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381
Gründe für die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Ist nach den aktuellen Länderfeststellungen zum betreffenden Staat (hier: Pakistan) in einigen Landesteilen vom Vorfinden einer gesicherten Existenzgrundlage auszugehen, so kann die Deckung der existenziellen Grundbedürfnisse angenommen werden. Die Zumutbarkeit ist auch gegeben, wenn sich die Beschaffung der Mittel zum Lebensunterhalt schwieriger gestaltet als in einer vergleichbaren Situation in Österreich. II. Bei einem mehr als zehn Jahre andauernden Aufenthalt im Bundesgebiet und dem Erreichen einer gewissen Integration ist zu prüfen, ob und warum öffentliche Interessen ein zwingendes Verlassen des Bundesgebiets durch die fremde Person rechtfertigen würden. Bei einem mehr als zehnjährigen inländischen Aufenthalt einer fremden Person ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen.
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382
Zur Unverhältnismäßigkeit eines Einreiseverbots trotz Rückkehrentscheidung
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Wird eine Rückkehrentscheidung getroffen, ist nicht zwingend auch ein Einreiseverbot zu erlassen. Deutet das Gesamtverhalten des Fremden darauf hin, dass von ihm keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht, so ist von der Verhängung eines Einreiseverbots Abstand zu nehmen. II. Der Erlassung eines Einreiseverbots hat – auch wenn bereits eine Rückkehrentscheidung getroffen wurde – eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose voranzugehen. Ein unrechtmäßiger Aufenthalt und die missbräuchliche Stellung eines Asylantrags alleine reichen jedenfalls nicht aus, um eine entsprechende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu begründen. III. Diskriminierung im Herkunftsstaat aufgrund einer Hauterkrankung kann das Fortkommen behindern und eine seelische Belastung darstellen. Sofern dadurch aber weder eine existenzbedrohende Notlage noch eine Verletzung der von Art 2 und 3 EMRK gewährten Rechte resultiert, genügt dies jedoch nicht für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten.
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383
Rechtsfragen zu ursprünglich durch das UNRWA geschützten Palästinenserflüchtlingen
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Der EuGH ist auch nach dem "Brexit" für Vorabentscheidungsersuchen britischer Gerichte iSd Art 267 AEUV zuständig, welche vor dem Ende des "Übergangszeitraums" gemäß Art 126 iVm 89 Austrittsübereinkommen, also dem 31.12.2020, bei ihm eingegangen sind. II. Da Großbritannien sich wie Irland nicht an Rechtsakten im Rahmen des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts beteiligen muss (Protokoll Nr 21 zu EUV und AEUV), war dieser Mitgliedstaat nie an die RL 2011/95/EU (Status-RL) gebunden. Wohl aber optierte Großbritannien für eine fortwährende Geltung der RL 2004/83/EG (Status-RL). III. Für die Beurteilung der Frage, ob ein Antragsteller keinen Schutz von UN-Organisationen wie dem UNRWA mehr genießt (insb dessen Einsatzgebiet gezwungenermaßen verlassen hat) und sohin als ipso facto-Flüchtling iSd Art 12 Abs 1 lit a Satz 2 RL 2004/83/EG bzw Art 1 Abschnitt D GFK anzuerkennen ist, ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Asylantrag abzustellen (nicht aber auf jenen des Verlassens des UNRWA-Einsatzgebiets). Es ist maW eine ex nunc-Prüfung vorzunehmen. IV. Dem Antragsteller obliegt es bei verständiger Auslegung des Art 4 Abs 1 RL 2004/83/EG, nachzuweisen, dass er das UNRWA-Einsatzgebiet gezwungenermaßen verlassen hat. Sollte dies gelingen, obliegt es in der Folge dem Mitgliedstaat, gegebenenfalls nachzuweisen, dass sich die Umstände im betreffenden Einsatzgebiet inzwischen geändert haben, sodass diese Person wieder den Schutz oder Beistand des UNRWA in Anspruch nehmen kann. V. Der Entfall von Schutz oder Beistand von UN-Organisationen iSd Art 1 Abschnitt D GFK bzw Art 12 Abs 1 lit a Satz 2 RL 2004/83/EG ist nach objektiven Kriterien zu prüfen. Auf einen entsprechenden Vorsatz der Organisation kommt es nicht an. VI. Art 12 Abs 1 lit a Satz 2 RL 2004/83/EG ebenso wie Art 1 Abschnitt D GFK rekurriert im Kern nur auf den Schutz durch UN-Organisationen wie das UNRWA selbst. Eine Unterstützung durch zivilgesellschaftliche Akteure im UNRWA-Einsatzgebiet kann folglich nur dann berücksichtigt werden, wenn die UN-Organisation mit den genannten Akteuren eine dauerhafte formelle Kooperation unterhält.
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384
Rückkehrpolitik: Wahl zwischen Ausweisung oder Geldbuße bei illegalem Aufenthalt?
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Im System des Vorabentscheidungsverfahrens (Art 267 AEUV) ist es nicht Sache des EuGH, nationales Recht zu interpretieren, vielmehr hat der Gerichtshof seiner Beurteilung jene Auslegung zugrunde zu legen, von der das vorlegende Gericht ausgeht. II. Gemäß Art 6 Abs 1 RL 2008/115/EG ist – vorbehaltlich der in Abs 2 bis 5 leg cit vorgesehenen Ausnahmen – gegen alle illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen. Diese ist mit einer angemessenen Frist zur freiwilligen Ausreise iSd Art 7 RL 2008/115/EG zu verbinden und nach deren Ablauf ist grundsätzlich abzuschieben (Art 8 Abs 1 RL 2008/115/EG). III. Verlängerungen der Frist zur freiwilligen Ausreise (die sich grundsätzlich zwischen sieben und 30 Tagen zu bewegen hat) sind nur aus berücksichtigungswürdigen Gründen iSd Art 7 Abs 2 RL 2008/115/EG zulässig, wobei insb eine vom Drittstaatsangehörigen angestrebte Legalisierung seines Aufenthalts aus solchen Gründen zur Fristverlängerung führen kann. Jede Fristverlängerung darf aber nur abgestimmt auf die Umstände des Einzelfalls erfolgen und das Regelungsziel einer effektiven Rückkehrpolitik (oben II.) nicht torpedieren.
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385
Abspruch zum Verlust des Aufenthaltsrechts in selbständigem Bescheid (contra legem § 13 Abs 4 AsylG)?
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Ein Asylwerber verliert sein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 Abs 2 Z 1 AsylG ex lege, sobald Rechtskraft einer strafgerichtlichen Verurteilung seiner Person iSd § 2 Abs 3 AsylG eingetreten ist. II. Zwar ist über den Verlust des Aufenthaltsrechts als Asylwerber nach dem klaren Wortlaut des § 13 Abs 4 AsylG grundsätzlich "im verfahrensabschließenden Bescheid" abzusprechen. Ist dieser Bescheid jedoch bereits ergangen, aber noch das Beschwerdeverfahren anhängig und verwirklicht der Asylwerber im Zeitraum zwischen "verfahrensabschließendem Bescheid" und Erkenntnis einen Verlusttatbestand, so hat das BFA den Ausspruch in einem selbständigen Bescheid zu tätigen. Diese mit dem Wortlaut des § 13 Abs 4 AsylG in einem Spannungsverhältnis stehende Auslegung ist dem Ziel der Vermeidung von Rechtsschutzlücken geschuldet. III. Die Frage, wie in den genannten Konstellationen (II.) zu verfahren ist, ist als Rechtfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Revision an den VwGH zugänglich (Art 133 Abs 4 B-VG).
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