
Leitsätze
I. Der Erstbeschwerdeführerin droht bei einer Rückkehr nach Syrien als alleinstehende Mutter mit einem minderjährigen Sohn asylrelevante Verfolgungsgefahr, insb hat sie ein hohes Risiko, sexueller Gewalt ausgesetzt zu sein. II. Für die Erstbeschwerdeführerin und ihren minderjährigen Sohn besteht zudem als Palästinenser und Angehörige der sunnitischen Glaubensrichtung nach UNHCR besonderer Schutzbedarf, weshalb eine asylrelevante Verfolgung auch aus diesem Grund nicht auszuschließen ist.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 03.09.2018
Aufbereitet am: 21.11.2018