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291
Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde bzw Verwaltungsgerichte für Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft maßgeblich
LEITSATZ DES GERICHTS: Gemäß ständiger Rsp kommt es für die Asylgewährung auf die Flüchtlingseigenschaft zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Daher ist es für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass der Fremde bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde bzw ist zum anderen auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend. Entscheidend ist, ob er im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde bzw der Verwaltungsgerichte weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste.
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292
Unterbringung eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings in Aufnahmezentrum für Erwachsene nach ohne ausreichender Aufklärung durchgeführtem Altersbestimmungsverfahren
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Der EGMR betont die Wichtigkeit von Altersfeststellungsverfahren im Migrationskontext. Die Anwendbarkeit nationaler, europäischer und internationaler Bestimmungen über den Schutz der Kinderrechte beginnt in dem Moment, in dem die betroffene Person als Kind identifiziert wird. Daher ist die Bestimmung, ob eine Person minderjährig ist, der erste Schritt zur Anerkennung ihrer Rechte und zur Aktivierung aller notwendigen Vorkehrungen zur Betreuung. Wenn ein Minderjähriger fälschlicherweise für erwachsen gehalten wird, können schwerwiegende, seine Rechte verletzende Maßnahmen getroffen werden. II. Aus den Richtlinien der EU sowie den Resolutionen der Parlamentarischen Versammlung des Europarats ergibt sich eine klare Anerkennung der vorrangigen Bedeutung des Kindeswohls und des Grundsatzes der Vermutung der Minderjährigkeit in Bezug auf Kinder, die als unbegleitete Migrant*innen nach Europa kommen. Insb wird dem Bedarf eines Kindes Rechnung getragen, sofort einen Vertreter zur Seite gestellt zu bekommen und während des Asylverfahrens unterstützt zu werden. III. Erweist sich eine Bestimmung des Alters als erforderlich, so muss diese mit bestimmten Verfahrensgarantien einhergehen. Insb ist die betroffene Person über Methode und Folgen der Altersbestimmung aufzuklären und ihre Einwilligung einzuholen. IV. Das staatliche Interesse an der Vereitelung von Versuchen, Einwanderungsbestimmungen zu umgehen, darf ausländische Minderjährige, insb wenn sie unbegleitet sind, nicht des Schutzes berauben, den ihr Status verlangt. Der Schutz der Grundrechte und die mit der Einwanderungspolitik eines Staates verbundenen Einschränkungen müssen daher in einen Ausgleich gebracht werden. V. Die Aufnahmebedingungen für asylsuchende Kinder müssen an ihr Alter und an ihre besonderen Bedürfnisse angepasst sein. Eine gemeinsame Unterbringung von Minderjährigen und Erwachsenen ist mit Art 3 EMRK unvereinbar, sofern sie nicht ausnahmsweise durch das Kindeswohl geboten ist.
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Keine Notwendigkeit zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Dublin-Verfahren aufgrund der gegenwärtigen Aufnahmesituation in Polen
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Nach der Rsp der Höchstgerichte ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sofern die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben sollte, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären. II. Die Angst vor einer Abschiebung im Dublin-Staat kann nicht dazu führen, dass der für das Asylverfahren zuständige Dublin-Staat frei gewählt werden kann, in welchem eine günstigere Behandlung angenommen wird. Es ist vielmehr auf den Hauptzweck der Dublin III-VO zu verweisen und eine von den individuellen Wünschen losgelöste Zuständigkeitsregelung zu treffen.
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Kein Verfolgungsgrund der Wehrdienstverweigerung bzw Zwangsrekrutierung aufgrund Minderjährigkeit
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Die Gefahr einer wegen Wehrdienstverweigerung drohenden Bestrafung kann zur Asylgewährung führen, wenn das Verhalten des Betroffenen im Einzelfall auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht und den Sanktionen jede Verhältnismäßigkeit fehlt. II. Eine Verfolgungshandlung ist nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, soweit diesen Asylrelevanz zukommt.
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Unzureichende Untersuchung eines Zwischenfalls in der Ägäis, bei dem mehrere Migranten und Migrantinnen nach einem missglückten Abschleppversuch ertrunken waren
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Nach einem tödlichen Schiffsunglück, an dem ein Boot der Küstenwache beteiligt war, muss eine angemessene Untersuchung zur Klärung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit durchgeführt werden. Die Opfer bzw deren Angehörige müssen angemessen in das Verfahren eingebunden werden. Die Untersuchung muss sich auch darauf beziehen, ob der Einsatz angemessen vorbereitet und organisiert wurde. II. Es kann von staatlichen Organen nicht erwartet werden, dass ihnen in einer Gefahrensituation auf Hoher See in jedem Fall die Rettung bzw Bergung jeder Person gelingt. Die Küstenüberwachungsorgane trifft in diesem Kontext eine Verpflichtung, die entsprechenden Mittel bereitzustellen, nicht aber eine Verpflichtung zur Erzielung bestimmter Resultate. III. Bei Einsätzen der Küstenwache muss das übergeordnete Ziel darin bestehen, das Leben der in Seenot geratenen Personen zu retten. Die Planung und Durchführung von Einsätzen muss diesem Ziel gerecht werden. IV. Die Durchführung einer Leibesvisitation, bei der sich die betroffenen Personen in Gegenwart zahlreicher anderer Personen entkleiden müssen, stellt eine erniedrigende Behandlung dar.
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