Leitsätze
1818
Einreisetitel nach § 35 AsylG als untaugliches Mittel zur Familienzusammenführung mit einem in Österreich befindlichen, bereits volljährigen Familienmitglied
Leitsätze
I. Die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG verfolgt den asylspezifischen Zweck, für die nachziehenden Personen nach Einreise in das Bundesgebiet ein Familienverfahren nach § 34 AsylG zu eröffnen. Diesem Zweck wird aber nicht entsprochen, wenn die Bezugsperson im Laufe des Verfahrens nach § 35 AsylG volljährig wird, da in diesem Fall kein Familienverfahren nach § 34 AsylG mehr in Frage kommt. II. Der Einreisetitel nach § 35 AsylG erweist sich von vornherein als ungeeignetes Instrument, um einem Anliegen auf Familienzusammenführung mit einem in Österreich befindlichen volljährigen Familienangehörigen zu entsprechen. In einem solchen Fall bleibt vielmehr auf die anderen im NAG und FPG vorgesehenen Möglichkeiten der Familienzusammenführung und der Ausstellung entsprechender Einreisetitel zu verweisen.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 21.12.2018
Aufbereitet am: 04.03.2019
1817
Unerlässlichkeit der persönlichen Einvernahme des (minderjährigen) Betroffenen im Rahmen eines Aberkennungsverfahrens
Leitsätze
I. Um die Schwere der fraglichen Straftat konkret zu würdigen und eine vollständige Prüfung sämtlicher besonderer Umstände des Einzelfalls vornehmen zu können, ist im Rahmen des Verfahrens über die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten jedenfalls die persönliche Einvernahme des Betroffenen über den zugrunde liegenden Sachverhalt maßgeblich, auch wenn der Wortlaut des § 9 Abs 2 grundsätzlich erfüllt sein mag. II. Da bei der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zudem prinzipiell die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorgesehen ist, ist für die dabei gebotene Interessenabwägung nach Art 8 Abs 2 EMRK die persönliche Befragung des Beschwerdeführers zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen unabdingbar.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 20.12.2018
Aufbereitet am: 27.02.2019
1816
Formal-gesetzlich determinierter "Kriterienkatalog" zur Annahme einer Fluchtgefahr
Leitsätze
Art 2 lit n Dublin III-VO verlangt unmissverständlich gesetzlich geregelte Kriterien zur Konkretisierung der im Unionsrecht für die Verhängung von Schubhaft normierten Voraussetzungen des Vorliegens von "Fluchtgefahr". Zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides (Juli 2015) verfügte das FPG über keinen formal-gesetzlich determinierten "Kriterienkatalog" zur Annahme einer Fluchtgefahr. Ein Rückgriff auf Kriterien, die der VwGH va zum Tatbestand der Z 4 des § 76 Abs 2 FPG für die Annahme von "Fluchtgefahr" (Gefahr des "Untertauchens") als maßgeblich angesehen hat, wurde verneint.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 11.12.2018
Aufbereitet am: 26.02.2019
1815
Nur lebensbedrohliche Erkrankungen können einer Abschiebung entgegenstehen
Leitsätze
I. Kein Fremder hat das Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. II. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung nach Art 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 25.05.2018
Aufbereitet am: 25.02.2019
1814
Keine Familienangehörigen-Eigenschaft, wenn Zusammenführender zwischen Antragstellung und Entscheidung stirbt
Leitsätze
I. Das VwG hat seine Entscheidung idR an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten. II. Ein Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" gemäß § 47 Abs 2 NAG 2005 darf nur erteilt werden, wenn der Antragsteller zum Zeitpunkt der Entscheidung Familienangehöriger des Zusammenführenden iSd § 2 Abs 1 Z 9 NAG 2005 ist (vgl VwGH 18.10.2012, 2008/22/0909). III. Verstirbt der Zusammenführende zwischen Antragstellung und Entscheidung, so liegt zum Zeitpunkt der Entscheidung keine Familienangehörigkeit iSd §§ 47 Abs 2 iVm 2 Abs 1 Z 9 NAG mehr vor.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 08.11.2018
Aufbereitet am: 20.02.2019
1813
Aufrechtes Einreiseverbot iSd § 11 Abs 1 Z 1 NAG meint rechtskräftiges Einreiseverbot
Leitsätze
I. Im Zusammenhang mit § 11 Abs 1 Z 1 NAG 2005 ist auf das Vorliegen eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes abzustellen (siehe VwGH 29.2.2012, 2008/21/0202; 10.11.2009, 2009/22/0286). Auch die Gesetzesmaterialien (RV 952 B1gNR 22. GP, 121) nehmen - wenn auch in sprachlich unvollständiger Weise - auf rechtskräftig erlassene Maßnahmen Bezug. Ein nicht in Rechtskraft erwachsenes Einreiseverbot ist somit nicht als aufrechtes Einreiseverbot iSd § 11 Abs 1 Z 1 NAG 2005 anzusehen (vgl VwGH 23.5.2012, 2008/22/0259). II. Eine Beschwerde gegen ein verhängtes Einreiseverbot an das VwG ist nicht mit einem Antrag auf Aufhebung eines (bereits rechtskräftigen) Einreiseverbotes gleichzusetzen (vgl VwGH 7.5.2014, Ro 2014/22/0011). III. Die einzelfallbezogene Anwendung des § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG berührt unter Berücksichtigung der vom VwGH vorgegebenen Auslegung dieser Bestimmung dann keine grundsätzliche Rechtsfrage, wenn sich das vom VwG solcherart erzielte Ergebnis als vertretbar erweist (vgl VwGH 25.1.2017, Ra 2016/12/0109).
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 08.11.2018
Aufbereitet am: 19.02.2019
1812
Pflicht zur mündlichen Verhandlung bei langer Aufenthaltsdauer und Integrationsanzeichen
Leitsätze
I. Ein Privat- und Familienleben, das während befristet erteilter Aufenthaltstitel begründet wird, erweist sich durchaus als schützenswert; die daraus resultierende Verfestigung ist auch nicht als relativiert anzusehen, wie dies etwa während eines unrechtmäßigen Aufenthalts oder einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 der Fall wäre. II. Im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung kann die Frage der Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden. Vielmehr kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 EMRK relevanten Umstände besondere Bedeutung zu. III. Angesichts des langen, überwiegend rechtmäßigen Aufenthalts in Österreich und der vom BVwG festgestellten Integrationsmerkmale sowie der aus dem Verfahrensakt ersichtlichen zusätzlichen Bemühungen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 EMRK relevanten Umstände besonderes Gewicht zu.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 08.11.2018
Aufbereitet am: 18.02.2019
1811
Spekulationen der Behörde begründen keine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung
Leitsätze
I. Spekulative Ausführungen sind nicht geeignet zu begründen, dass die sofortige Ausreise eines unbescholtenen Beschwerdeführers, der nachweislich seit mehreren Jahren an derselben Adresse gemeldet ist, im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist und Fluchtgefahr besteht. II. Spekulativ ist die Unterstellung, der Beschwerdeführer werde aufgrund oftmaliger Anzeigen wegen strafrechtlich relevanter Verdachtslagen bald eine Straftat verwirklichen, obwohl er bisher unbescholten ist. III. Spekulativ ist auch die Behauptung einer hohen Wahrscheinlichkeit des Abtauchens, obwohl der Beschwerdeführer im Entscheidungszeitpunkt schon drei Jahre an derselben Adresse gemeldet ist.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 27.06.2018
Aufbereitet am: 13.02.2019
1810
Ehegatten sind Familienangehörige eines Asylberechtigten, wenn die Ehe bereits im Herkunftsstaat bestand
Leitsätze
Familienangehörige ist der Ehegatte eines Asylwerbers oder eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat. Dies gilt auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 25.05.2018
Aufbereitet am: 12.02.2019
1809
Wegfall der Versagungsgründe gemäß § 92 FPG – zum Zeitraum des Wohlverhaltens
Leitsätze
Der Zeitraum von eineinhalb Jahren seit der Haftentlassung des Beschwerdeführers ist jedenfalls zu kurz, um von einem Wegfall der aufgrund der Verurteilung gerechtfertigten Annahme, dass er den Konventionsreisepass benützen würde, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken, ausgehen zu können. Es wird noch eines längeren Zeitraumes des Wohlverhaltens bedürfen, um einen begründeten Wegfall der genannten Versagungsgründe bejahen zu können.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 12.11.2018
Aufbereitet am: 11.02.2019
1808
Anerkennung einer nach islamischem Recht geschlossenen Ehe
Leitsätze
Die Beschwerdeführer werden mangels Feststellungen betreffend das anzuwendende fremde Recht hinsichtlich der Anerkennung einer nach islamischem Recht geschlossenen Ehe im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 10.10.2018
Aufbereitet am: 06.02.2019
1807
Aufenthaltsehe unabhängig von strafgerichtlicher Diversion zu beurteilen
Leitsätze
I. Die Annahme des Vorliegens einer Aufenthaltsehe iSd § 30 Abs 1 NAG setzt nicht voraus, dass der Ehepartner gemäß § 117 FPG bestraft oder eine Anzeige gemäß § 117 FPG erstattet worden ist. Es steht einer derartigen Annahme auch nicht entgegen, dass ein Strafverfahren nach § 117 FPG nicht mit einer Verurteilung endete (vgl VwGH 23.3.2017, Ra 2016/21/0349; VwGH 22.2.2011, 2010/18/0446). II. Wenn selbst ein strafgerichtlicher Freispruch der Feststellung einer Aufenthaltsehe nicht von vornherein entgegensteht, gilt dies umso mehr für eine strafgerichtliche Diversion.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 08.11.2018
Aufbereitet am: 05.02.2019
1806
Wirkungen der Rückkehrentscheidung bei Erhebung einer Beschwerde ausgeschlossen
Leitsätze
Da die - im vorliegenden Fall herangezogene - Bestimmung des § 18 Abs 1 Z 4 BFA-VG iVm einer Fallkonstellation iSd § 18 Abs 1 letzter Satz BFA-VG, also bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung, der Rückkehrrichtlinie entgegensteht, ist sie unangewendet zu lassen.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 26.07.2018
Aufbereitet am: 04.02.2019
1805
Rückkehrentscheidung – keine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung
Leitsätze
Im Falle der Erhebung eines Rechtsmittels gegen eine mit der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung sind alle Wirkungen dieser Rückkehrentscheidung auszusetzen. Es genügt nicht, von einer zwangsweisen Vollstreckung der Rückkehrentscheidung abzusehen, sondern es sind alle Rechtswirkungen der Rückkehrentscheidung aufgeschoben. So beginnt insb die Frist für die freiwillige Ausreise nicht zu laufen und ist eine Schubhaft unzulässig. Außerdem muss ein Beschwerdeführer bis zur rechtskräftigen Entscheidung Änderungen der in Art 5 Rückführungsrichtlinie genannten Umstände (betreffend Kindeswohl, familiäre Bindungen, den Gesundheitszustand, refoulementrelevante Umstände) geltend machen können.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 11.10.2018
Aufbereitet am: 30.01.2019
1804
Geschenktes Sparguthaben zum Nachweis finanzieller Mittel geeignet
Leitsätze
I. Ein Bankguthaben ist zum Nachweis ausreichender finanzieller Mittel gemäß § 11 Abs 2 Z 4 iVm Abs 5 NAG geeignet – unabhängig davon, ob es sich um eigene Ersparnisse des Fremden oder um eine geschenkte Geldsumme handelt. II. Die Dauer, für die das Vorhandensein der notwendigen Unterhaltsmittel nachzuweisen ist, beträgt bei einem befristeten Aufenthaltstitel im Hinblick auf § 20 Abs 1 NAG 2005 - soweit nichts anderes bestimmt ist - idR zwölf Monate (vgl VwGH 31.5.2011, 2009/22/0260; 18.10.2012, 2011/23/0129). III. Die Situation eines Fremden, der zu studieren beabsichtigt, entspricht bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres derjenigen eines Waisenpensionsberechtigten iSd § 293 Abs 1 lit c sublit aa ASVG und für ihn ist der dort normierte Richtsatz für Vollwaisen heranzuziehen. Nach Vollendung des 24. Lebensjahres kommt der Richtsatz für einen pensionsberechtigten Vollwaisen nach § 293 Abs 1 lit c sublit bb ASVG zur Anwendung, der jedoch demjenigen eines (sonstigen) alleinstehenden Pensionsberechtigten nach § 293 Abs 1 lit a sublit bb ASVG entspricht, sodass betragsmäßig kein Unterschied zwischen den Richtsätzen besteht (vgl VwGH 22.3.2018, Ra 2017/22/0177).
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 13.11.2018
Aufbereitet am: 29.01.2019
1803
Nicht authentische "Wählerevidenzliste" kein taugliches Beweismittel für Feststellung der Annahme einer fremden Staatsangehörigkeit
Leitsätze
I. Mit der Annahme, dass der dem LVwG Wien zur Verfügung stehende Datensatz den Inhalt einer Liste mit entsprechender Funktion ("türkische Wählerevidenzliste") wiedergebe, wird ein Ergebnis des Verfahrens unterstellt, das im Verfahren gerade nicht geklärt werden konnte. Vielmehr ergibt das Verfahren unstrittig, dass der Datensatz nicht authentisch und hinsichtlich seiner Herkunft und des Zeitpunktes seiner Entstehung nicht zuordenbar ist. Dies schließt es von vornherein aus, dass dieser Datensatz für die Zwecke des § 27 Abs 1 StbG ein taugliches Beweismittel darstellt. II. Die Annahme, dass im Fall einer rechtlichen oder tatsächlichen Unmöglichkeit für das LVwG, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 27 Abs 1 StbG zu ermitteln, dessen Ermittlungsverpflichtung unter dem Titel einer Mitwirkungspflicht ohne Weiteres auf den Betroffenen überwälzt werden könne und der österreichische Staatsbürger einen entsprechenden Negativbeweis zu erbringen habe, verbietet sich angesichts der der Staatsbürgerschaft zukommenden (und aus ihrem Verlust folgenden) Bedeutung. Soweit das LVwG Wien in seiner Begründung erkennbar von einer solchen Rechtsauffassung ausgeht, unterstellt es § 42 Abs 3 und § 27 Abs 1 StbG einen verfassungswidrigen Inhalt.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 11.12.2018
Aufbereitet am: 28.01.2019
1802
Fehlende Bezugnahme auf Dublin III-VO bei Schubhaftanordnung
Leitsätze
I. Solange die Dublin III-VO gegenüber einem Drittstaatsangehörigen herangezogen wird, darf die Administrativhaft zur Sicherung deren Vollzuges nur nach Art 28 Dublin III-VO verhängt werden und nicht nach den Bestimmungen des nationalen Rechts. II. Ein Aktenvermerk ist zur Sanierung einer falschen Rechtsgrundlage ungeeignet.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 10.09.2018
Aufbereitet am: 23.01.2019
1801
Führung eines Familienlebens im Anwendungsbereich des § 34 AsylG 2005 irrelevant
Leitsätze
Seit dem 1.11.2017 kommt es im Anwendungsbereich des § 34 AsylG 2005 nicht mehr auf die Führung eines Familienlebens iSd Art 8 EMRK an.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 10.09.2018
Aufbereitet am: 22.01.2019
1800
Beispiel für kein "besonders schweres Verbrechen"
Leitsätze
I. Unter den Begriff des schweren Verbrechens iSd Art 1 Abschnitt F lit b GFK fallen nach hL nur Straftaten, die in objektiver und subjektiver Hinsicht besonders verwerflich sind und deren Verwerflichkeit in einer Güterabwägung gegenüber den Schutzinteressen der betroffenen Person diese eindeutig überwiegt. II. Die Berücksichtigung subjektiver Faktoren, wie Milderungsgründe, Schuldausschließungsgründe oder Rechtfertigungsgründe, erfolgt auch in der Rsp des VwGH. III. Die Aberkennungsbestimmung ist nach der VwGH-Rsp restriktiv auszulegen. IV. Im Verhältnis zum Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe wurde hinsichtlich der Schuld des Beschwerdeführers ein eher geringes Strafausmaß als angemessen angesehen, indem er unter Berücksichtigung der Milderungs- und Erschwerungsgründe (lediglich) zu einer sechsmonatigen, zur Gänze bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. V. Der VwGH geht regelmäßig davon aus, dass bei einer "nur" bedingten Verurteilung von einer positiven Zukunftsprognose auszugehen ist.
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 06.11.2018
Aufbereitet am: 21.01.2019
1799
Kabul-Stadt keine innerstaatliche Fluchtalternative
Leitsätze
I. Die Entscheidung darüber, ob dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative zumutbar ist, hat nicht nach Maßgabe von Vorgaben oder Leitlinien (vgl etwa VwGH 20.4.2018, Ra 2018/18/0194) zu erfolgen, sondern ist - "unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Asylwerbers im Einzelfall" (VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/0001) - auf der Grundlage geltenden Rechts (hier insb § 11 AsylG 2005, Art 8 Status-RL) auf der Basis von maßgeblichen Länderberichten zu treffen. II. Nach der Rsp des VwGH muss es dem Asylwerber möglich sein, im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative - nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten - Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können (VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/0001). III. Ein wie von UNHCR für die Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative sprechender Zugang zu Unterkunft, wesentlichen Grundleistungen (zB zu sanitärer Infrastruktur, Gesundheitsversorgung) und Erwerbsmöglichkeiten, etwa in der Hauptstadt Kabul, ist nicht ersichtlich; der Beschwerdeführer verfügt über keine sozialen bzw familiären Anknüpfungspunkte in Afghanistan oder finanzielle Unterstützung. Die von UNHCR in seinen Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.4.2016 angeführten "bestimmten Umstände", nach welchen es alleinstehenden, leistungsfähigen Männern im berufsfähigen Alter möglich sein kann, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbaner Umgebung zu leben, sind im Falle des Beschwerdeführers (va auch, weil es sich bei ihm um einen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Benachteiligungen ausgesetzten Rückkehrer aus Pakistan handelt) nicht gegeben. IV. Dazu kommt, dass nach den aktuellen UNHCR-Richtlinien zur Beurteilung des internen Schutzbedarfes von Asylsuchenden aus Afghanistan vom 30.8.2018 UNHCR der Ansicht ist, dass angesichts der derzeitigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Situation in Kabul eine innerstaatliche Fluchtalternative in der Stadt idR nicht verfügbar ist. V. Die Frage, ob dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG 2005 zumutbar ist, stellt - unter Beachtung der Feststellungen zum Herkunftsstaat - eine in rechtlicher Beurteilung vorgenommene Form einer Interessenabwägung dar, die bei ordnungsgemäß durchgeführtem Verfahren grundsätzlich irreversibel ist (vgl VwGH 31.8.2017, Ra 2017/21/0041).
Lesen Sie mehr (vorher anmelden)
Entscheidungsdatum: 01.10.2018
Aufbereitet am: 16.01.2019