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Ausweisung eines an paranoider Schizophrenie leidenden Türken wegen Begehung einer Straftat ohne Berücksichtigung des mittlerweile eingetretenen Behandlungserfolgs
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Art 3 EMRK steht der Ausweisung einer schwer kranken Person nur entgegen, wenn "sehr außergewöhnliche Umstände" bestehen. Dies ist nur dann der Fall, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme aufgezeigt wurden, dass die betroffene Person, obwohl sie nicht in unmittelbarer Lebensgefahr ist, mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Empfangsstaat oder dem fehlenden Zugang zu solcher Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu werden, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt. II. Die innerstaatlichen Behörden werden durch Art 3 EMRK dazu verpflichtet, angemessene Verfahren einzurichten, die eine Prüfung der Befürchtungen einer ausgewiesenen Person sowie eine Einschätzung der Risiken, die sie im Fall der Abschiebung in ihrem Empfangsstaat erwarten, erlauben. III. Diese Standards gelten gleichermaßen im Hinblick auf alle schwer kranken Personen, ungeachtet dessen, ob sie an einer physischen oder einer psychischen Erkrankung leiden. IV. Die Ausweisung des an paranoider Schizophrenie leidenden Beschwerdeführers verstößt im vorliegenden Fall nicht gegen Art 3 EMRK, weil in der Türkei eine Behandlung verfügbar ist und selbst deren Abbruch nicht zu einer schweren und unwiederbringlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands im oben beschriebenen Sinn (siehe I.) führen würde. V. Wird die Ausweisung eines psychisch kranken Straftäters beträchtliche Zeit nach der Tatbegehung überprüft, so muss dabei eine neuerliche Interessenabwägung im Hinblick auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens vorgenommen werden. Dabei ist insb zu berücksichtigen, wie sich die mittlerweile erfolgte Behandlung ausgewirkt hat und ob trotz der dadurch erzielten Fortschritte weiterhin von einer Gefahr der Begehung weiterer Straftaten ausgegangen werden muss.
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Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung während eines laufenden Verfahrens zur Verlängerung eines Aufenthaltstitels
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Da gemäß § 24 NAG nach der rechtzeitigen Stellung eines Verlängerungsantrags die antragstellende Person – unbeschadet der Bestimmungen nach dem FPG – bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag stets weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist, ist eine auf § 52 Abs 1 Z 1 FPG gestützte Rückkehrentscheidung bis zur Entscheidung über den Antrag rechtswidrig. II. Aufgrund des § 25 NAG kommt dem BFA lediglich die Kompetenz zu, eine entsprechende Stellungnahme abzugeben. Wird das BFA gemäß § 25 NAG um Abgabe einer Stellungnahme ersucht, so begründet dies keine Kompetenz zur Fällung einer Rückkehrentscheidung in dieser Sache. III. Wird das BFA nach § 25 NAG in ein laufendes Verfahren der Niederlassungsbehörde betreffend die Verlängerung eines Aufenthaltstitels eingebunden, so kann dieses vor Abschluss des Verfahrens keine Rückkehrentscheidung erlassen.
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Beschränkung der für Deutschzertifikate anerkannten Institute ist gesetzeskonform
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Mit der Verordnungsermächtigung in § 21a Abs 1 iVm Abs 6 und 7 NAG ist beabsichtigt, einheitlich hohe und für die Behörde nachvollziehbare Standards zu garantieren. II. Wenn die verordnungserlassende Behörde in § 9b Abs 2 NAG-DV bestimmte Institute mit hohen Qualitätsstandards und Fälschungssicherheit auswählt, um Umgehungs- und Missbrauchshandlungen hintanzuhalten, hat sie ihren Gestaltungsspielraum im Rahmen der durch die gesetzliche Grundlage vorgegebenen Determinierung des Verordnungsinhaltes nicht überschritten. Es liegt also in diesem Gestaltungsspielraum, wenn die verordnungserlassende Behörde nur auf bestimmte, aus ihrer Sicht allgemein anerkannte Sprachzertifikate abstellt. III. Den Erläuterungen zur Verordnungsermächtigung zufolge sind Diplome und Zeugnisse nicht jedes beliebigen (ausländischen) Institutes anzuerkennen, dessen Seriosität die Behörde nicht – oder zumindest nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand – beurteilen kann. Es gilt daher jene Einrichtungen explizit zu bestimmen, von denen die Einhaltung der geforderten Standards im Allgemeinen erwartet werden kann. Sohin bestehen hinsichtlich der konkreten Auswahl der Sprachinstitute keine Bedenken. IV. Zwar ist zutreffend, dass nicht jedes Land über ein Prüfungszentrum der aufgezählten Institute verfügt, jedoch sind weltweit ausreichend Institute mit Prüfungszentren verfügbar, um von einer zumutbaren Erreichbarkeit ausgehen zu können. Die Tatsache, dass man für eine Prüfung allenfalls in ein anderes Land reisen muss, vermag daran – auch vor dem Hintergrund der Vorbereitungsmöglichkeiten, die im Internet zur Verfügung stehen – nichts zu ändern.
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Kein zwingender Selbsteintritt des Aufnahmestaats aufgrund behaupteter Grundrechtsverletzungen im zuständigen Dublin-Staat
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Eine Ausübung des Selbsteintrittsrechts durch den Aufenthaltsstaat ist nicht grundsätzlich bei Vorliegen von Grundrechtsverletzungen im zuständigen Dublin-Staat geboten, sondern erst bei systemischen Mängeln im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylwerber des betreffenden zuständigen Staats. II. Im Zuge der Feststellung des zuständigen Dublin-Staats kommt Asylwerbern kein Recht zu, selbst einen Mitgliedstaat auszuwählen. Sollte es in der Vergangenheit zu einer schlechten Behandlung eines Asylwerbers durch einzelne behördliche Organe des zuständigen Staats gekommen sein, so kann aus diesem singulären Fehlverhalten nicht generell auf vorliegende Mängel im Asylverfahren und hinsichtlich der Aufnahmebedingungen für Asylwerber im betreffenden Staat geschlossen werden.
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Visum D und Absicht zur Wiederausreise
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der gesicherten "Wiederausreise des Fremden" (§ 21 Abs 1 Z 3 FPG) iZm Erteilungen von nationalen Visa D ist zu bemerken, dass in Ermangelung gegenteiliger Indizien von der Ausreise des betroffenen Fremden aus dem Bundesgebiet bis zum Ablauf dieses Einreisetitels auszugehen ist. II. Da § 21 Abs 1 Z 3 FPG als positive Erteilungsvoraussetzung statuiert ist, gehen verbleibende Zweifel an der Wiederausreiseabsicht zu Lasten des Fremden. III. Die Vertretungsbehörden haben das AVG nicht anzuwenden. Stattdessen gilt für sie in Visaangelegenheiten der Standard des § 11 FPG (freie Beweiswürdigung, Manuduktionspflicht, Parteiengehör, Pflicht zur Einräumung eines Stellungnahmerechts, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird).
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