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1001
Zurückweisung aufgrund mangelhafter Ermittlungen im somalischen Eherecht
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Das zur Beurteilung der Rechtsgültigkeit einer Eheschließung von Drittstaatsangehörigen im Ausland maßgebliche ausländische Recht stellt keine Rechtsfrage, sondern eine Tatfrage dar, welche in einem – grundsätzlich amtswegigen – Ermittlungsverfahren festzustellen ist. II. Mögliche Widersprüche, die sich aus den Einvernahmen mit der Bezugsperson und aus den Angaben der Antragsteller ergeben können, sind konkret bekannt zu geben, um einem Antragsteller eine entsprechende Stellungnahme dazu zu ermöglichen.
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1002
Zulässigkeit der Abschiebung eines in Frankreich wegen Vorbereitung einer terroristischen Straftat verurteilten Algeriers
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Die Situation in Algerien hinsichtlich des Umgangs mit Personen, die verdächtigt werden, Verbindungen zu terroristischen Gruppierungen zu unterhalten, hat sich seit 2015 wesentlich gebessert. Insb die Reform des Geheimdiensts und die Verfassungsänderung, die den Grundrechten einen höheren Stellenwert einräumt, hat das Risiko einer Misshandlung solcher Personen herabgesetzt. II. Die vorliegenden Berichte internationaler Organisationen und NGOs enthalten keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass jeder des Terrorismus verdächtigen Person im Fall ihrer Abschiebung in dieses Land ein reales Risiko einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung drohen würde. III. Die allgemeine Lage in Algerien steht daher einer Abschiebung von Personen, die wegen terroristischer Straftaten verurteilt wurden oder gesucht werden, nicht entgegen.
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1003
Prüfung der Rechtmäßigkeit der Schubhaft unter Missachtung ärztlicher Atteste
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Selbst wenn ein innerstaatliches Gericht feststellt, dass Entscheidungen über die Fortsetzung der Schubhaft mit Verfahrensmängeln behaftet sind, ändert dies nichts an der Opfereigenschaft der Beschwerdeführerin, wenn keine angemessene Entschädigung für die Konventionsverletzung geleistet wurde. II. Die Staaten müssen ihre Behörden so organisieren, dass jede ungerechtfertigte Freiheitsentziehung vermieden wird. Auch wenn gewisse Verzögerungen bei der Umsetzung einer Entscheidung über die Enthaftung einer Person unvermeidbar sein mögen, müssen diese auf ein Minimum reduziert werden. III. Mängel bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der fortgesetzten Schubhaft ziehen die Unrechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung nach sich.
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1004
§ 21a NAG und ARB 1/80: Deutsch vor Zuzug nicht für türkische ArbeitnehmerInnen
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Die Stillhalteklausel des Art 13 ARB 1/80 steht grundsätzlich der Anwendung von neuen Beschränkungen wie etwa eines neu eingeführten Erfordernisses des Nachweises von Deutschkenntnissen für die Ermöglichung des Familiennachzuges für Ehegatten von in Österreich lebenden türkischen Staatsangehörigen entgegen (vgl VwGH 24.3.2015, Ro 2014/09/0057, mit Hinweis auf EuGH 10.7.2014, Dogan, C-138/13). II. Das Erfordernis zum Nachweis von Sprachkenntnissen in Österreich wurde erstmals durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 - somit nach Inkrafttreten des ARB 1/80 mit Beitritt Österreichs zur Europäischen Union am 1.1.1995 - eingeführt und stellt somit eine neue Bestimmung dar. Dass eine neue Bestimmung (Nachweis einfacher Kenntnisse der Amtssprache vor Einreise in den Mitgliedstaat), die eine Familienzusammenführung erschwert, indem sie die Voraussetzungen für eine erstmalige Aufnahme der Ehegatten türkischer Staatsangehöriger im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats im Vergleich zu denjenigen verschärft, die galten, als das Zusatzprotokoll in Kraft trat, auch eine "neue Beschränkung" der Ausübung der Niederlassungsfreiheit durch diese türkischen Staatsangehörigen iSd Art 41 Abs 1 des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen (diesem kommt dieselbe Wirkung wie der Stillhalteklausel des Art 13 ARB 1/80 zu) darstellt, brachte der EuGH im Urteil vom 10.7.2014, C-138/13, Dogan, deutlich zum Ausdruck. III. Es trifft zwar zu, dass eine Beschränkung, mit der bezweckt oder bewirkt wird, die Ausübung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Inland durch einen türkischen Staatsangehörigen strengeren Voraussetzungen zu unterwerfen als denen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ARB 1/80 galten, nicht generell unzulässig ist. Zulässig ist eine solche "neue Beschränkung" aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit (Art 14 ARB 1/80), oder wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt sowie geeignet ist, die Verwirklichung des verfolgten legitimen Ziels zu gewährleisten, und nicht über das zu dessen Erreichung Erforderliche hinausgeht (vgl EuGH 7.8.2018, C-123/17, Yön). IV. Eine Verpflichtung zum Nachweis von Sprachkenntnissen für Unmündige (§ 21a Abs 4 Z 1 NAG) und für Drittstaatsangehörige, denen auf Grund ihres physischen oder psychischen Gesundheitszustandes die Erbringung des Nachweises nicht zugemutet werden kann, liegt nicht vor (§ 21a Abs 4 Z 2 NAG); darüber hinaus kann die Behörde auf begründeten Antrag eines Drittstaatsangehörigen von der Nachweisverpflichtung für unbegleitete Minderjährige (§ 21a Abs 5 Z 1 NAG) und gemäß § 21a Abs 5 Z 2 NAG dann absehen, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art 8 MRK (§ 11 Abs 3 NAG) erforderlich ist; ein solcher Antrag ist bis zur Erlassung eines Bescheides zulässig. Diese Ausnahmeregelung erlaubt jedoch kein Absehen vom Nachweis der Deutschkenntnisse, wenn deren Erwerb dem Drittstaatsangehörigen nicht aufgrund eines physischen oder psychischen Gesundheitszustandes, sondern aus anderen Gründen unmöglich oder unzumutbar ist, sofern diese Gründe nicht von Art 8 MRK umfasst sind. V. Die Behörde ist aufgrund der in § 21a NAG festgelegten Ausnahmen von der Verpflichtung zum Nachweis von Deutschkenntnissen nicht in der Lage, alle relevanten Umstände zu berücksichtigen, die es einem Drittstaatsangehörigen möglicherweise unmöglich oder unzumutbar machen, einen solchen Nachweis zu erbringen. Im Hinblick auf die Judikatur des EuGH zur Zulässigkeit neuer Beschränkungen ist daher davon auszugehen, dass § 21a NAG über das zur Erreichung des mit ihm verfolgten Ziels der Förderung der Integration türkischer Staatsangehöriger Erforderliche hinausgeht und somit eine unzulässige neue Beschränkung iSd Art 13 ARB 1/80 darstellt (vgl EuGH 7.8.2018, C- 123/17, Yön; 10.7.2014, C-138/13, Dogan).
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1005
§ 9 IntG und ARB 1/80: Integrationsvereinbarung auch von türkischen Staatsangehörigen zu erfüllen
LEITSATZ DES GERICHTS: I. Eine nationale Regelung fällt nur insoweit in den Anwendungsbereich der Stillhalteklausel des Art 13 ARB 1/80, als sie geeignet ist, die Erwerbstätigkeit im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaates durch türkische Arbeitnehmer zu beeinträchtigen (vgl Urteil EuGH 12.4.2016 in der Rs C- 561/14, Genc). Eine Beschränkung, mit der bezweckt oder bewirkt wird, die Ausübung der Arbeitnehmerfreizügigkeit im Inland durch einen türkischen Staatsangehörigen strengeren Voraussetzungen zu unterwerfen, ist verboten, sofern sie nicht zu den in Art 14 ARB 1/80 aufgeführten Beschränkungen gehört oder durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist oder geeignet ist, die Erreichung des angestrebten legitimen Zieles zu erreichen, und nicht über das zu dessen Erreichung Erforderliche hinausgeht (vgl Urteil EuGH 7.11.2013 in der Rs C-225/12, Demir). II. Der Fremden wurde ein Aufenthaltstitel mit freiem Arbeitsmarktzugang erteilt. Im vorliegenden Fall ist somit nicht ersichtlich, inwiefern die Fremde durch die Verpflichtung zur Erfüllung der Integrationsvereinbarung in ihrem Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt eingeschränkt wäre.
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