Leitsätze
2512
Bestehende Fluchtgefahr aufgrund Angabe einer falschen Identität, massiver Straffälligkeit und illegaler Einreisen
Leitsätze
I. Das wiederholte Stellen von Asylanträgen, dies auch im Ausland nach dortiger illegaler Einreise unter Angabe einer falschen Identität, massive Straffälligkeit sowie Mittellosigkeit und nicht vorhandene Integration im Bundesgebiet stellen Indikatoren für das Bestehen erheblicher Fluchtgefahr dar. Ein derartiges Verhalten kann eine Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft iSd § 22a Abs 4 BFA-VG rechtfertigen. II. Scheitert eine Abschiebung an dem dafür benötigten Heimreisezertifikat, so kann vom weiteren Vorliegen der Verhältnismäßigkeit iSd § 22a Abs 4 BFA-VG ausgegangen werden, wenn konkrete Gründe für die Annahme bestehen, dass das Heimreisezertifikat in absehbarer Zeit vorliegen wird.
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Entscheidungsdatum: 10.09.2021
Aufbereitet am: 06.06.2022
2511
§ 54 Abs 7 NAG gilt auch bei inzwischen erfolgter Scheidung
Leitsätze
I. § 54 Abs 7 NAG greift, wenn es sich bei der Ehe, auf die sich der Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte stützte, um eine Aufenthaltsehe handelte, mangels tatsächlichen Bezugs zu einem EWR-Bürger auch in einer Konstellation, in der die betreffende Ehe zum Zeitpunkt der Entscheidung des LVwG bereits geschieden war. Für die Frage der Anwendbarkeit der Bestimmung des § 54 Abs 7 NAG bei Bestehen einer Aufenthaltsehe kommt es darauf an, dass die in Rede stehenden Anträge auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte im Hinblick auf die betreffende Ehe gestellt wurden. II. Unabhängig von der Frage, ob (fallbezogen) eine Aufenthaltsehe vorlag, ist dann, wenn die EWR-Bezugsperson (hier: ungarische Ex-Ehefrau) Österreich vor Einleitung des Scheidungsverfahrens dauerhaft verlassen hat, nicht von einem Fortbestand der unionsrechtlichen Aufenthaltsberechtigung des Antragstellers auszugehen (siehe zB VwGH 9.9.2021, Ra 2021/22/0142, Rz 11). III. Auch wenn ein Zeuge im Ausland idR nicht zum persönlichen Erscheinen verhalten werden kann, trifft es zu, dass in Anbetracht der aktenkundigen ungarischen Adressen der ehemaligen Ehegattin vom LVwG zumindest der Versuch zu unternehmen gewesen wäre, die für die Klärung der hier relevanten Fragen offenkundig entscheidende Zeugin unter Heranziehung der in Betracht kommenden, bereits bekannten Anschriften zu laden. Darüber hinaus wäre allenfalls auch die Möglichkeit in Betracht zu ziehen gewesen, über die zuständige ungarische Vertretungsbehörde Auskunft über die aktuelle Meldeadresse der Zeugin zu erhalten. Vor diesem Hintergrund befreite der Umstand, dass der Fremde nach Ansicht des LVwG Gelegenheit gehabt hätte, eigene Anstrengungen zur Eruierung des konkreten Aufenthaltsortes der Zeugin zu unternehmen, das LVwG nicht davon, die soeben angesprochenen Verfahrensschritte zu setzen.
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Entscheidungsdatum: 18.11.2021
Aufbereitet am: 03.06.2022
2510
§ 20 Abs 4 NAG gilt auch für "Assoziationstürk:innen"
Leitsätze
I. Der EuGH hat anerkannt, dass das Ziel der Gewährleistung einer erfolgreichen Integration von Drittstaatsangehörigen im betreffenden Mitgliedstaat einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses (im Hinblick auf Art 13 ARB 1/80 und somit zur Rechtfertigung einer neuen Beschränkung) darstellen kann. Bei der erforderlichen Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind ua die Modalitäten der Umsetzung einer (als zur Zielerreichung geeignet angesehenen) Verpflichtung zu berücksichtigen. Die Prüfung, ob die Einzelheiten der Umsetzung einer neuen beschränkenden Maßnahme über das zur Erreichung des damit verfolgten Zieles Erforderliche hinausgehen, ist Sache des vorlegenden Gerichts. II. Ausgehend davon, dass auch auf unionsrechtlicher Ebene an eine längere Abwesenheit die Folge des Entzuges einer besonders begünstigten Rechtsstellung geknüpft und somit die abträgliche Wirkung einer derartigen Unterbrechung des Aufenthaltes für die Integration anerkannt wird, bestehen keine Zweifel, dass mit einer Regelung wie der in § 20 Abs 4 NAG vorgesehenen das Ziel der Gewährleistung einer erfolgreichen Integration von Drittstaatsangehörigen in geeigneter Weise verfolgt wird. Zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ist insb auf die in § 41a Abs 6 iVm § 45 Abs 9 NAG vorgesehene vereinfachte und beschleunigte Möglichkeit der Wiedererlangung des Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" hinzuweisen. III. § 20 Abs 4 NAG erfüllt die in der Rsp des EuGH zu Art 13 ARB 1/80 aufgestellten Kriterien für die Zulässigkeit einer neuen Beschränkung. IV. Da der VwGH mit der Prüfung des § 20 Abs 4 NAG der Rechtsansicht des EuGH Rechnung trägt, bedurfte es im Hinblick auf das Abgehen von seiner früheren Rsp keiner Befassung eines verstärkten Senates.
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Entscheidungsdatum: 18.11.2021
Aufbereitet am: 02.06.2022
2509
Zur "Gleichzeitigkeit" einer Rückkehrentscheidung und Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung
Leitsätze
Nach dem Wortlaut des § 52 Abs 9 FPG hat die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung zu ergehen. Es genügt daher nicht, hinsichtlich der Rückkehrentscheidung auf einen früher ergangenen Bescheid zu verweisen.
Entscheidungsdatum: 07.07.2021
Aufbereitet am: 01.06.2022
2508
Gefährdung durch Menschenhandel in Georgien begründet keine konventionsrelevante Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe
Leitsätze
I. Damit der Auffang-Verfolgungstatbestand der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe (Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK) verwirklicht ist, muss man einer klar abgrenzbaren Gruppe mit einer – verglichen mit der Mehrheitsgesellschaft – andersartigen Identität angehören. II. Die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe (I.) ist bei Frauen, die im Herkunftsstaat Opfer von Menschenhandel (Zwangsprostitution) waren und im Falle der Rückkehr dorthin auf Grund einer spezifischen Vulnerabilität neuerlich werden könnten, nicht gegeben. Ihnen ist sohin kein Asylstatus zuzuerkennen (§ 3 Abs 1 AsylG). III. Frauen, die im Herkunftsstaat landesweit der Gefährdung ausgesetzt sind, nach ihrer Rückkehr (neuerlich) Opfer von Menschenhandel (Zwangsprostitution) zu werden, ist aber – auf Grund der Art 3 EMRK-Relevanz dieses Szenarios – der Status der subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs 1 Z 1 AsylG) zuzuerkennen.
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Entscheidungsdatum: 02.09.2021
Aufbereitet am: 31.05.2022
2507
Vorschnelle Annahme von res iudicata durch das BFA (Folgeantragstellung)
Leitsätze
I. Damit ein Folgeantrag (§ 2 Abs 1 Z 23 AsylG) inhaltlich behandelt werden kann und nicht wegen entschiedener Sache (§ 68 Abs 1 AVG) zurückzuweisen ist, muss ein neuer Sachverhalt mit glaubhaftem Kern vorgebracht werden. II. Behauptet ein Folgeantragsteller basierend auf dem im Erstverfahren vorgebrachten und damals als unglaubwürdig festgestellten Verfolgungsgrund seither ausgesprochene Bedrohungen gegen Leib und Leben und untermauert er diese mit neuen Beweismitteln, so muss das BFA den Antrag – außer bei a priori fehlender Glaubwürdigkeit – inhaltlich prüfen. Eine Zurückweisung wegen res iudicata ist der Behörde sohin verwehrt.
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Entscheidungsdatum: 02.09.2021
Aufbereitet am: 30.05.2022
2506
Beschränkung der für Deutschzertifikate anerkannten Institute ist gesetzeskonform
Leitsätze
I. Mit der Verordnungsermächtigung in § 21a Abs 1 iVm Abs 6 und 7 NAG ist beabsichtigt, einheitlich hohe und für die Behörde nachvollziehbare Standards zu garantieren. II. Wenn die verordnungserlassende Behörde in § 9b Abs 2 NAG-DV bestimmte Institute mit hohen Qualitätsstandards und Fälschungssicherheit auswählt, um Umgehungs- und Missbrauchshandlungen hintanzuhalten, hat sie ihren Gestaltungsspielraum im Rahmen der durch die gesetzliche Grundlage vorgegebenen Determinierung des Verordnungsinhaltes nicht überschritten. Es liegt also in diesem Gestaltungsspielraum, wenn die verordnungserlassende Behörde nur auf bestimmte, aus ihrer Sicht allgemein anerkannte Sprachzertifikate abstellt. III. Den Erläuterungen zur Verordnungsermächtigung zufolge sind Diplome und Zeugnisse nicht jedes beliebigen (ausländischen) Institutes anzuerkennen, dessen Seriosität die Behörde nicht – oder zumindest nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand – beurteilen kann. Es gilt daher jene Einrichtungen explizit zu bestimmen, von denen die Einhaltung der geforderten Standards im Allgemeinen erwartet werden kann. Sohin bestehen hinsichtlich der konkreten Auswahl der Sprachinstitute keine Bedenken. IV. Zwar ist zutreffend, dass nicht jedes Land über ein Prüfungszentrum der aufgezählten Institute verfügt, jedoch sind weltweit ausreichend Institute mit Prüfungszentren verfügbar, um von einer zumutbaren Erreichbarkeit ausgehen zu können. Die Tatsache, dass man für eine Prüfung allenfalls in ein anderes Land reisen muss, vermag daran – auch vor dem Hintergrund der Vorbereitungsmöglichkeiten, die im Internet zur Verfügung stehen – nichts zu ändern.
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Entscheidungsdatum: 06.12.2021
Aufbereitet am: 27.05.2022
2505
Keine Fortsetzung der Schubhaft trotz evidentem Sicherungsbedarf bei behördlich bedingter Verzögerung der Abschiebung
Leitsätze
Zur Ermittlung der Schubhafthöchstdauer sind alle wegen desselben Sachverhalts verhängte Schubhaften zusammenzurechnen.
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Entscheidungsdatum: 22.10.2021
Aufbereitet am: 25.05.2022
2504
Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung zwecks Wahrung des Kindeswohls
Leitsätze
I. Das Wohl des Kindes ist in allen das minderjährige Kind betreffenden Angelegenheiten als leitender Gesichtspunkt zu berücksichtigen und bestmöglich zu gewährleisten. II. Vor Erlass einer Rückkehrentscheidung ist das Wohl der davon betroffenen Kinder gebührend zu berücksichtigen. III. Die Trennung von Kleinkindern von Mutter oder Vater, mit denen sie sonst in Lebensgemeinschaft leben, stellt in jedem Fall eine maßgebliche Beeinträchtigung des Kindeswohls dar.
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Entscheidungsdatum: 24.10.2021
Aufbereitet am: 24.05.2022
2503
Notwendige Gefährdungsprognose bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots bei Vorliegen einer Aufenthaltsehe
Leitsätze
I. Vom Vorliegen einer Aufenthaltsehe ist dann auszugehen, wenn sich ein Fremder für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels auf eine von ihm geschlossene Ehe beruft, er in diesem Zeitpunkt jedoch kein gemeinsames Familienleben mit seinem Ehegatten iSd Art 8 EMRK führt. II. Ein formelles Band der Ehe reicht nicht aus, um aufenthaltsrechtliche Wirkungen zugunsten eines Drittstaatsangehörigen abzuleiten. III. Die fremdenpolizeiliche Feststellung, eine Ehe sei nur zum Schein geschlossen worden, setzt nicht voraus, dass die Ehe für nichtig erklärt wurde.
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Entscheidungsdatum: 24.09.2021
Aufbereitet am: 23.05.2022
2502
§ 41a Abs 7 Z 2 NAG meint Niederlassungsbewilligung iSd § 8 Abs 1 Z 4 NAG
Leitsätze
I. Bei der "Niederlassungsbewilligung - Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit" handelt es sich im Hinblick sowohl auf ihre Bezeichnung als auch ihren Berechtigungsumfang um einen von einer "Niederlassungsbewilligung" zu unterscheidenden Aufenthaltstitel (vgl § 8 Abs 1 Z 4 und 10 NAG). II. § 41a Abs 7 NAG ermöglicht den Umstieg von einer "Niederlassungsbewilligung" auf einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus", mit dem gemäß § 8 Abs 1 Z 2 NAG eine Berechtigung zur Ausübung sowohl einer selbstständigen als auch einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit verbunden ist. Dass ein derartiger Umstieg auch für Inhaber einer "Niederlassungsbewilligung - Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit" ermöglicht werden sollte, lässt sich dem Wortlaut des § 41a Abs 7 Z 2 NAG, in dem ausschließlich die "Niederlassungsbewilligung" (unter Anführungszeichen) genannt ist, nicht entnehmen. III. Auch aus der Systematik des NAG ergibt sich, dass mit der in § 41a Abs 7 Z 2 NAG einzig angeführten "Niederlassungsbewilligung" lediglich eine solche nach § 8 Abs 1 Z 4 NAG gemeint ist. IV. Der VwGH hat iZm einem auf Art 6 Abs 1 dritter Spiegelstrich ARB 1/80 gestützten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" festgehalten, dass das NAG keine spezifischen Aufenthaltstitel für türkische Staatsangehörige, die Rechte aus Art 6 ARB 1/80 ableiten, vorsieht, sondern dass diese Rechte unmittelbar aufgrund des ARB 1/80 zustehen. Ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" resultiert aus Art 6 ARB 1/80 hingegen nicht.
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Entscheidungsdatum: 19.10.2021
Aufbereitet am: 20.05.2022
2501
Keine pauschale Vermutung von Sicherungsbedarf bei Asylwerbern im Dublin-Verfahren mit mangelnden finanziellen Mitteln
Leitsätze
Das Vorliegen von Mittellosigkeit und mangelnder sozialer Integration in Bezug auf Asylwerber, die Anspruch auf Grundversorgung haben, sind allein noch keine tragfähigen Argumente für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs.
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Entscheidungsdatum: 24.09.2021
Aufbereitet am: 19.05.2022
2500
Zur Verschuldensqualifikation bei Fristsäumnis
Leitsätze
I. Die Bestimmung des § 24 Abs 2 NAG ist dem § 71 Abs 1 Z 1 AVG nachgebildet und soll der Sache nach eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Fall der Versäumung der materiell-rechtlichen Frist des § 24 Abs 1 NAG ermöglichen. Die Judikatur zu § 71 Abs 1 Z 1 AVG kann daher auch für die Auslegung des § 24 Abs 2 NAG herangezogen werden. II. Ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis kann auch in einem inneren, psychischen Geschehen, demnach auch in einem Vergessen oder Versehen liegen. III. Bei der Beurteilung, ob eine auffallende Sorglosigkeit vorliegt, ist ein fallbezogener Maßstab anzulegen, wobei es insb auf die Rechtskundigkeit und die Erfahrung im Umgang mit Behörden ankommt. IV. Die Qualifikation des Verschuldensgrades iSd § 71 Abs 1 Z 1 AVG unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des LVwG. V. Eine Erkrankung stellt nur dann einen Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dar, wenn die Dispositionsfähigkeit der Partei aufgrund der Krankheit beeinträchtigt ist. Die Partei muss durch die Erkrankung so weit gehindert sein, dass ihr das Unterlassen jener Schritte, die für die Wahrung der Frist erforderlich gewesen wären, nicht als ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden vorgeworfen werden kann. Sie muss durch die Erkrankung auch daran gehindert gewesen sein, die Versäumung der Frist durch andere geeignete Dispositionen abzuwenden.
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Entscheidungsdatum: 29.10.2021
Aufbereitet am: 18.05.2022
2499
Ohne Parteiengehör kein Neuerungsverbot
Leitsätze
I. Rein datenbankmäßige Abfragen (ua Versicherungsdatenauszug) sind schon per se nicht geeignet, eine umfassende und abschließende Beurteilung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Fremden und dessen eingetragenen Partners zu erlauben. II. Indem das LVwG seine Erwägungen iZm den für den Fremden und dessen eingetragenen Partner verfügbaren Existenzmitteln auf Ermittlungsergebnisse stützt, zu denen es dem Fremden kein Parteiengehör eingeräumt hat, verletzt es tragende Grundsätze des Verfahrensrechts. III. Das Neuerungsverbot vor dem VwGH gilt nur im Fall des ordnungsgemäß gewährten Parteiengehörs.
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Entscheidungsdatum: 19.10.2021
Aufbereitet am: 17.05.2022
2498
Bei prozessunfähigen/minderjährigen Asylwerbern keine Verpflichtung zur Einvernahme der gesetzlichen Vertreter
Leitsätze
Nach den Erläuterungen zur Stammfassung des § 19 AsylG 2005 kann eine Einvernahme unterbleiben, wenn durch die Einvernahme kein Beitrag zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erwartet werden kann.
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Entscheidungsdatum: 17.11.2021
Aufbereitet am: 16.05.2022
2497
Ausreichende Gesundheitsversorgung macht Abschiebung nach Indien zulässig
Leitsätze
I. Zwar bestehen in Indien auf Grund der COVID-19-Pandemie schwierige Lebensumstände, damit ist aber die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit einer Verletzung des Art 3 EMRK nicht dargetan. II. Gegenständlich kann nicht angenommen werden, dass der arbeitsfähige Beschwerdeführer mit schulischer Bildung, der bereits in seinem Herkunftsstaat gearbeitet hat und dort über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt, nach einer Rückkehr in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (etwa Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre. III. Da der Beschwerdeführer auch vor seiner Flucht bei seiner Familie leben konnte, ist davon auszugehen, dass dies auch nach seiner Rückkehr möglich ist. IV. Der Beschwerdeführer leidet zwar an einer leichten Darmerkrankung, gehört aber auch aufgrund dieser nicht zu den von COVID-19 besonders gefährdeten Personen.
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Entscheidungsdatum: 29.10.2021
Aufbereitet am: 13.05.2022
2496
Volatile Sicherheitslage im Herkunftsstaat und Rechtmäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft bestimmt der VfGH
Leitsätze
Das BVwG hat die Anhaltung in Schubhaft ab dem Zeitpunkt für rechtswidrig zu erklären, für den der VfGH eine volatile Sicherheitslage im Zielstaat festsetzt, wodurch von der Unmöglichkeit der Abschiebung auszugehen ist. Dies auch dann, wenn innerstaatliche Fluchtalternativen bestehen.
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Entscheidungsdatum: 29.10.2021
Aufbereitet am: 12.05.2022
2495
Subsidiärer Schutz aufgrund fehlender innerstaatlicher Schutzalternativen in Großstädten Afghanistans
Leitsätze
I. Der Status des Asylberechtigten ist gemäß § 3 Abs 1 AsylG zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist nicht der Fall, wenn der Beschwerdeführer die Gefahr asylrelevanter Verfolgung aus Gründen der Blutrache nicht glaubhaft macht und ferner nicht glaubhaft macht, dass er eine gefestigte vom Islam abgekehrte atheistische innere Überzeugung hätte und diese leben und nach außen tragen würde. II. Auch wenn der Beschwerdeführer schon aufgrund seines langjährigen Auslandsaufenthaltes Gefahr laufen würde, in Afghanistan als "verwestlicht“ und „unislamisch“ angesehen zu werden, ist daraus nicht abzuleiten, dass nun sämtliche Rückkehrer aus dem Westen einer systematischen Gruppenverfolgung ausgesetzt wären. Die bloß entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt für den Asylstatus nicht. III. Der subsidiäre Schutz war zuzuerkennen, da aktuell davon auszugehen ist, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückführung nach Afghanistan eine Verletzung seiner durch Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention geschützten Rechte drohen würde. IV. Da auch das Bestehen einer innerstaatlichen Schutzalternative in Großstädten Afghanistans aufgrund der aktuellen Entwicklungen der Sicherheitslage in Afghanistan nicht mehr angenommen werden kann, war der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuzuerkennen.
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Entscheidungsdatum: 30.09.2021
Aufbereitet am: 11.05.2022
2494
Begünstigter Drittstaatsangehöriger: Ohne Feststellung iSd § 54 Abs 7 NAG als aufenthaltsbeendende Maßnahme nur Ausweisung möglich
Leitsätze
I. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 66 Abs 1 FPG und des § 55 Abs 3 NAG erfassen diese Bestimmungen nicht nur den Fall, dass einem betroffenen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht mehr zukommt, sondern ausdrücklich auch den Fall, dass dieses Recht (von vornherein) nicht zukommt bzw besteht, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Maßgeblich ist im vorliegenden Zusammenhang somit nur, dass sich der Mitbeteiligte in Österreich unter potenzieller Inanspruchnahme eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes aufgrund der substanziierten Behauptung, begünstigter Drittstaatsangehöriger zu sein, aufhält. II. Nach der VwGH-Rsp ist ein Drittstaatsangehöriger selbst dann, wenn er eine Aufenthaltsehe eingegangen ist, als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG zu behandeln und demzufolge gegen ihn eine Ausweisung (und keine Rückkehrentscheidung) zu erlassen - jedenfalls, solange keine rechtskräftige Feststellung iSd § 54 Abs 7 NAG vorliegt. III. Lediglich im Fall einer Feststellung gemäß § 54 Abs 7 NAG hat keine Ausweisung nach § 66 FPG zu ergehen, sondern die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG zu erfolgen. In allen anderen Fällen soll es bei der in § 55 Abs 3 NAG iVm § 66 Abs 1 FPG grundgelegten Vorgangsweise bleiben. IV. Gibt es keine bindende feststellende Entscheidung darüber, dass der sich auf ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht berufende Drittstaatsangehörige nicht in dessen Anwendungsbereich fällt, die eben nur für die Fälle des § 54 Abs 7 NAG vorgesehen ist, so ist das von ihm geltend gemachte Vorliegen der Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht (hier: § 52 Abs 1 Z 3 NAG) vom gemäß § 55 Abs 3 NAG von der Niederlassungsbehörde befassten BFA als Vorfrage im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung zu prüfen. V. Die Ausweisung eines Drittstaatsangehörigen setzt nicht voraus, dass ihm bereits eine Aufenthaltskarte ausgestellt wurde.
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Entscheidungsdatum: 07.10.2021
Aufbereitet am: 10.05.2022
2493
Antragsänderung im Beschwerdeverfahren: Unselbstständiger statt selbstständiger Künstler überschreitet "Sache"
Leitsätze
I. § 66 Abs 4 AVG zieht Antragsänderungen engere Grenzen als der bloß auf das Wesen der Sache abstellende § 13 Abs 8 AVG. In diesem Sinne ist die Entscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte im Beschwerdeverfahren auf die "Sache" des erstinstanzlichen Verfahrens, die den Inhalt des bescheidmäßigen Spruches der belangten Behörde gebildet hat, beschränkt. II. Die "Sache" des behördlichen Verfahrens wird, weil sie durch die jeweils zur Anwendung kommende Verwaltungsvorschrift bestimmt wird, jedenfalls durch Antragsänderungen verlassen, welche die Anwendbarkeit einer anderen Norm zur Folge haben. III. Zwar kennt das NAG nur den in § 8 Abs 1 Z 9 genannten einheitlichen Aufenthaltstitel "Niederlassungsbewilligung - Künstler", allerdings ergibt sich aus dieser Bestimmung, dass eine "Niederlassungsbewilligung - Künstler" nur entweder zu einer unselbstständigen oder zu einer selbstständigen Erwerbstätigkeit berechtigt. Es handelt sich bei der Entscheidung, ob ein solcher Aufenthaltstitel für eine unselbstständige oder eine selbstständige Tätigkeit erteilt werden soll, auch nicht um eine von der Behörde bzw vom LVwG - losgelöst vom Antragsinhalt - vorzunehmende rechtliche Würdigung eines pauschal auf die Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gerichteten Antrages. Dass die besonderen Erteilungsvoraussetzungen sowohl für die selbstständige als auch für die unselbstständige künstlerische Tätigkeit gleichermaßen in § 43a NAG geregelt sind, führt zu keinem anderen Ergebnis, weil die beiden Fälle angesichts der in den Z 1 und 2 des § 43a Abs 1 NAG enthaltenen Vorgaben (zumindest partiell) unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen unterliegen. Eine dahingehende Antragsänderung vor dem LVwG liegt nicht mehr innerhalb der "Sache" des Beschwerdeverfahrens.
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Entscheidungsdatum: 09.09.2021
Aufbereitet am: 09.05.2022