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441
Subsidiärer Schutz aufgrund des Vorliegens einer allgemein prekären Situation im Herkunftsstaat
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Wird eine Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat nicht glaubhaft nachgewiesen, so ist der Asylantrag abzuweisen, aber dennoch subsidiärer Schutz zu gewähren, wenn aufgrund einer allgemein prekären Lage im Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 2 oder 3 EMRK bzw des 6. und 13. Zusatzprotokolls zur EMRK droht. II. Nicht jede prekäre allgemeine Sicherheitslage ruft ein reales Risiko iSd Art 3 EMRK hervor, vielmehr ist zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art 3 EMRK detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen. Derartige Umstände können als gegeben erachtet werden, wenn die betroffene Person im Herkunftsstaat etwa keine Lebensgrundlage vorfindet und damit – bezogen auf den Einzelfall – die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. III. Da die rechtlichen Wirkungen eines Erkenntnisses (des Einzelrichters) erst mit dessen Zustellung eintreten, gilt die auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung (hier: subsidiäre Schutzberechtigung gemäß § 8 Abs 1 iVm Abs 4 AsylG) ein Jahr ab Zustellung des Erkenntnisses des BVwG an die betroffene Person.
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442
Keine Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden (§ 35 AsylG) innerhalb des Unionsgebietes
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden iSd § 35 AsylG können ausschließlich bei österreichischen Vertretungsbehörden in Drittstaaten gestellt werden, nicht hingegen bei jenen in EU-Mitgliedstaaten. II. Ist ein schutzsuchender Drittstaatsangehöriger in das Unionsgebiet eingereist, ist für ihn das System der Dublin III-VO (604/2013) einschlägig, § 35 Abs 1 AsylG mit seinem weiten Wortlaut weicht dem Anwendungsvorrang der VO. III. Sollte entgegen der Rechtsmeinung des BVwG (oben I. und II.) ein Verfahren iSd § 35 AsylG auch bei österreichischen Vertretungsbehörden in der EU angestrengt werden können, wären dafür alle im Unionsgebiet eingerichteten Vertretungsbehörden außer dem Generalkonsulat München sowie den Botschaften in Pressburg und Laibach gemäß der Konsularverordnung (BGBl II 327/2019) unzuständig. IV. Zu den vorstehenden Rechtsfragen (I. bis III.) fehlt einschlägige Rsp des VwGH. Da es sich hierbei um Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG handelt, war die Revision zuzulassen (§ 25a Abs 1 VwGG).
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Zur Verschuldensqualifikation bei Fristsäumnis
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Die Bestimmung des § 24 Abs 2 NAG ist dem § 71 Abs 1 Z 1 AVG nachgebildet und soll der Sache nach eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Fall der Versäumung der materiell-rechtlichen Frist des § 24 Abs 1 NAG ermöglichen. Die Judikatur zu § 71 Abs 1 Z 1 AVG kann daher auch für die Auslegung des § 24 Abs 2 NAG herangezogen werden. II. Ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis kann auch in einem inneren, psychischen Geschehen, demnach auch in einem Vergessen oder Versehen liegen. III. Bei der Beurteilung, ob eine auffallende Sorglosigkeit vorliegt, ist ein fallbezogener Maßstab anzulegen, wobei es insb auf die Rechtskundigkeit und die Erfahrung im Umgang mit Behörden ankommt. IV. Die Qualifikation des Verschuldensgrades iSd § 71 Abs 1 Z 1 AVG unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des LVwG. V. Eine Erkrankung stellt nur dann einen Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dar, wenn die Dispositionsfähigkeit der Partei aufgrund der Krankheit beeinträchtigt ist. Die Partei muss durch die Erkrankung so weit gehindert sein, dass ihr das Unterlassen jener Schritte, die für die Wahrung der Frist erforderlich gewesen wären, nicht als ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden vorgeworfen werden kann. Sie muss durch die Erkrankung auch daran gehindert gewesen sein, die Versäumung der Frist durch andere geeignete Dispositionen abzuwenden.
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Ausreichende Gesundheitsversorgung macht Abschiebung nach Indien zulässig
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Zwar bestehen in Indien auf Grund der COVID-19-Pandemie schwierige Lebensumstände, damit ist aber die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit einer Verletzung des Art 3 EMRK nicht dargetan. II. Gegenständlich kann nicht angenommen werden, dass der arbeitsfähige Beschwerdeführer mit schulischer Bildung, der bereits in seinem Herkunftsstaat gearbeitet hat und dort über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt, nach einer Rückkehr in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (etwa Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre. III. Da der Beschwerdeführer auch vor seiner Flucht bei seiner Familie leben konnte, ist davon auszugehen, dass dies auch nach seiner Rückkehr möglich ist. IV. Der Beschwerdeführer leidet zwar an einer leichten Darmerkrankung, gehört aber auch aufgrund dieser nicht zu den von COVID-19 besonders gefährdeten Personen.
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Volatile Sicherheitslage im Herkunftsstaat und Rechtmäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft bestimmt der VfGH
LEITSATZ DES GERICHTS: Das BVwG hat die Anhaltung in Schubhaft ab dem Zeitpunkt für rechtswidrig zu erklären, für den der VfGH eine volatile Sicherheitslage im Zielstaat festsetzt, wodurch von der Unmöglichkeit der Abschiebung auszugehen ist. Dies auch dann, wenn innerstaatliche Fluchtalternativen bestehen.
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