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341
Zum Zeitpunkt der Entscheidung über einen Asylantrag und der Erlassung einer Rückkehrentscheidung
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Da die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vor der Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz unzulässig ist, muss ein anhängiges Rückkehrentscheidungsverfahren eingestellt und eine bereits vom BFA erlassene erstinstanzliche Rückkehrentscheidung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vom BVwG ersatzlos behoben werden. II. Möchte eine in Haft befindliche Person Asyl beantragen, so ist der Asylantrag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu stellen. Dazu muss eine Vorführung beantragt werden.
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342
Zu den Voraussetzungen des Selbsteintrittsrechts
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Sind die Aufnahmekapazitäten für Asylwerber in einem Mitgliedstaat knapp und kommt es etwa daher teilweise zu Problemen bei der lückenlosen materiellen Versorgung von Asylwerbern, so kann aufgrund dieser Umstände nicht auf das Vorliegen genereller systemischer Mängel geschlossen werden. II. Wird über eine fremde Person aufgrund der Covid-19-Pandemie eine mehrtägige Quarantäne, während dieser sie behördlich untergebracht und auch entsprechend versorgt wird, verhängt, so kann darin keine unmenschliche Behandlung erblickt werden. III. Überstellungen im Rahmen der Dublin-III-VO sind im Lichte des Art 4 GRC bzw Art 3 EMRK bloß im Falle einer "extremen materiellen Not", die bei der zu überstellenden Person unabhängig von deren Willen und persönlichen Entscheidungen einträte, unzulässig. Nur wenn im Aufnahmestaat objektive Kriterien (systemische oder allgemeine Mängel) vorliegen und dazu kumulativ die ernsthafte Gefahr besteht, dass die betroffene Person einer solchen Gefahr auch subjektiv ausgesetzt wird, liegen jene außergewöhnlichen Umstände vor, die eine Einschränkung der Grundsätze des gegenseitigen Vertrauens und der Anerkennung zwischen den Mitgliedstaaten rechtfertigen können. IV. Eine asylsuchende Person kann sich im Zuge der Feststellung des für das Asylverfahren zuständigen Dublinstaats nicht jenen Mitgliedstaat aussuchen, in welchem sie die bestmögliche Unterbringung und Versorgung erwarten kann. Es ist dabei irrelevant, dass bloß deshalb in einem anderen Mitgliedstaat kein Asylantrag gestellt wurde, weil von Anfang an der Wunsch bestand, nach Österreich zu kommen.
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343
Negative Zukunftsprognose als Ausschlussgrund für einen Durchsetzungsaufschub bei Unionsbürgern
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Zeigt die fremde Person etwa eine Ignoranz gegenüber Bestimmungen der österreichischen Rechtsordnung sowie eine fehlende Reue, die sich aus der mangelnden Einsicht in die in der Vergangenheit begangenen Delikte ableitet, so kann nicht ausgeschlossen werden, dass es durch die fremde Person auch zukünftig zu einschlägigen Rechtsverstößen kommt. Ein derartiges Verhalten führt unzweifelhaft zur Annahme, dass von der fremden Person eine tatsächliche und erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. II. Der Erteilung eines Durchsetzungsaufschubs iSd § 70 Abs 3 FPG steht beispielsweise die mangelnde Akzeptanz der österreichischen Rechtsordnung entgegen. Wurde für die betroffene Person aufgrund ihres Gesamtfehlverhaltens eine negative Zukunftsprognose erstellt, so ist zu befürchten, dass diese im Falle eines Verbleibs im Bundesgebiet erneut straffällig wird, weshalb eine sofortige Ausreise der Person im öffentlichen Interesse gelegen ist. III. Eine allfällige Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat durch das BVwG iSd § 18 Abs 5 BFA-VG von Amts wegen zu erfolgen; die fremde Person hat kein Antragsrecht diesbezüglich. Wird dennoch ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt, so ist dieser als unzulässig zurückzuweisen.
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344
Anwaltspflicht ist Anwalt's Pflicht
LEITSATZ DES GERICHTS: Der Anwaltspflicht nach § 24 Abs 2 VwGG wird nur dann entsprochen, wenn die Eingabe als eine durch den Rechtsanwalt verfasste eingebracht und nicht etwa bloß ein von der Partei selbst verfasster Schriftsatz mit Unterschrift und Stampiglie des Rechtsanwaltes vorgelegt wird.
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345
Zulässigkeit von Pushbacks an der "Balkanroute" nach Versäumnis der betroffenen Migrant*innen, sich legaler Einreisewege zu bedienen
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Es gilt eine Vermutung, dass ein Staat auf seinem gesamten Hoheitsgebiet die "Hoheitsgewalt" iSv Art 1 EMRK ausübt. Diese kann zwar durch außergewöhnliche Umstände widerlegt werden, doch ist nicht anzunehmen, dass im Sommer 2015 an der Grenze zwischen Nordmazedonien und Griechenland eine Situation herrschte, die Nordmazedonien daran gehindert hätte, seine Hoheitsgewalt in diesem Teil seines Staatsgebiets effektiv auszuüben. II. Das Zurückdrängen von Migranten durch Polizei und Soldaten über die Grenze stellt eine "Ausweisung" iSv Art 4 4. ZPEMRK dar. III. Das entscheidende Kriterium für die Beurteilung einer Ausweisung als "kollektiv" iSv Art 4 4. ZPEMRK ist das Fehlen "einer vernünftigen und sachlichen Prüfung des Einzelfalls jedes individuellen Mitglieds der Gruppe". Ausnahmen von dieser Regel werden in Fällen angenommen, in denen das Fehlen einer individuellen Ausweisungsentscheidung auf das eigene Verhalten des Beschwerdeführers zurückgeführt werden kann. Dies gilt etwa für Situationen, in denen das Verhalten von Personen, die eine Landgrenze unrechtmäßig überquerten und dabei bewusst ihre große Zahl ausnutzten und Gewalt anwendeten, eine eindeutig destabilisierende Situation schuf, die schwer zu kontrollieren war und die öffentliche Sicherheit gefährdete. IV. Wenn der belangte Staat einen tatsächlichen und wirksamen Zugang zu Wegen der legalen Einreise, insb im Wege von Grenzverfahren, zur Verfügung gestellt hat, ein Beschwerdeführer aber davon keinen Gebrauch gemacht hat, wird der EGMR im fraglichen Kontext und vorbehaltlich der Anwendung von Art 2 und Art 3 EMRK berücksichtigen, ob es zwingende Gründe dafür gab, dies nicht zu tun, die auf objektiven Tatsachen beruhten, für die der belangte Staat verantwortlich war. Wo solche Vorkehrungen bestehen und das Recht, um Schutz gemäß der Konvention und insb Art 3 zu ersuchen, in einer tatsächlichen und wirksamen Weise gewährleisten, hindert die Konvention die Staaten nicht daran, in Erfüllung ihrer Verpflichtung, die Grenzen zu kontrollieren, zu verlangen, dass Anträge auf derartigen Schutz an bestehenden Grenzübergängen gestellt werden. Folglich können sie Fremden, einschließlich potenziellen Asylwerbern, die es ohne zwingende Gründe verabsäumt haben, diesen Vorkehrungen zu entsprechen, indem sie – insb unter Ausnutzung ihrer großen Zahl – versuchten, die Grenze an einer anderen Stelle zu überqueren, die Einreise in ihr Hoheitsgebiet verwehren.
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