Aktueller Leitsatz der Redaktion
2967
Neuerlich zum Familienangehörigenbegriff
Leitsätze
I. Der Gesetzeswortlaut von § 2 Abs 1 Z 9 iVm § 47 Abs 2 bzw 3 NAG ist klar und eindeutig. Ein davon abweichender Wille des Gesetzgebers ist nicht erkennbar. Eine planwidrige Lücke, die die Möglichkeit einer analogen Anwendung verwandter Rechtsvorschriften eröffnen würde, liegt nicht vor. II. In bestimmten Konstellationen ist zur Erzielung eines dem Art 8 EMRK gemäßen Ergebnisses der Begriff des Familienangehörigen in § 47 Abs 2 NAG von der Legaldefinition des § 2 Abs 1 Z 9 NAG abzukoppeln und ist in einem solchen Fall auch der betreffende Angehörige als Familienangehöriger, dem ein Anspruch auf Familiennachzug zukommt, erfasst. Von einer solchen besonderen Konstellation kann jedoch nur ausnahmsweise bei Vorliegen ganz besonderer Umstände, wie vor allem bei Bestehen eines besonderen familiären Betreuungsbedarfs erheblich schutzbedürftiger (etwa kranker) Personen oder bei Bestehen besonders enger familiärer Beziehungen bzw Bindungen (vor allem von Kindern) zu im Aufnahmestaat verfestigt aufhältigen Bezugspersonen (vor allem Eltern) ausgegangen werden. III. Die freiwillige Unterstützung der Kindesmutter und die Unterhaltsleistung an das 2014 geborene gemeinsame Kind durch den Drittstaatsangehörigen, der im Übrigen über ein finnisches Daueraufenthaltsrecht verfügt und hauptsächlich in der Schweiz berufstätig ist, machen eine Aufenthaltstitelerteilung iSd Rsp des EuGH (und diesem folgend des VwGH) zu Art 20 AEUV nicht erforderlich. Die im Bundesgebiet in geordneten Verhältnissen lebende Kindesmutter ist die Hauptbezugsperson des gemeinsamen Kindes, ein derartiges Abhängigkeits- bzw Naheverhältnis zum drittstaatsangehörigen Vater, sodass bei Versagung des Aufenthaltstitels das Kind und die Mutter Österreich verlassen müssten oder zumindest eine erhebliche Beeinträchtigung des Kindeswohls zu erwarten wäre, besteht nicht.
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Aufbereitet am: 18.04.2024